Falsch
scherzen …« Fiona brach ab. »Herrgott, Sie haben recht, daran habe ich gar nicht gedacht … Schiffe!«
»Normalerweise sollte der Schiffsverkehr am oberen Rio Negro während der späten Nachtstunden ziemlich spärlich sein«, grinste der Pilot. »Doch das hier ist Brasilien, und alles ist möglich.«
»Aber wir fliegen doch sicher hoch genug, um nicht an die Aufbauten zu krachen«, erkundigte sich Fiona vorsichtig.
»Im Geradeausflug schon«, nickte Finch, »da bleiben ein paar Meter. Aber in den Kurven … Einmal, im Kongo, habe ich mit einer Tragfläche fast das Wasser gestreift. Da hätte nicht einmal ein Ruderboot Platz gehabt.«
Fiona hielt sich demonstrativ die Ohren zu. »Ich will es gar nicht hören!«, rief sie. »Wenn ich hier heil wieder rauskomme, dann fliege ich nur noch mit Linienjets und nie mehr mit völlig irren Wüstenpiloten, die noch die Gebrüder Wright gekannt haben!«
»Reine Legende«, schmunzelte Finch, »das mit dem Irrsinn, meine ich …«
Fiona hatte die Karte auf Ihrem Schoß ausgebreitet und ein altersschwaches Leselicht an einem Schwanenhals knapp über jenem Ausschnitt platziert, der den Oberlauf des Rio Negro zeigte. »Und wie soll ich mich hier zurechtfinden?«
»Das werden Sie schon noch sehen«, beruhigte er sie. »Wir legen gleich los.«
Er zeigte nach vorn. Wie auf ein Stichwort zog der zweite Bergrücken unter ihnen hinweg, und das dunkle Band des Flusses glitzerte im Mondlicht. »Da ist unsere Autobahn heimwärts. Keine Ausfahrt mehr bis zum bitteren Ende.«
In einer Steilkurve ließ er die Albatross absacken. »Vergleichen Sie das Muster des Flusslaufs mit Ihrer Karte, dann haben Sie unseren Einstiegspunkt. Und sobald wir über dem Wasser angekommen sind, sagen Sie mir die Schlingen an.«
»Und wenn ich mich irre?«
»Tilt! Last Exit Brooklyn.« Finch nahm das Gas zurück und schätzte die Entfernung zur Wasseroberfläche ab. Im Funk begann eine Stimme hektisch zu quäken, während die Nadel des Höhenmessers erneut rotierte. »Over and out!«, antwortete Finch und schaltete den Funk ab. »Die reden sowieso zu viel«, kommentierte er, und dann war das Wasser da, und er zog die Nase der Albatross sanft hoch. Das Wasserflugzeug raste mit mehr als zweihundert Kilometern in der Stunde wenige Meter über den Wellen dahin, eine weiße Schleppe aus aufgepeitschten Wassertropfen hinter sich herziehend, die im Mondlicht leuchtete.
»Wir sind im Rennen«, lächelte Finch grimmig und schob die Gashebel ganz nach vorn. »Full speed, und wer bremst, der bekommt seine gerechte Strafe.«
»Wirklich beruhigend zu wissen. Nächste Schlinge schräg links, dann ein Hundertachtzig-Grad-Turn nach rechts.«
Sie donnerten das Flussbett entlang, und Finch legte die Albatross sachte in eine langgezogene Linkskurve. Eine flache Insel huschte unter ihnen hinweg, und Fiona zuckte zusammen. »Hätte ich die ansagen sollen?«
»Bis São Gabriel liegen rund zehn Inseln im Fluss und teilen den Strom in zwei Arme«, klärte er sie auf. »Meist ist einer der Hauptstrom und der andere nur ein dünner Nebenarm. Den sollten wir nicht wählen. Also wäre ich dankbar für eine Vorwarnung.«
»Aye, Aye, Sir!«, nickte Fiona, die ihre Karte nicht aus den Augen ließ. »Tut mir leid.« Als sie aufschaute und einen kurzen Blick nach draußen warf, stockte ihr der Atem. Die 180-Grad-Schlinge flog auf sie zu, rasend schnell. Der Rio Negro hatte sich hier in Jahrtausenden ein Tal durch die Berge gegraben, das immer schmaler wurde, je näher es dem Kurvenausgang kam.
John Finch saß völlig entspannt auf dem Pilotensitz, nur seine zusammengekniffenen Augen verrieten seine volle Konzentration. Mit einer entschiedenen Handbewegung legte er die Albatross aus der leichten Linkskurve in eine Steilkurve nach rechts. Das Flugzeug stand fast auf seinem rechten Flügel, und Fiona befürchtete einen Augenblick lang, die Flügelspitze würde im Wasser verschwinden.
Sie hielt den Atem an.
Das Flussbett wurde immer enger, die Berghänge schienen näher zu rücken.
»Das kann nicht gutgehen …«, flüsterte sie.
Ein leichtes Lächeln spielte um die Lippen von Finch. Er hielt die Albatross eisern in der Schräglage, korrigierte leicht, berechnete in Gedanken die Parabel der Flugroute.
»Insel voraus!«, warnte ihn Fiona. »Drei Arme, zwei gleich große, in der Mitte ein schmaler, der gerade durch die Sandbank verläuft. Gleichzeitig ein Neunzig-Grad-Turn nach links.«
Die Albatross schoss über dem
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