Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
Wie bei Michael Corleone. Obwohl er der Jüngste war, würde Simon bald das Oberhaupt der Familie sein. Er hatte nämlich bewiesen, dass er das Zeug dazu hatte.
»Steh auf«, herrschte er seinen Bruder an, der antwortete, ohne ihn anzuschauen.
»Warum das denn? Leck mich.«
»Weil ich es sage«, antwortete Simon ruhig. »Steh auf.«
Jakob schaute mit seinem breiten, widerlichen Grinsen zu ihm hoch. Er stand langsam vom seinem Stuhl auf und baute sich mit seinem Gesicht bedrohlich vor ihm auf. Blitzschnell verpasste Simon ihm einen Kopfstoß mitten zwischen die Augen. Mit einem Brüllen ging Jakob zu Boden und hielt sich die Hände vors Gesicht.
»Was zum Teufel machst du denn!«, schrie er. »Du bist wohl total durchgeknallt! Meine Nase ist voll im Arsch!«
Simon stand ganz still und beobachtete, wie Jakob auf dem Küchenteppich lag und das Blut zwischen seinen Fingern herausquoll. Er fühlte sich absolut entspannt. Machte sich nicht die geringsten Gedanken, welche Folgen es diesmal für ihn haben könnte. Er würde nämlich dafür sorgen, dass es keine gab. Während sein Bruder herumheulte, ging er zur Küchenplatte und schnitt sich zwei Scheiben Brot ab, holte sich den Frischkäse aus dem Kühlschrank, schmierte sich die Brote und schenkte sich ein großes Glas Milch ein. In aller Seelenruhe ließ er seinen Bruder auf dem Boden liegen und ging aus der Küche, die Treppe hinauf und zurück in sein Zimmer. Dort stellte er sein Frühstück auf dem Schreibtisch ab, bevor er die Tür abschloss und sich vor den Computer setzte.
Er hatte bereits eine Antwort auf seinen neu eröffneten Thread mit dem schrecklichen Albtraum bekommen. Der Benutzer Breakdown schrieb:
Vor ein paar Tagen habe ich geträumt, dass ich meine Mutter mit bloßen Händen erwürgen würde, ich konnte richtig spüren, wie das Leben aus ihr herausrann. Heilige Scheiße.
Simon ging in sich. Wie würde es sich anfühlen, die Hände um Mamas Hals zu legen und zuzudrücken. Oder das Brotmesser in ihrem Rücken umzudrehen.
Anscheinend war er nicht der Einzige, der seltsame, realistische Träume hatte. Es fühlte sich gut an. Obwohl in seinen Augen nur einsam stark war.
*
Mehrere Stunden war sie jetzt schon dabei, las eine Seite nach der anderen über dieses, nach Gerdins Geschmack, vollkommen uninteressante Thema. Auf Flashback tummelten sich jede Menge Waffennarren. Meistens diskutierten sie die Wahl der richtigen Waffe, die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Marken und unterschiedlichen Kaliber. Und die allermeisten widmeten sich ausschließlich dem Schießsport, aber auch die Waffen der Polizei wurden eifrig diskutiert. Hin und wieder tauchte jedoch ein Beitrag auf, bei dem es um andere Dinge zu gehen schien. Das heißt, um Waffen für nicht ganz stubenreine Zwecke. Nichts, was Gerdin ins Rotieren gebracht hätte, aber sie notierte es. Sicherheitshalber.
Bis sie stutzte.
Es begann mit einem kleinen Beitrag. Er war von dem Benutzer DerHeilige verfasst, war sehr kurz und lautete:
Ich habe eine Glock 38.
Erst nachdem sie den Beitrag gelesen hatte, bemerkte sie den Titel des Threads, der ebenfalls von DerHeilige ins Leben gerufen worden war: »Ich will jemanden töten. Ich werde jemanden töten.«
Sie kehrte an den Anfang des Threads zurück, begann von dort an zu lesen und führte sich alle folgenden Beiträge mit großem Interesse zu Gemüte.
DerHeilige: Ich habe schon lange darüber nachgedacht, ob ich nicht Vollstrecker werden sollte, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich habe Zugang zu einer Waffe, in dieser Hinsicht gibt es also kein Problem. Ich habe auch eine gewisse Routine. Einmal habe ich schon eine Pistole benutzt, aber damals habe ich aus ökonomischen Gründen entschieden, barmherzig zu sein. An und für sich könnte ich einfach in die Stadt gehen und die erstbeste Person erschießen, aber ich würde es lieber gegen Bezahlung tun. Jetzt frage ich mich also, wie ich vorgehen muss, um in Kontakt mit einem Auftraggeber zu kommen. Gibt es jemanden, der da schon Erfahrungen gemacht hat? Ihr findet vielleicht, dass es eine ziemlich kranke Frage ist, aber im Grunde ist es ja auch nur eine Art, sich seine Brötchen zu verdienen, und ich kann mir viele Jobs vorstellen, die schlimmer sind.
Darauf folgten viele höhnische Kommentare, in denen teilweise aber auch ein gewisser Ernst steckte.
BruderFuck: You don’t say. Wie Post austragen vielleicht, oder Rasenmähen? Ih, bäh, so eine Knechterei will man sich dann doch
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