Falsch
und so wichtig wird es schon nicht sein. Wir sind ja bald wieder da …«
11. April 1945,
Grenzübergang Bangs, Vorarlberg/Ostmark
»Hier kommt keiner durch!«
Die uniformierte Grenzwache mit dem umgehängten Karabiner und der Armbinde hob die Hand, als der Magirus vor dem mobilen Stacheldrahtverhau ausrollte und die Druckluft zischend entwich.
»Wenn Sie über die Grenze wollen und die nötigen Papiere haben, dann fahren Sie entweder nach St. Margrethen oder nach Rugell. Hier ist der Übertritt verboten.«
Unbeeindruckt stieg Franz aus und blickte sich um. Die überdachte Holzbrücke über den Rhein war ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Mit ihrer Fahrbahn aus dicken Bohlen und dem Tragwerk aus ungehobelten Stämmen war sie hoffentlich groß genug für den LKW . Obwohl … Franz blickte zweifelnd über die Schulter der Grenzwache und peilte über den Daumen.
Das würde knapp werden.
»Außerdem ist der Lastwagen zu schwer«, winkte der Uniformierte ab. »Also, da entlang geht’s nach Rugell.«
»Vielleicht hat er recht«, murmelte Willi und schaute Paul alarmiert an. »Der Opel war kleiner und leichter.«
»Stimmt, aber wir haben nun mal die Dokumente, und die sagen, wir müssen hier rüber«, antwortete Paul.
Dann stieg er aus, den Umschlag in der Hand.
»Vier Pässe, ein Befehl, wir werden auf der anderen Seite erwartet«, sagte er zu dem Uniformierten, der etwas unsicher zu seinem Kollegen schaute und nicht recht wusste, was er tun sollte.
»Können Sie nicht hören? Hier kommt niemand rüber, das ist kein offizieller Grenzübergang.« Der zweite Beamte der Grenzwache war keineswegs zu Diskussionen aufgelegt. Unwirsch wedelte er mit seiner Hand vor dem Gesicht von Franz herum, der versuchte, einen Blick auf die Schweizer Seite zu erhaschen.
Paul griff in den Umschlag und zog den Marschbefehl Kesselrings heraus. Mit einem »Ich hoffe, Sie können lesen!« reichte er das Blatt den Grenzwachen.
Die beiden Männer ließen sich Zeit und lasen gründlich. Als sie bei »gez. Kesselring« und der Unterschrift angekommen waren, war ihre Sicherheit verflogen. Sie sahen sich unschlüssig an. Dann sagte einer der beiden: »Lassen Sie mal die Pässe sehen!«
Paul reichte ihm die Dokumente.
»Sie reisen in Zivil? Mit einem Wehrmachts- LKW ? Eher ungewöhnlich«, sagte einer der Männer.
»Noch so eine Frage, und ich melde Sie beim Kommandanten der Armeegruppe Süd für einen Spezialeinsatz«, bluffte Willi.
Der Beamte der Grenzwache hob beschwichtigend die Hand. »Schon gut, man fragt ja nur …« Dann schlug er die Seiten mit den Fotos auf. »Wilhelm Klausner, Ernst Böttcher, Paul Hoffmann, Franz Gruber«, las er laut vor. »Vatikanische Diplomatenpässe, hm? Haben Sie ein Visum?«
»Diplomaten brauchen kein Visum für die Einreise in die Schweiz, sonst hätte es General Kesselring beigelegt«, sagte Franz lakonisch. »Und jetzt, nachdem wir alle hier sind, räumen Sie das Gestrüpp hier weg, damit wir über die Brücke können.« Damit wies er auf die Stacheldrahtrollen, die sich vor der Holzbrücke türmten.
»Sie werden im Rhein landen«, meinte einer der beiden Uniformierten mit einem Blick auf die Holzkonstruktion. »Die ist so altersschwach, die kracht schon bei Pferdefuhrwerken, wenn die alle heiligen Jahre drüberfahren. Außerdem haben wir keine Stempel, um die Ausreise zu bestätigen. Hier ist kein …«
»… offizieller Grenzübergang, ich weiß«, beendete Paul den Satz. »Die Schweizer Kollegen auf der anderen Seite sind vielleicht besser ausgerüstet.«
»Sind Sie sicher, dass man Sie einreisen lässt?«, erkundigte sich der Beamte der Grenzwache und reichte die Pässe zurück.
»Wenn nicht, dann sind wir in fünf Minuten wieder hier, was ich nicht hoffe«, murmelte Franz.
»Irgendetwas zu verzollen?«, erkundigte sich der andere Uniformierte routinemäßig.
»Scherzbold«, brummte Paul und gab den anderen drei ein Zeichen. Dann begannen sie gemeinsam mit den beiden Beamten den Stacheldrahtverhau wegzuschieben.
»Fahr los, wir gehen zu Fuß«, winkte Willi und musste über das saure Gesicht von Franz lachen. »Tja, so sparen wir Gewicht im Magirus. Was hast du gedacht? Chauffeur bleibt Chauffeur. Aber warte, bis wir sicher auf der anderen Seite angekommen sind!«
Als die Vorderachse des Magirus auf die Holzbrücke rollte, gab es einen dumpfen Schlag, und eine Erschütterung brachte die gesamte Konstruktion zum Erzittern. Franz hatte den Eindruck, als ob die Brücke plötzlich
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