Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Jahrtausend über wollte. Ich bin allerdings etwas überrascht, dass er dich in dieses Abenteuer hat hineinziehen können. Aber gut. Du hast noch eine Menge zu lernen, aber Gezeiten junge, du hast wirklich erstaunliche Kräfte. Und damit habe ich nun gar nicht gerechnet.«
»Angenommen, ich ändere meine Meinung? Angenommen, ich beschließe zu gehen?«
»Wo willst du denn hin?«
Als Declan nicht darauf antworten konnte, legte ihm Lukys lächelnd die Hand auf die Schulter. »Du bist zu Hause, Declan. So sehr du mich auch verabscheust, so sehr du auch denkst, dass jeder Unsterbliche, der je geatmet hat, das Fleisch gewordene Böse ist, du bist jetzt einer von uns.«
Declan schüttelte ihn ärgerlich ab. »Ich gehöre nicht hierher.«
»Du gehörst nirgendwo anders hin, Sohn. Und weißt du, was die Ironie ist? Je mehr du verabscheust, was du bist, desto mehr musst du hierbleiben.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weil ich der Einzige bin, der dir einen Ausweg bieten kann.«
Das war die schmerzliche Wahrheit. Wenn Lukys einen Unsterblichen umbringen konnte, und wenn es dazu eines halben Dutzends weiterer Unsterblicher bedurfte, dann hatte er keine andere Wahl, als hierzubleiben.
»Also dann, lass es uns tun. Töte Cayal. Töte mich.«
»Ach …«, sagte Lukys und setzte sich Declan gegenüber in den großen Lehnsessel. »Das würde ich ja gern, aber da gibt es noch ein klitzekleines Problem.«
»Was für ein Problem?«
»Bevor wir irgendjemanden umbringen können, mein ärgerlicher junger Freund, müssen wir erst noch den Kristall des Chaos finden.«
EPILOG
Der Kerkermeister spähte in die eisige dreieckige Zelle und nickte beifällig. Obwohl sie schon dreimal abgewaschen worden waren, drang immer noch schwacher Uringeruch aus den Wänden, doch da würde wohl nur der Abriss des gesamten Kerkers von Lebec Abhilfe schaffen. Abgesehen vom Gestank schien aber alles in Ordnung. Es gab frische Laken auf der Pritsche, einen sauberen Eimer in der Ecke und einen kleinen Hocker unter dem hohen vergitterten Fenster, das auf den Hof für Leibesübungen wies. Der Gefangene in der Nachbarzelle ignorierte die Vorbereitungen, die im übrigen Teil des Turmes für Unruhe sorgten, und reinigte seine Fingernägel mit einem losen Strohhalm aus seiner Matratze.
Es gab einen Holzkohlenrost im Wärterraum. Er milderte geringfügig die Kälte in seinem unmittelbaren Umkreis, trug jedoch wenig dazu bei, den Rest des Gelasses zu heizen. Der Kerkermeister dachte, es könnte umsichtig sein, noch eine weitere Decke in die Zellen zu schaffen.
Er wollte nicht seinen Kopf riskieren, weil er seine Häftlinge dem Tod durch Erfrieren preisgegeben hatte.
Es war schon eine Menge Aufwand für einen einzelnen Häftling, dachte der Kerkermeister. Allerdings hatte der Kerker von Lebec auch selten einen solch illustren Gast beherbergt – und gewiss noch nie einen mit solchen Verbindungen, beziehungsweise so mächtigen Feinden.
»Herr?«
Der Kerkermeister blickte über die Schulter auf die Felide, die ihn angesprochen hatte.
»Ja?«
»Sie sind hier, Herr. Sie kommen eben durchs Haupttor.«
Der Kerkermeister nickte, zog seinen Gehrock gerade und wandte sich zur Tür. Er folgte der Botin die Stufen des Westturms hinunter, durch das Hauptgebäude des Kerkers bis zum Vordereingang. Bei seinem Nahen öffnete ein weiterer Wärter die Tür. Der Kerkermeister trat hinaus und wartete auf der obersten Stufe der Eingangstreppe, während ein geschlossenes Fuhrwerk heranrollte, flankiert von einer ganzen Schwadron Feliden in der Livree des Fürsten von Lebec. Keine der Feliden schien sich an dem eisigen Niederschlag zu stören, der beharrlich vom dunkel bewölkten Himmel fiel.
Er wartete unter dem Schutz des Vordachs, bis das Fuhrwerk ruckelnd zum Stehen kam. Der bewaffnete menschliche Wächter, der mit dem Fahrer gekommen war, kletterte herunter, um die Kutsche zu öffnen. Er ließ das einklappbare Treppchen herab und trat einen Schritt zurück, als der einzige Fahrgast herauskam, an Händen und Füßen gefesselt. Als sich zeigte, dass der Häftling Schwierigkeiten hatte, mit den Fesseln auszusteigen, bot der Wärter eine hilfreiche Hand.
Die Frau schenkte ihm ein dünnes, dankbares Lächeln und blickte dann an der abschreckenden Fassade des Kerkers hoch, als wollte sie sich dafür wappnen, ihn zu betreten. Sie schien etwas hagerer geworden zu sein, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Aber schön war sie immer noch, und nach wie vor Achtung
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