Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
verlegen oder vielleicht zu gehemmt, um sie anzusehen, jetzt, wo er wusste, dass sie sein größtes und peinlichstes Geheimnis erraten hatte.
Eine Weile starrte Arkady seinen Rücken an und fragte sich, ob er ernsthaft vorhatte, sich in diesem Zustand schlafen zu legen. Schließlich erfüllte sein leises Schnarchen die Kajüte. Arkady seufzte. Der Kerl nötigte ihr mehr Mitgefühl ab, als sie in sich vermutet hätte für einen Mann, der sich für ihren Gebieter hielt. Mit einem weiteren Seufzer rutschte sie vom Tisch und blies die Kerzen neben der Tür aus.
Im Dunkeln tastete sie sich zurück zu der harten, unnachgiebigen Platte des Untersuchungstischs, streckte sich darauf aus und drückte sich eng an die Wand, damit sie im Schlaf nicht herunterfiel. Und nach einer scheinbar unendlich langen Zeitspanne schlief sie ein.
9
»Mir fehlt Declan Hawkes.«
Königin Kylia von Glaeba sah von dem Tisch auf, auf dem sie in skandalöser Nacktheit lag, während der blinde Masseur, den sie vor Kurzem aus Torlenien importiert hatte, ihr die Verspannungen aus den Rückenmuskeln knetete. Falls es da überhaupt welche gab. Da sie unsterblich war, verspannten sich ihre Muskeln vermutlich erst gar nicht. Jaxyn selbst konnte sich nicht mal mehr erinnern, wann er das letzte Mal einen steifen Hals gehabt hatte.
Wahrscheinlich ließ sie sich einfach gern verwöhnen, entschied er. Wenn er nicht hier wäre, hätte sie dem unglückseligen jungen Mann womöglich befohlen, ihr mehr als nur die Muskeln zu massieren. Aber solche Skrupel kannte Diala eigentlich nicht. Wenn sie mehr wollte als das einfache Vergnügen einer anregenden Rückenmassage, würde sie sich auch von Jaxyns Gegenwart nicht stören lassen.
»Warum vermisst du Declan Hawkes?«, fragte sie. »Stehst du etwa auf ihn?«
Jaxyn lehnte sich mit verschränkten Armen gegen das Fensterbrett. »Er war mir immer ein bisschen zu … tonangebend. Aber ein ehrgeiziger Hurensohn, im wahrsten Sinne des Wortes. Und nicht unnütz von seinem Gewissen belastet. Bridgeman ist ein verdammter Loyalist.«
»Dann werd ihn doch los. Als Erster Spion ist er sowieso nur eine Übergangslösung, bis du einen neuen findest, oder nicht?«
»Das ist eben das Problem«, sagte Jaxyn. »Gute Erste Spione wachsen nicht auf Bäumen. Es dauert Jahre, bis sie ihre Kontakte, ihre Netzwerke aufgebaut haben. Wenn ich Bridgeman loswerde, verliere ich auch sein ganzes Spionagenetzwerk.«
»Hatte er keinen Vertreter?«
»Das war Declan Hawkes. Und als Bridgeman in Rente ging und er den Posten übernommen hat, dachte er offenbar noch nicht daran, schon mit der Ausbildung seines eigenen Vertreters zu beginnen. Ich schätze, wenn man jung ist, denkt man, dass man ewig lebt.«
»Dann haben wir den alten Mann eben am Hals«, sagte Diala mit einem Schulterzucken. »Gewöhn dich an den Gedanken.«
»Aber ich will wissen, was Tryan und Elyssa in Caelum treiben. Dafür brauche ich Bridgemans Kooperation.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, du hast dich darum gekümmert?«
»Ein Paar Caniden habe ich zu ihnen eingeschmuggelt«, sagte er. »Aber die nützen mir nicht viel, wenn sie niemanden haben, dem sie Bericht erstatten können.«
Diala murmelte genießerisch vor sich hin, als der Masseur eine besonders empfindliche Stelle in die Mangel nahm. Dann sagte sie: »Gezeiten, Jaxyn, wie schwer kann das sein? Er ist der Erste Spion, und du hast die Spione. Da werdet ihr doch eine Lösung finden.«
»Momentan ist Bridgeman vollauf mit der Krönung beschäftigt. Dass ich Informationen aus Caelum will, steht auf seiner Prioritätenliste ganz unten. Wenn es überhaupt draufsteht.«
Sie lächelte. »Nun, da geht es mir ganz wie Bridgeman. Ich kann es kaum erwarten, dass die Krönungszeremonie über die Bühne geht und ich endlich unwiderruflich Königin von Glaeba bin.«
»Kann ich mir vorstellen.«
Sie drehte den Kopf und musterte ihn. »Höre ich da etwa einen Anflug von Eifersucht in deiner Stimme, mein Lieber?«
»Und worauf sollte ich wohl eifersüchtig sein?«
»Nun, ich werde Königin, und du … hmm, was bist dann du eigentlich, Jaxyn-Schätzchen? Mein Lakai?«
Jaxyn lächelte giftig. »Dein Lakai bin ich schon seit sehr langer Zeit nicht mehr, Diala.«
Verdammt, er hatte sie vor dem Masseur Diala genannt. Der Mann war blind, aber taub war er nicht.
Und wenn schon … niemand außer Diala wird ihn betrauern, wenn er einem tragischen Unfall zum Opfer fällt.
Jaxyn war sehr gut darin, tragische Unfälle
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