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Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Einfaltspinseln bevölkert. Hier tummelten sich Menschen jeden Alters aus allen Berufsgruppen und allen Gesellschaftsklassen. Und ganz bestimmt waren auch sämtliche vorstellbaren Intelligenzquotienten vertreten. Nach ihrem Geschmack waren gewisse Kategorien allerdings ein bisschen überrepräsentiert. Nicht zuletzt die grenzdebile WT-Fraktion. Und genau deshalb hatte sich Gerdin aus einem Impuls heraus in diese Gefilde begeben, um nach dem Mann zu suchen, der den stellvertretenden Polizeidirektor angerufen und verhöhnt und sich möglicherweise auch Erlandssons Telefon angeeignet hatte.
    Gerdin beschloss, zunächst nach der Wendung »Dead Man’s Hand« zu suchen. Aber bis auf einen Beitrag, der sich mit einer der klassischen Konserven der Streitkräfte befasste – Wurstscheiben mit weißen Bohnen und Tomatensauce –, die anscheinend unter diesem Namen gehandelt wurde, ging es bei allen anderen Fundstellen ums Pokern im Allgemeinen und Wild Bill Hickok im Besonderen. Nichts Neues also. Als sie anschließend nach »Sven-Gunnar Erlandsson« suchte, stellte sich heraus, dass der Mord mittlerweile zu einer ganz eigenen Rubrik in Flashback erhoben worden war. Sie ging sorgfältig alle Beiträge durch, ohne auf etwas anderes als neugierige Fragen und teils ziemlich haarsträubende Spekulationen zu stoßen. Interessanten Tratsch über Erlandsson oder der Polizei bisher unbekannte Beobachtungen fand sie nicht. Diejenigen, die sich an der Diskussion beteiligten, schienen dafür auch keine anderen Gründe zu haben als die reine Neugier.
    Als Nächstes suchte sie nach den Ausdrücken, die sie überhaupt auf die Idee gebracht hatten, in diesem Forum zu suchen, nämlich »verdammte Loser« und »der, der geschossen hat«. Ohne irgendeine auch nur ansatzweise interessante Fundstelle.
    Odd Anderssons fruchtlose Versuche, die Mordwaffe zu lokalisieren, waren ihr bekannt. Trotzdem wollte sie selbst es auch noch einmal versuchen. Er hatte das ganze Netz durchsucht, sie würde sich auf Flashback beschränken. Vorausgesetzt, dass Malmberg richtig analysiert hatte und die Telefonstimme zu einem jungen Mann gehörte, und weiter vorausgesetzt, dass ihre eigenen linguistischen Theorien auch nicht komplett daneben waren, sprich, dieser Bengel nicht der Hellste war. Dann, und unter der Bedingung, dass er nicht nur das Telefongespräch geführt, sondern Erlandsson tatsächlich auch erschossen hatte, gab es tatsächlich die minimale Chance, dass er hier nach Hilfe gesucht hatte. Dass er hier zuerst nach einer Waffe gesucht hatte. Dass er hier nach Rat gesucht hat, wie man mit der Waffe umgeht. Dass er die Waffe nach dem Mord verkaufen wollte. Oder – angesichts des triumphierenden Tonfalls während des Telefongesprächs – dass er vielleicht das Bedürfnis verspürte, von dem zu berichten, was er getan hatte. Damit anzugeben.
*
    Simon ging ins Erdgeschoss hinunter in der Hoffnung, dass er etwas zu essen finden und eine Weile allein am Küchentisch sitzen könnte. Aber der jüngere Bruder, Jakob, saß schon dort und starrte leer vor sich hin, während er seinen Kaffee trank. Er schaute nicht einmal auf, als Simon die Küche betrat.
    Mit den beiden älteren Brüdern kam er gut zurecht. Sie waren ungeschliffen, laut und grob, aber sie waren sehr direkt und unkompliziert. Mit Jakob war es anders. Er war nur zwei Jahre älter als er selbst, aber obwohl sie zusammen aufgewachsen waren, hatten sie sich nie vertragen. Vielleicht gerade deswegen. Weil die Konkurrenz zwischen ihnen immer so hart gewesen war, gerade wegen des geringen Altersunterschieds. Jakob war ein glatter Typ, bei dem man nie wusste, wo man dran war. Den einen Augenblick konnte er einem einen Gefallen tun, fast wie ein Kumpel, nur um kurz darauf eine Gegenleistung zu verlangen, die verdammt viel anstrengender war, manchmal sogar gefährlich. Simon hatte zwar auch oft genug Sachen für die älteren Brüder erledigen müssen, aber so sollte es ja auch sein. Wenn sie unzufrieden mit ihm waren, dann gab es einmal auf die Fresse, und gut war. Aber Jakob konnte einen stundenlang quälen, tagelang. Nur aus Spaß.
    Aber bald würde es damit vorbei sein. Es war vorbei, das spürte er jetzt. Simon hatte seinen Bruder eingeholt und war an ihm vorbeigewachsen, und er würde sich nie wieder von irgendjemandem schikanieren lassen. Auch Andreas und Matteus, die beiden älteren Brüder, würden sich bald unterordnen müssen. Sie würden ihn respektieren, würden alles tun, was er ihnen auftrug.

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