Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
Ton, wie Männer ihn benutzen, um nervöse Pferde zu beruhigen. »Wenn wir von hier fortgehen, tun wir das nicht nur der Langeweile wegen, Arryl, sondern auch, um den Sterblichen dieser Welt einen Gefallen zu tun. Keine Welt kann gedeihen mit so vielen Unsterblichen, die ständig um die Macht wetteifern. Das hast du neulich selbst gesagt. Sieh dir doch an, was für Auswirkungen es auf Jelidien hat, dass so viele von uns hier sind, jetzt, wo die Gezeiten steigen.«
»Vielleicht solltet ihr tun, was Kentravyon mir einmal vorgeschlagen hat«, sagte Cayal. »Jeder von Euch sollte sich seine eigene Galaxie suchen, über die er herrschen kann.«
»Seinen eigenen Planeten hat er doch sicher gemeint?«, fragte Arryl.
»Nein. Ich bin ziemlich sicher, dass er Galaxie gesagt hat.«
»Auch wenn Kentravyon sich danach sehnt, allein über eine ganze Galaxie zu herrschen«, sagte Lukys in besonders vernünftigem Ton, »geht es doch letztendlich darum: Wir brauchen den Kristall des Chaos. Elyssa hat die Mittel, ihn zu finden. Cayal, wenn du deinen Stolz und vielleicht auch deinen Würgereflex herunterschlucken kannst, bist du in der Lage, ihr diese Information abzuluchsen. Und Declan hat denselben Weg, aus anderen Gründen – mit denen ich wohlgemerkt nicht unbedingt einverstanden bin. Aber ich glaube, wenn ihr beiden es schafft, miteinander auszukommen, werdet ihr merken, dass ihr gemeinsam die Macht habt, Kentravyons Exzesse einzudämmen, falls er unterwegs ein wenig quengelig werden sollte.«
»Ich und der Ratz?«, fragte Cayal skeptisch. »Zusammenarbeiten? Selbst wenn ich dazu bereit wäre, wieder etwas gemeinsam mit deinem unerträglichen Bankert zu tun, Lukys – das letzte Mal, als wir Kentravyon eingefroren haben, waren dazu ein halbes Dutzend von uns nötig.«
»Ja, um ihn bewegungsunfähig zu machen,« sagte Lukys. »Und das ist jetzt nicht nötig. Ihr müsst nur dafür sorgen, dass er … halbwegs vernünftig bleibt und keinen Blödsinn macht. Ich bin sicher, du und Declan seid zusammen stark genug, um seinen Tatendrang etwas zu dämpfen, falls das nötig werden sollte.«
Tiji runzelte die Stirn. Wie viel Macht besaß Declan eigentlich, jetzt, wo er unsterblich war? Cayal war einer der mächtigsten Gezeitenfürsten, die auf Amyrantha wandelten. Das war kein Geheimnis, und die Großen Seen von Glaeba bezeugten es. Aber auch Kentravyon war kein Unsterblicher, mit dem man sich anlegen sollte. Wenn Lukys davon ausging, dass Declan und Cayal zusammen den wahnsinnigen Gezeitenfürsten unter Kontrolle haben konnten, musste das bedeuten, dass Declan mindestens so mächtig war wie Cayal – oder sogar noch mächtiger.
Gemeinsam wären diese beiden unbesiegbar.
Wird die Macht Declan korrumpieren wie all die anderen Gezeitenfürsten?, fragte sich Tiji. Und wie passt Arkady in dieses Spiel?
Declan liebte sie. Cayal war von ihr besessen. Würden die beiden sich wegen ihr in die Haare geraten, selbst wenn sie gar nicht da war, und darüber versäumen, den Zorn eines Wahnsinnigen in Schach zu halten, der Millionen den Tod bringen konnte? Oder würde der Geist einer sterblichen Frau, die beide Männer wollten, aber offenbar keiner von ihnen halten konnte, die Menschheit womöglich davor bewahren, dass zwei der mächtigsten Gezeitenfürsten auf Amyrantha ihre Kräfte vereinten, was für die Sterblichen dieser Welt noch viel schlimmere Folgen haben konnte?
»Tiji!«, zischte Azquil erneut und zog sie viel heftiger nach hinten als beim ersten Mal. »Komm weg hier, sofort!«
»Das wird ein schlimmes Ende nehmen. Das weißt du, nicht?«, hörte Tiji Cayal noch prophezeien, dann entschloss sich Azquil, die Angelegenheit handgreiflich zu regeln und sie mit Gewalt vom Eingang wegzuzerren.
Zum ersten Mal ertappte Tiji sich dabei, dass sie mit Cayal einer Meinung war. Aber wenn einer der anderen Unsterblichen im Raum ihm etwas entgegnete, hörte Tiji es nicht mehr, denn Azquil hatte seinen Arm fest um ihre Taille gelegt und schleifte sie rückwärts davon. Ihre bestiefelten Füße rutschten über den eisigen Boden, als er sie fortzog, den Flur hinunter auf Arryls Gemach zu.
Tiji war nicht stark genug, um gegen ihn zu kämpfen, und wenn sie ihn angeschrien hätte, hätte sie sich verraten, also gab sie sich mit passivem Widerstand zufrieden. Mit mürrisch verschränkten Armen ließ sie sich die ganze Strecke von ihm ziehen und dachte: Das wird ein schlimmes Ende nehmen, Azquil. Das weißt du, nicht?
9
»Kannst du schwimmen,
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