Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
ausquetschen, seinen Computer durchsuchen und die Spur des Geldes aufnehmen«, stellte Sjöberg unter dem zustimmenden Gemurmel der anderen fest.
»Verdammt, jetzt komme ich zu spät!«, rief Gerdin mit einem hastigen Blick auf die Armbanduhr. »Bis morgen!«
Und sie verschwand aus dem Raum und hinterließ den Duft eines ziemlich süßlichen und aufdringlichen Parfums.
»Das Lied hast du Gäddan aber nicht vorgespielt, oder?«, fragte Sandén.
»Nein, tatsächlich nicht«, lachte Andersson. »Sie muss diese Eingebung irgendwo anders herbekommen haben. Unglaublich, diese Frau!«
*
Jetzt war auch Ida gefahren, wenn auch nicht weiter als nach Uppsala, um bei ihren Geschwistern zu sein. Aber in wenigen Wochen würde auch sie auf ihre weite Reise bis auf die andere Seite der Erdkugel gehen. Adrianti war allein in dem großen Haus. Allein mit der Trauer, allein mit allen Erinnerungen an das Leben, das jetzt unwiederbringlich vorbei war. Alle Kinder waren so gut wie ausgeflogen, und Svempa war tot, ermordet. Von einem verrückten Drogenabhängigen, der es einfach aus einer Laune heraus getan hatte. Die Beerdigung würde erst in drei Wochen stattfinden, in Schweden brauchte so etwas seine Zeit. Bis dahin musste sie die Fassade aufrechterhalten, dass alles fast so wie immer war. Das Haus sauber und ordentlich halten, Kuchen für den Beerdigungskaffee backen. Waschen. Das bisschen, was es jetzt noch zu waschen gab, nachdem alle fort waren. Aber danach? Was würde danach passieren?
Sie hatte nichts. Keine Arbeit, keine anderen Kenntnisse als die, wie man einen Haushalt führte. Und kein Geld, so sah es jedenfalls aus. Als sie mit der Versicherungen sprach, hatte sie den Eindruck bekommen, dass alles den Kindern gehörte. Das hatten sie sehr schlecht geregelt, sie und Svempa. Natürlich hatte keiner von ihnen damit gerechnet, dass er so früh gehen könnte, aber sie hätten sich ruhig ein bisschen mehr mit der Erbregelung auseinandersetzen können, das wurde ihr jetzt klar. Besonders sie selbst, die ohne eine Öre in der Tasche in dieses neue Land gekommen war. Aber das war nur das kleinere Problem. Aus ihrem früheren Leben war sie es gewohnt, sparsam zu leben, also würde sie das hier auch schaffen. Rein körperlich zumindest.
Aber sie sehnte sich so sehr nach Dewi, ihrem kleinen Küken, ihrem eigenen, kleinen Engel. Engel, das bedeutete ihr Name zu Hause, in Indonesien. Und wenn sie darüber nachdachte, ballte sich die Angst wie ein schmerzender Klumpen in ihrem Bauch zusammen. Dewi durfte nicht für immer verschwunden sein, sie durfte nicht tot sein. Warum war Adrianti damals, vor langer Zeit, nicht standhafter gewesen, als Dewi nicht mehr nach Hause gekommen war? Die schwedischen Jugendlichen verreisen, aber sie lassen von sich hören, schreiben ausführliche Briefe, rufen hin und wieder zu Hause an. Und im schlimmsten Fall können sie ein ganzes Jahr fortbleiben, aber niemals für vier Jahre. Sie hätte nicht auf Svempa hören sollen, sich nicht von seiner sorglosen Haltung überzeugen lassen sollen. Sie hätte zur Polizei gehen sollen, hätte dafür sorgen müssen, dass nach ihr gefahndet wurde.
Die Stille war drückend. Sie musste Menschen um sich haben, Stimmen. Kickis Telefonstimme in allen Ehren, aber sie kannte sie kaum, erinnerte sich kaum noch, wie sie ausgesehen hatte. Sie brauchte Menschen aus Fleisch und Blut. Jemanden, mit dem sie sprechen und bei dem sie sich ausweinen konnte. Deshalb hatte sie schließlich entschieden, ihre stumme Übereinkunft zu brechen, und das Haus verlassen, um Kontakt zu Staffan aufzunehmen. Trotz allem. Aber kaum war sie draußen, war sie von diesem Polizisten, Sjöberg, aufgehalten worden. Er war sehr sympathisch gewesen, auch er war ein guter Zuhörer. Es hatte sich gut angefühlt, mit ihm zu sprechen, obwohl er sie wegen dieser Sache mit Staffan zur Rede gestellt und damit alte Wunden aufgerissen hatte. Er hatte sie dazu gebracht, von dem gebrochenen Fuß zu erzählen, sie über das Roskilde Festival ausgefragt und immer wieder nach Dewis Reise und Dewis kurzen, inhaltslosen Mitteilungen gefragt. Aber er hatte verstanden. Er hatte verstanden, wie sie sich fühlte, wie sehr sie ihre Tochter vermisste, und eingesehen, dass es vielleicht einen Grund gab, sich Sorgen zu machen. Echte Sorgen. Er hatte ihr sogar versprochen, dass er nach Dewi suchen würde. Und er hatte glaubwürdig gewirkt, als er das sagte.
Aber das war am Mittwoch gewesen. Mittlerweile war fast eine Woche
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