Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
wenn ich sage, dass beide Familien förmlich sabbern vor Begeisterung über diese einmalige Gelegenheit, ihre Macht und ihren Reichtum zu vervielfachen.«
»Habt Ihr dieses Mädchen je zuvor gesehen?«
Cydne schüttelte den Kopf. »Nein. Aber das hat mich nie gestört. Ich war immer auf eine arrangierte Ehe gefasst, und Olegra Pardura kommt aus guter Familie, ist recht hübsch und alt genug, um gesunde Kinder zu gebären.«
»Das ist dann wohl alles, was zählt.«
»In Senestra können Handelsdynastien mächtiger sein als das Königshaus, Kady«, sagte er. »Also, ja, das zählt. Und abgesehen von den Handelsinteressen freue ich mich auch aus anderen Gründen darauf, zu heiraten.«
Arkady fand das zwar schwer zu glauben, aber sie sprach es nicht aus, sondern zog es vor, den Rest seiner Geschichte zu hören, solange er in so redseliger Stimmung war. Morgen, wenn er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, würde er vermutlich kaum mehr als ihren Namen sagen können, ohne rot anzulaufen und zu stottern wie ein Trottel.
»Du musst wissen, sobald ich verheiratet bin, darf ich mich endlich als Arzt niederlassen. Meine künftige Braut hat mehrere Brüder, die viel mehr am Handel interessiert sind als ich. Durch die Fusion bekomme ich praktisch drei neue Brüder, die für mich die Last der Erwartungen meines Vaters schultern.«
»Ihr nennt es ständig eine Fusion. Solltet Ihr das nicht eher als Heirat sehen?«
»Ja, nun … genau da fingen die Schwierigkeiten an. Ich bin nicht so gut im Umgang mit Frauen …«
»Das ist mir nicht entgangen.«
Hilflos hob er die Hände. »Es ist nicht so, dass ich sie nicht mag … Gezeiten, ich weiß nur einfach nicht, was ich mit ihnen reden soll. Oder tun. Und … und dann bekommen Teile von mir plötzlich ein Eigenleben, als hätte ich ein zweites Hirn unter dem Gürtel, das überhaupt nicht auf das obere hört, und das ist mir peinlich, und ich fange an zu stottern …«
»Was ist passiert?« Arkady mutmaßte, dass sie sich nun dem Kern der Sache näherten.
Er seufzte tief. »Das erste Mal, als sie mich mit Olegra allein gelassen haben, war ich so nervös, dass ich mich über ihren Schoß erbrochen habe.«
»Oh.«
»Allerdings.« Er schüttelte kummervoll den Kopf. »Du kannst dir nicht vorstellen, was für Arger das gab. Diese Beleidigung der Familie Pardura hätte fast einen Handelskrieg ausgelöst, wie wir ihn in Senestra seit Jahrhunderten nicht mehr hatten. Mein Vater konnte Olegras Eltern nur besänftigen, indem er versprach, ihnen einen bedeutenden Teil der Mitgift zu erlassen und dass ich zur Hochzeit – die übrigens ein paar Tage nach unserer Ankunft aus Torlenien angesetzt ist – als ›ganzer Mann‹ wiederkomme.«
Arkady nickte, nun verstand sie. »Darum also die Prügel von der Mannschaft, und daher auch Eure Bereitschaft, mein kleines Manöver mitzuspielen.«
Er nickte. »Ich bin dir Dank schuldig, Kady. Dein Vorschlag, mir eine Frau für meinen persönlichen Bedarf zu nehmen, hat – egal wie eigennützig er gemeint war – alle überzeugt, dass ich ein echter Mann bin. Eigentlich finde ich das ein bisschen beunruhigend.«
»Was soll ich da erst sagen«, meinte Arkady. »Aber ich sollte mich nicht beschweren, da mir das Arrangement zugutekommt. Wie lange dauert es noch, bis wir in Senestra ankommen?«
»Der Kapitän sagt, weniger als eine Woche.«
»Und dann werdet Ihr heiraten?«
Er nickte. »Ich hoffe, es gelingt mir, meinen Mageninhalt bis nach der Zeremonie bei mir zu behalten.«
Verwundert schüttelte sie den Kopf. »Wie schafft es nur ein gebildeter, reicher, gut aussehender junger Mann in einer Gesellschaft voller Sklavinnen, die ihm jeden Wunsch erfüllen, in Eurem Alter noch Jungfrau zu sein?«
Cydne wurde puterrot. »Ich habe nie gesagt …«
»Das musstet Ihr auch nicht. Ich war bei Eurem ersten Mal dabei, schon vergessen?«
Er starrte sie wütend an, nicht so betrunken, dass er seinen Rang vergessen hatte – oder Arkadys. »Es ist schlimm genug, dass du mich bemitleidest, Sklavin. Ich werde nicht dulden, dass du mich verhöhnst.«
»Ich wollte doch …«
»Kein Wort mehr«, warnte Cydne. »Ich fürchte, ich habe schon zu viel geredet. Und du hast ganz gewiss zu viel gesagt.« Er legte sich in seine Koje und drehte ihr betont den Rücken zu. »Bitte mach die Lampen aus, bevor du schlafen gehst.«
Er zog sich die Decke über die Ohren, ohne sich auch nur die Stiefel oder das mit Erbrochenem befleckte Hemd auszuziehen. Er war wohl zu
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