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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Wasser dahin, aus der Tal-Enge heraus, und Finch hatte gerade noch Zeit, die Maschine in die Waagerechte zu bringen, da lag auch schon die Insel vor ihnen. Aus dem breiten Rio Negro wurden zwei schmale Flussläufe, die in weiten Mäandern um das Eiland herumführten, und ein dritter, noch schmalerer, der es in der Mitte durchschnitt.
    »Davor hat mich mein Vater immer gewarnt«, stellte Finch fest. »Nicht genug Zeit für Entscheidungen. Also nehmen wir die Direttissima.« Damit steuerte er den schmalen Arm an.
    Genau in diesem Augenblick wurde die Cockpittür aufgerissen, und ein wütender Pirat stürmte herein, eine halbvolle Flasche schwenkend. Böttchers Gesicht war rot, und er konnte sich nur noch mühsam auf den Beinen halten.
    »Welcher Anfänger fliegt eigentlich diese beschissene Linie!?«, brüllte er.
    »Festhalten!«, rief Finch und kippte die Albatross in eine scharfe Linkskurve.
    Böttcher schrie auf, verlor den Halt, ruderte mit beiden Armen und schleuderte dabei die Rumflasche quer durch das Cockpit, an Finchs Kopf vorbei, direkt in die Cockpitscheibe.
    Splitter sausten durch die Luft wie Schrapnelle. Dann zersprang mit einem ohrenbetäubenden Knall die Scheibe vor dem Piloten in tausend kleine Stücke.
    »Übernehmen Sie!«, schrie Finch.
    »Waaaas?« Fiona saß wie erstarrt auf ihrem Sitz.
    »Das Steuer! Halten Sie es einfach fest!« Er schnallte sich los und riss Böttcher hoch, der sich verwundert umblickte. Die Albatross verlor konstant an Höhe und drohte über die Tragfläche abzuschmieren. Mit einer Hand korrigierte Finch den Kurs, bevor er den alten Mann durch die Cockpittür in den Passagierraum zurückschob. Glücklicherweise kam ihm Georg Gruber zu Hilfe, der Böttcher übernahm und ihn auf seinen Sitz drückte. »Sitzen bleiben, anschnallen«, befahl er und stellte sicher, dass der mit einem Mal nüchterne und blasse alte Mann gehorchte.
    »Rasch, stehen Sie auf, wir wechseln die Plätze!«, forderte Finch im Cockpit Fiona auf, die verzweifelt das Steuerrad umklammerte und sich vergeblich bemühte, die Albatross stabil in der Kurve zu halten. Die Wasseroberfläche auf der einen Seite und die Baumkronen der Insel auf der anderen kamen immer näher.
    Das Wasserflugzeug schlitterte geradezu durch die Luft.
    Der Pilot schnallte Fiona los und versuchte gleichzeitig, durch das intakte Fenster in der Dunkelheit den weiteren Verlauf des Flusses zu erkennen. »Aus dem Weg jetzt, los!«, drängte er und ließ sich keinen Augenblick zu früh auf den Kopilotensitz fallen. Die Bäume am Ufer waren nur noch wenige Meter von den Flügelspitzen entfernt, als Finch die Albatross wieder aufrichtete und leicht am Höhenruder zog. Das Flugzeug schoss mit ohrenbetäubendem Lärm, eine lange Wasserfahne hinter sich herziehend, aus dem schmalen Flussarm auf die weite Wasserfläche hinaus, noch immer bedrohlich tief über den Strudeln.
    »Nehmen Sie die Karte und schalten Sie das Leselicht auf der Pilotenseite ein! Wenn mich nicht alles täuscht, dann liegt die schwierigste Passage direkt vor uns«, rief er Fiona zu.
    Als sie im matten Lichtkegel auf die Karte blickte, sah sie sofort, was Finch gemeint hatte. Der Fluss machte eine Reihe von scheinbar labyrinthischen Wendungen und verengte sich an mehreren Stellen auf weniger als sechzig Meter. Drei Inseln lagen verstreut im Strom.
    »Das würden wir nicht mal am Tag schaffen, geschweige denn in der Dunkelheit«, entschied Fiona. »Wir müssen über Land ausweichen.«
    »Die Engstelle liegt genau zwischen zwei Siedlungen, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Stromleitungen, wohin das Auge schaut. Nicht gut.«
    »Dann müssen wir eben höher fliegen.«
    »Keine Option. Jetzt sind wir vom Radarschirm verschwunden. Wenn wir wieder höher gehen, dann sehen sie uns.« Finch schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen eine kombinierte Taktik anwenden. Teils über Land, teils über Wasser.«
    Fiona blickte geradeaus, direkt auf das weiße Geflecht von Bruchlinien, das die Cockpitscheibe durchzog. »Ich sehe gar nichts von hier aus. Sie werden Ihren Weg alleine finden müssen.«
    »Auf welcher Seite des Rio Negro sollten wir bleiben?«, erkundigte sich Finch.
    »Auf der linken, keine andere Möglichkeit«, antwortete Fiona und zog mit ihrem Finger eine Linie bis zur Engstelle. »In der ersten Kurve liegt eine gebogene Insel, wir wählen den linken Arm. Dann streifen wir zwei Landzungen, und danach sollten wir uns in der Mitte des Flusses halten. Weil es dann verdammt

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