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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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Ratz?«
    Declan stand an der Kante des bröckelnden Gletschers, starrte auf die brodelnde See und entschied sich, Cayals idiotische Frage nicht zu beachten. Sie standen wieder einmal am äußersten Zipfel Jelidiens und schauten in den Sonnenuntergang, vor sich die mehreren Tausend Meilen zwischen ihnen und ihrem Reiseziel. Declan hatte keine Ahnung, wie sie den Ozean überqueren wollten, um nach Glaeba zu gelangen, das in der gegenüberliegenden Hemisphäre und damit praktisch am anderen Ende der Welt lag. Auf sie wartete kein Schiff. Der Segler, den sie in Port Traeker requiriert hatten, war längst fort, und es war nicht die richtige Jahreszeit, um ein vorbeikommendes Fischerboot zu kapern – obwohl auch nicht völlig ausgeschlossen war, dass ihnen eines begegnete. Nichtsdestoweniger war Declan klar, dass sie nicht hier herumstanden, weil es so gut für die Gesundheit war.
    So oder so, dachte Declan, entweder Cayal oder Kentravyon musste einen Weg über den Ozean wissen. Er hoffte inständig, dass sie nicht so zu reisen gedachten wie Maralyce, als sie aus Glaeba gekommen war.
    Plötzlich vernahm er ein gequältes Winseln und warf einen Blick über die Schulter, um nachzusehen, was Kentravyon da trieb. Entgeistert sah er, wie der Unsterbliche sich brutal durch die Hunde pflügte, die ihren Schlitten so emsig bis zur Küste gezogen hatten: Er brach einem nach dem anderen das Genick und ließ sie in ihren Geschirren tot auf dem Eis liegen.
    »Muss er das unbedingt so … enthusiastisch tun?«
    »Findest du, wir sollten sie lieber elend verhungern lassen, wenn wir erst mal weg sind?«, fragte Cayal zurück, offenbar unbeeindruckt von Kentravyons grausigem Treiben.
    »Vielleicht hätten wir sie einfach freilassen sollen.«
    »Dann würden sie auch verhungern, oder in eine Gletscherspalte fallen und sich irgendwas brechen, um tagelang einen qualvollen Tod zu sterben. Oder sie lungern in der verzweifelten Hoffnung auf etwas Fisch hier an der Küste herum und werden nach und nach von den Seelöwen gefrühstückt. Gezeiten, Ratz, und du unterstellst uns Mangel an Mitgefühl.« Cayal drehte sich um und ging zum Schlitten zurück, wo Kentravyon gerade den letzten Hund tötete.
    Bloß gut, dass Tiji nicht mit ihnen gekommen war. Sie hätte es ihm nie verziehen, dass er tatenlos dabeistand. Schlimmer, sie würde sich bitterlich für ihn schämen, wenn sie wüsste, dass Declan die Notwendigkeit sogar einsah, die Hunde hier nicht einfach zurückzulassen, ganz gleich wie sehr ihm Cayals Argumentation widerstrebte.
    Allerdings hatte der gierige Glanz in Kentravyons Augen nichts Humanes und keine Spur von Mitgefühl. Das war es, was Declan am meisten abstieß.
    Mit einigem Widerwillen folgte er Cayal zum Schlitten. Er fragte sich, warum sie den überhaupt benutzt hatten. Aber das würde er sicher bald erfahren, jetzt da die Hunde erledigt waren. Kentravyon hob gerade ein großes Bündel vom Schlitten, schnitt die Verschnürung durch und rollte es mit Cayals Hilfe auf dem Eis aus.
    »Das ist ein Teppich.«
    »Lukys hat schon recht«, meinte Cayal zu Kentravyon. »Der Bursche ist wirklich von der schnellen Truppe, findest du nicht?«
    Declan ignorierte Cayal und wandte sich direkt an Kentravyon. »Reisen wir jetzt auf einem fliegenden Teppich?«
    »Mach dich nicht lächerlich«, antwortete Kentravyon, während er die Ecken glattstrich. »Fliegende Teppiche gibt es nicht.«
    Declan war nicht sicher, was er glauben sollte. Viele Völker von Amyrantha hatten überlieferte Sagen von Gezeitenfürsten auffliegenden Teppichen. Im Vereinigten Königreich von Elenovien gab es alljährlich ein ganzes Festival zu Ehren des Teppichknüpfgewerbes und der legendären fliegenden Teppiche. Sogar im Tarot war irgendwo die Rede von einem fliegenden Teppich. »Und was ist das dann?«
    »Ein Teppich«, sagte Cayal. Er hievte seinen Seesack vom Schlitten und warf ihn auf den Teppich. »Auf dem wir reisen werden. Mithilfe von Gezeitenmagie.«
    »Und warum ist das dann kein fliegender Teppich?«
    »Das ist ein stinknormaler Teppich«, erwiderte Kentravyon und warf auch seinen Rucksack darauf, bevor er sich im Schneidersitz niederließ. »Die Gezeiten werden ihn bewegen. Entweder so, oder Wellenreiten wie Maralyce. Aber das wäre schlampig.«
    »Wieso denn schlampig?«, fragte Declan, der das als eine reichlich schräge Wortwahl empfand. Nass vielleicht, oder ungemütlich, aber schlampig?
    »Weil wir uns in Richtung Zivilisation bewegen«, sagte Cayal.

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