Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Ihr Euch flach darauflegt, wird der Luftwiderstand deutlich geringer. Damit könntet Ihr viel schneller werden, oder etwa nicht?«
Tryan war nicht beeindruckt. »Hirnverbrannter Gemang. Wir passen nie auf so ein kleines Brett.«
Warlock reckte sich und begegnete dem vernichtenden Blick des Gezeitenfürsten, ohne auch nur zu blinzeln. »Ich hätte auch nicht vorgeschlagen, dass Ihr Euch eins teilt.«
»Warlock kann mit mir reisen«, sagte Declan nachdenklich und beobachtete genau, wie die Kinder es anstellten. »Und Desean mit einem von euch – vorausgesetzt, Ihr plant mit uns zu kommen, Majestät?«
Stellan betrachtete argwöhnisch die Bretter, nickte aber. Er war immerhin schon auf einem fliegenden Teppich bis hierhergekommen. Declan nahm an, für den Rest der Reise auf einer Planke zu liegen war dann auch keine größere Überforderung mehr.
Tryan starrte Warlock finster an. Er war eindeutig nicht gewöhnt an draufgängerische Crasii, die er nicht nach Belieben auslöschen konnte. Schließlich wandte er sich an die anderen. »Es könnte gehen. Was denkt ihr?«
»Ich denke«, sagte Jaxyn, sah Tryan an und verdrehte spöttisch die Augen, »ganz egal, ob es uns bestimmt ist für immer zu leben – wenn wir es schaffen wollen, die Welt zu retten, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als auf des Gemang erste und einzige gute Idee zu hören.«
51
Cayal konnte wegen der dämpfenden Kraft des Kristalls die Gezeiten kaum spüren, aber er konnte sehen, wie sie sich auswirkten. Die tanzenden Polarlichter erhellten den südlichen Rand des Nachthimmels, als sie sich dem Eispalast näherten, eine wunderschöne Darbietung aus leuchtend grünen Lichtschweifen, die sie nach Süden lockte.
Wie Elyssa es vorausgesehen hatte, erwartete Taryx sie mit einem Hundeschlitten, als sie anlegten. Was ihnen sehr gelegen kam, da bis zum Palast noch ein gutes Stück Wegs über das Eis zurückzulegen war. Für die Unsterblichen stellte diese Entfernung zwar kein großes Hindernis dar, wohl aber für Arkady, die für einen langen Marsch durch die vereiste Landschaft weder gekleidet noch ausgerüstet war.
Mit ihrer kostbaren sterblichen Botin – Arkady schlief, auf den Schlitten gezurrt und gegen den bitterkalten Wind in Felle eingepackt, den Kristall des Chaos sicher in ihrer Obhut – erreichten sie den Palast, gerade als die Polarlichter den ganzen südlichen Himmel in ihr mystisches Leuchten tauchten.
Die Fahrt über das Eis hatte deutlich weniger Zeit in Anspruch genommen, als Cayal befürchtet hatte. Während ihrer Abwesenheit waren offenkundig weitere große Teile des Eiskontinents weggebrochen. Wenn die kosmische Flut ihren Höhepunkt erreichte, würde der Palast wohl direkt an der Küste liegen. Jetzt verstand er, warum Lukys ihn so weit landeinwärts hatte bauen lassen. Er hatte gewusst, dass es so weit kommen würde.
Lukys, Arryl and Maralyce kamen ihnen entgegen, um sie zu begrüßen. Dabei umgab sie eine unterschwellige Aufgeregtheit, die Cayal neu war. Arryl wirkte zappelig und unruhig, der sonst so lakonische Lukys konnte seine Euphorie kaum zügeln, und Maralyce machte einen geradezu aufgekratzten Eindruck. Sie waren kaum im Inneren des Palastes angekommen, als Taryx Arkady wachrüttelte. Sie schob die Felle zur Seite und blinzelte im Licht der von Fackeln hell ausgeleuchteten Haupthalle. Dann sah sie sich ehrfürchtig um.
»Ihr habt ihn«, sagte Lukys, als Arkady vom Schlitten stieg.
Es war eine Feststellung, keine Frage. Die Dämpfung der Gezeiten hatte Lukys lange vor ihrer Ankunft signalisiert, wo sich der Kristall befand.
Arkady nickte und griff unter ihren Mantel. Cayal hielt den Atem an, als sie ein kleines Päckchen in einem Jutesäckchen hervorzog. Sie öffnete es und enthüllte den Kristall des Chaos, den sie so sorgsam von den Ufern Caelums bis ans andere Ende der Welt gebracht hatte, als Gegenleistung für das Leben Warlocks und seiner Familie. Umgeben von so vielen Gezeitenfürsten glühte der Kristall in grellem Rot.
Sie streckte ihn Lukys hin, der sofort einen Schritt zurückwich.
»Ihr habt ihn von einer Sterblichen tragen lassen«, merkte Maralyce anerkennend an. »Wir fragten uns schon, wie ihr eigentlich mit ihm reisen wollt.«
»Lieb von euch, dass ihr uns rechtzeitig mitgeteilt habt, dass er die Gezeiten aus allem raussaugt, was er berührt«, bemerkte Elyssa.
»Kentravyon wusste es«, sagte Lukys achselzuckend. »Wie schön, dich wiederzusehen, Elyssa.«
»Das bezweifle ich, Lukys.
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