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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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den ich
eigentlich um alles in der Welt vermeiden wollte, denn ich hatte
die Vorstellung, sie würden, wie die Spinne in ihrem Netz, jede
Berührung des Feldes registrieren.
Ich wartete furchtsam, ob ich einen Alarm ausgelöst hatte.
Nichts dergleichen geschah. Und ich machte erneut
die
Feststellung, dass sie in ihrer grenzenlosen Überheblichkeit ihren
Vorkehrungen derart vertrauten, dass sie eine Kontrolle für
überflüssig hielten. Aus demselben Grunde wohl arbeiteten die
Erdwürmer ohne Wächter.
Ich tauchte ab, versuchte, mit vorgestreckten Händen unter
Wasser die Kuppel zu ertasten, was mir nicht gelang. Erst beim
zweiten Versuch konnte ich feststellen, dass das Feld höchstens
fünfzig Zentimeter tief ins Wasser reichte, nach unten aber
zunehmend wattig wurde, als sei es ein eingeweichtes Brötchen.
Nun untersuchte ich all das bedächtig. Die Kuppel hatte eine
Stärke von etwa einem Meter und setzte sich unter Wasser
tatsächlich nicht fort. Wie mochte es da unter der Erde sein?
Warum, zum Teufel, hatte noch niemand von uns, von den
Experten, einen solchen Gedanken gefasst und das nicht schon
längst untersucht?
Ich tauchte mehrmals hin und her. Am Ergebnis änderte sich
nichts.
Als ich mir sicher war, schwamm ich zurück, zog mich nicht
erst an, sondern rannte vorsichtig zum Wagen und berichtete
Sven mit vor Aufregung zittriger Stimme meine Entdeckung, die
ich für die größte hielt, seit sich die Eindringlinge auf der Erde
aufhielten.
Sven und auch der andere Kamerad zeigten sich begeistert, was
sich jedoch sogleich legte, als ich ihnen meinen
Plan
auseinandersetzte, der mir beim Zurückschwimmen
eingekommen war. Ich verkündete, dass ich zurückkehren und
weiter kundschaften würde.
Das einzige Gegenargument, das mich bedenklich stimmte,
war, dass man mich gerade in jener Kuppel erkennen könnte, da
ich mit vielen Grünen, aber auch Menschen Kontakt gehabt hatte
und schließlich bei jener Hinrichtungsszene von jedermann
gesehen worden war.
Doch mich selbst begeisterte meine Idee so, dass ich die
Vorhaltungen in den Wind schlug, noch einige Instruktionen
gab und Absprachen traf und mich dann anschickte, mein
Vorhaben auszuführen.
„Igor“, sagte Sven leise. „Ich werde bewirken, dass ich dich
hier auf dieser Stelle erwarten kann. Wir machen es
wie
neulich, nimm das…“ Er hielt mir das Sprechfunkgerät hin, ich
nahm es, und einen Augenblick spürte ich ein Würgen in der
Kehle. Ich streckte dem Kameraden die Hand hin und sagte:
„Danke, Sven!“ Dann wandte ich mich schnell ab, verbarg
meine Kleider besser und tauchte in die Kuppel hinein.
Langsam näherte ich mich der Gruppe, tauchte aus dem Wasser,
von niemandem beachtet; in ihnen wirkte das Programm. Ich
nahm einen gefüllten Korb und trug ihn zum Haus. Dabei
versuchte ich unauffällig, mich zu beeilen, weil der vorangehende
Korbträger gerade im Eingang verschwand und ich nicht
Gefahr laufen wollte, schon jetzt aus dem Programm zu fallen
und mich dadurch zu verraten.
Wie die meisten trug ich den Korb auf der Schulter. Mit der
freien Hand ertastete ich die Erde, fuhr mir dann über Gesicht
und Wäsche. Sie sahen alle dreckverkrustet und verwildert aus,
eine vorzügliche Maske.
Meine Angst erwies sich als unbegründet. Mein Vordermann
schritt den Mittelgang geradeaus bis beinahe zum
gegenüberliegenden Eingang. Dort kippte er die Erde ab und
kam zurück. Ich tat es ihm gleich, obwohl hier vielleicht
insgesamt zwanzig Kugeln herumschwirrten.
Links und rechts auf den Hochbeeten standen sie in Reih
und Glied – so gut wie ausgewachsene Kugeln, Hunderte in
diesem Haus. Und an die fünfzig Gewächshäuser waren uns
mittlerweile bekannt geworden…
Ich ging stoisch auf mein Ziel zu und registrierte, dass in
diesem Abschnitt die Kakteen kümmerten. Wahrscheinlich
wechselte man deshalb die Erde aus. Ich gewahrte weiße
Ausblühungen dort, wo noch nicht neu aufgeschüttet worden
war, und glaubte, es sei Überdüngung. Ein Zufall? Ich selbst
hatte genaue Anweisungen erarbeitet, die die richtigen Mengen
vorschrieben. Beinahe wäre ich ärgerlich über eine derartige
Missachtung meiner Tätigkeit geworden.
    Ich schleppte so zwei Tage Erde, ließ mich abends mit abfüttern
und einpferchen. Das kam mir schrecklich vor, und ich hatte
nach dem zweiten Tag den Eindruck, ich sei
genauso
stumpfsinnig wie meine unglücklichen Kameraden. So dreckig
war ich auf alle Fälle, und auf die triste, einseitige Kost stürzte
ich mich

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