Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
ausgibt, als er ist. Im Internet, also. Aber das glaube ich nicht. Ich weiß, dass es nicht so ist. Alles stimmt. Er hat eine Glock 38, er sagt ausdrücklich, dass er das Bedürfnis verspürt, jemanden zu töten, und er behauptet, dass er vor kurzer Zeit erst getötet hat. Außerdem lässt sein Verhalten erkennen, dass er es tatsächlich getan hat.«
»Wie das?«
»Das kann ich jetzt auf die Schnelle nicht erklären, aber glaub mir. Ich kann mich sehr gut in Menschen hineinversetzen.«
Wirklich?, dachte Sjöberg. Kann man das, obwohl es einem gleichzeitig schwerfällt, sich so zu verhalten, dass man nicht überall aneckt? Klar, vielleicht kann man das. Und er sollte nicht so über Gerdin denken. Nicht so verdammt engstirnig sein.
»Ich würde dringend empfehlen, dass du die nationale Einsatzgruppe dorthin schickst. Jetzt sofort.«
Sjöberg seufzte tief.
»Das kann ich nicht tun, Gäddan. Das geht einfach nicht.«
»Weil die Beweise zu schwach sind? Weil du in deinem tiefsten Inneren nicht daran glaubst? Klar, verstehe. Dann fahr eben selbst. Bis an die Zähne bewaffnet.«
»Um einen netten, freundlichen Zwanzigjährigen aufzugreifen?«
»Ja. Weil er eine Glock hat. Und weil er nicht zögert, sie anzuwenden. Weil er unzurechnungsfähig ist, vielleicht sogar psychotisch. Du kannst gut mit Leuten umgehen, Conny. Du musst ihn zur Vernunft bringen, auf eine nette und freundliche Weise. Und vergiss nicht, dass Respekt ein wichtiges Wort für solche Jungs ist. Aber es ist eilig.«
»Wie kannst du dir so sicher sein?«, wollte Sjöberg wissen.
»Das bin ich nicht. Ganz und gar nicht. Aber ich weiß, dass er darüber nachdenkt, seine Mutter zu ermorden. Es drängt, und wir wollen das nicht auf unserem Gewissen haben, selbst wenn niemand von uns verlangen kann, dass wir es uns ausrechnen konnten, bevor es überhaupt passiert.«
Sjöberg dachte einen Augenblick nach. Dachte, dass dies vielleicht die Gelegenheit war, auf die er gewartet hatte. Jetzt konnte er Gerdin den Respekt zeigen, den sie tatsächlich verdiente. Wie jeder andere Mensch. Selbst wenn sie total auf dem Holzweg sein sollte, würde kein großer Schaden entstehen. Solange sie nicht die nationale Einsatzgruppe mit hineinzögen, sondern den Einsatz auf eigenes Risiko durchführten, würden sie nicht einmal einen größeren Prestigeverlust erleiden. Und als er an ihre bemerkenswerte Leistung bei der Entzifferung dieser Koordinaten dachte, musste er anerkennen, dass sie dort durchaus gezeigt hatte, was sie konnte. Auch wenn nichts dabei herausgekommen war, wofür sie Verwendung gehabt hätten. Und gesetzt den Fall, Gerdin hätte tatsächlich recht … Wenn dieser Simon Tampler wirklich der Mörder von Sven-Gunnar Erlandsson war, wenn sie die Mordwaffe und Erlandssons iPhone bei einer Hausdurchsuchung sicherstellen würden … Tja, dann konnte man sich nur vor ihr verneigen. Obwohl ständig neue Fakten, neue Anhaltspunkte, neue Geheimnisse in diesem ganzen Durcheinander aufgedeckt wurden, hatten sie nie genug, dass es für einen Haftbefehl reichte. Insofern waren die Ermittlungen ins Stocken geraten. Er war bereit, das Risiko einzugehen.
»Ich muss dich nur noch eine Sache fragen«, sagte Sjöberg. »Was hatte er auf diesem Sportplatz in Södertälje zu schaffen, dieser Tampler? Oder glaubst du immer noch, dass Josefin Siem Erlandssons iPhone genommen hat, als sie seine Leiche fand?«
»Simon Tampler war nicht auf dem Sportplatz«, antwortete Gerdin. »Er saß im Zug von Stockholm nach Katrineholm. Er sollte an diesem Morgen eigentlich um 8.29 Uhr vom Stockholmer Hauptbahnhof abgefahren sein, hatte aber sechsundvierzig Minuten Verspätung, das heißt, er fuhr um 9.15 Uhr. Die Fahrt nach Södertälje Süd dauert zweiundzwanzig Minuten. Um 9.36 Uhr, als das Gespräch geführt wurde, befand er sich also in Södertälje, und die Gleise laufen direkt neben dem Sportplatz. Der Verkehrslärm, den Malmberg gehört zu haben meint, waren die Zuggeräusche.«
»Warte, warte. Wirfst du jetzt nicht zwei Telefongespräche durcheinander? Oder meinst du, dass beide Gespräche zur selben Zeit über denselben Mast geführt worden sind?«
»Ungefähr so, ja. Das war jedenfalls das, was ich Hamad aus der Nase ziehen konnte.«
Donnerwetter. Warum hatte Hamad Sjöberg nichts davon gesagt? Er hatte zwar nicht direkt danach gefragt, wie es Gerdin anscheinend getan hatte, aber trotzdem. Seine Gedanken schwirrten durcheinander, und für ein paar Sekunden konnte er nur den Kopf
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