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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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Alptraum, den ihnen die unsterbliche Jungfrau mit ihrer grausamen Namensgebung bereitet hatte. Und als wollte sie noch zusätzlich Salz in die Wunde reiben, stellte sie ihm jeden Tag dieselbe Frage.
    Er gab jeden Tag die gleiche Antwort. »Es geht ihnen gut, Herrin.«
    »Sag Tabitha Belle, sie soll sich gut um sie kümmern.«
    »Dafür sorge ich, Herrin.«
    Er reichte ihr den Tee und fand einen armseligen kleinen Trost, darin, die Unsterbliche unter ihrer eigenen Bürde leiden zu sehen. Sonnenlicht strömte in das Schlafgemach. Durch die Balkonfenster war in der Ferne der See zu erkennen. Die Aussicht war umwerfend, aber er bezweifelte, dass Elyssa sie überhaupt wahrnahm. Der junge Mann neben ihr fesselte ihre ganze Aufmerksamkeit. Er war dunkelhaarig, durchtrainiert und hübsch, sein Körper lag in einem wirren Knäuel von Bettlaken quer auf dem Bett, und sein Hals war in einem seltsamen Winkel verdreht. Seine Lippen waren blau, die Haut unnatürlich blass, und der Brustkorb regte sich nicht. Es war schwer zu sagen, wie lange er schon tot war. Mindestens ein paar Stunden.
    Elyssa muss sich irgendwann im Laufe dieser Nacht mit ihm vergnügt haben – oder was ihrer verdrehten Vorstellung von Vergnügen entsprach.
    Wenn sie Glück hatte, war in diesem entlegenen Flügel des Palastes niemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen außer den Crasii, die ihr vorbehaltlos verpflichtet waren.
    Es war nicht das erste Mal, dass Warlock im Schlafgemach der unsterblichen Jungfrau ein solches Szenario vorfand. Beim letzten Mal hatte es Zeter und Mordio gegeben. Bis sich die Unsterblichen den Thron unwiderruflich gesichert hatten, bestand Syrolee mit aller Entschiedenheit darauf, dass ihre Kinder nichts anstellten, was ihre wahre Identität ans Licht bringen konnte. Doch da man die kleine Prinzessin Nyah immer noch vermisste, wurde Elyssa allmählich ungeduldig. Sie fing an, sich junge Männer ins Bett zu holen, und dann ließ sie ihr ganzes Leid an ihnen aus.
    Engarhod hatte seiner Stieftochter wegen des letzten Vorfalls eine gesalzene Standpauke verabreicht, die sich allerdings gegen den scharfen Tadel ihrer Mutter vergleichsweise harmlos ausnahm. Es erstaunte Warlock immer wieder, wie die Unsterblichen miteinander umgingen. Er hätte angenommen, dass Elyssa nach Tausenden von Jahren den Mut aufbringen würde, ihrer Mutter die Stirn zu bieten, zumal Elyssa gefahrlos die Gezeiten zu lenken vermochte, was Syrolee nicht konnte. Die Kaiserin über die Fünf Reiche war zwar durchaus imstande, ein paar magische Tricks anzuwenden, aber Elyssa und Tryan waren voll entwickelte Gezeitenfürsten. Warum sie sich ihr trotzdem weiterhin unterwarfen, sich willig in jeden finsteren Plan fugten, den ihre Mutter im Laufe der Jahrtausende ausheckte, blieb ein ungelöstes Rätsel, beinahe so alt wie das Tarot, das die Geschichte dieser verblüffend widersprüchlichen Wesen dokumentierte.
    Aber Warlock hatte auch etwas Neues über Elyssa herausgefunden. Etwas Unerwartetes, das auch die Bruderschaft nicht wusste, wie er fürchtete – und auch nicht erfahren würde, wenn man nicht bald Kontakt mit ihm aufnahm.
    Die Unsterbliche Jungfrau war mehr als ein bloßer Titel, mehr als nur ein Name auf einer Tarotkarte.
    Es war ein ganz besonderer Fluch.
    Als sie – noch Jungfrau – unsterblich wurde, hatte der magische Reigen ständiger Regeneration unerwartete Folgen für Elyssa. Jedes Mal, wenn sie Liebe machte, musste ihr Jungfernhäutchen aufs Neue durchstoßen werden. Daraufhin begann das Hymen prompt mit der sofortigen Selbstheilung, was schon für sich genommen ein außerordentlich schmerzhafter Prozess war – auch ohne die zusätzliche Tortur, von den Stößen eines begehrlichen Beischläfers überdehnt und erneut verletzt zu werden. Warlock hatte in jener Nacht, als sie den letzten jungen Mann umbrachte, den sie sich ins Bett geholt hatte, ihre Schreie gehört. Er hatte das ignorieren gelernt, so wie er auch ihr Schluchzen überhörte, als er mit Klecks die Schweinerei beseitigte und den Leichnam beiseiteschaffte, bevor jemand den gut aussehenden Bäckergehilfen in der Küche vermisste.
    Diesen jungen Mann hier kannte Warlock nicht, doch er hatte offensichtlich dasselbe Schicksal erlitten wie der Kandidat davor. Ob vor Schmerz oder aus Wut, jedenfalls hatte Elyssa dem armen Kerl das Genick gebrochen. Vielleicht war es im Eifer der Leidenschaft geschehen oder möglicherweise danach, als sie sich unter Schmerzen auf dem Bett wand, denn auch wenn

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