Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
bereits genauso gierig wie sie, einen undefinierbaren,
sehr süßen Nährbrei, in dem ich Nudeln, Reis und Kartoffeln
ausmachte.
    Etwas Verwertbares hatte ich noch nicht entdeckt. Ich konnte
mich von der Gruppe nicht entfernen, ohne aufzufallen, hatte
mir also eine Falle gestellt. Nirgends sah ich einzelne Menschen
herumlaufen, und – das hatte ich doch herausgefunden – die
nicht geglockten Gefangenen drüben in der Fabrik wurden nach
wie vor streng bewacht. Sie werkelten an einem
Erweiterungsbau.
    Am dritten Tag wurden wir in das nächste Haus beordert, auch
dort das gleiche Bild. Eine Überdüngung, bei der freilich das
Auswechseln des Bodens das Beste war. Hatte die Technik
versagt, oder sabotierte jemand? Die Antwort auf diese Frage
wäre für mich von ungeheurer Wichtigkeit gewesen.
    Ich blieb bei den Trägern, weil man beim Herumlaufen noch
immer das meiste mitbekam und der Weg nun unmittelbar an
dem dunklen Kasten in der Mitte des Kuppelgrundkreises vorbei
führte.
    Dieses Ding war ein Quader mit quadratischer Grundfläche
von etwa zwei Meter Kantenlänge und nur achtzig Zentimeter
hoch. Obendrauf befand sich eine Halbkugel, übersät mit kleinen
gläsernen Gebilden, die zeitweise wie Diamanten aufflirrten.
    Ich ging an dieser Stelle stets sehr langsam und hatte bald den
Eindruck, es könnten winzige Tripelspiegel sein, optische
Gebilde, die die Eigenschaft besaßen, auftreffende Strahlung auf
die Lichtquelle zurückzuwerfen. Nur, ich konnte keine
Strahlungsquelle entdecken, und wir hätten eine solche bei der
Annäherung an die Kuppeln unbedingt bemerken müssen. Nun,
im Augenblick erschien mir das Wirkungsprinzip nicht die
Hauptsache zu sein. Wie das Gerät außer Gefecht setzen? wurde
in mir zur fixen Frage.
    Am Abend stahl ich mich aus dem Pferch, was keine
Schwierigkeiten machte. Wir kampierten in mit Stroh
ausgelegten leeren Großcontainern, die man mit einer Plane
verhängt hatte. Gleich davor befand sich die Latrine. Es konnte
also nicht sonderlich auffallen, wenn sich dort ab und an ein
Mensch bewegte. Mittlerweile mussten sie unsere Physiologie
wohl kennen und unsere Bedürfnisse.
    Auf dem Bauch liegend, robbte ich zu dem Kasten. Ich
bemerkte weder Wachen noch Sicherheitsvorkehrungen, auf die
ich besonders achtete.
    Nach wie vor bäuchlings, umrundete ich das Gebilde, beklopfte
und betastete es. Eine Luke konnte ich ausmachen, aber keinen
Mechanismus, kein Schloss, keine Klinke zum Öffnen.
    Entgegen zur Vorsicht mahnenden Gedanken richtete
ich
mich auf, beugte mich über die Oberfläche, berührte vorsichtig
die Halbkugel und zuckte zurück. Wie ein Reizstrom teilte es sich
meinen Fingerkuppen mit, schwach und kribbelig, zum Aushalten
also. Ich befühlte erneut die facettenähnlichen kleinen Gebilde.
Wie hartes, kantig geschliffenes Glas fasste sich das an.
    Gedankenversunken strich ich mit der flachen Hand über die
Halbkugel, als ich an Füßen und Kopf zugleich gepackt, mir der
Mund dabei zugehalten und ich von der oberen Fläche unsanft
heruntergerissen wurde.
    „Halt’s Maul, oder du fühlst ein Messer!“, raunte es scharf
direkt an meinem Ohr. Gleichzeitig lockerte sich der Griff um
meinen Mund. Ich schmeckte Salz und Erde.
    Noch bevor sich mein Schreck gelegt hatte, flüsterte dieselbe
Stimme weiter: „Wer bist du, und was suchst du hier?“
Ich schnaufte, spuckte – worauf ich zur Ruhe gemahnt wurde –,
versuchte mich aufzusetzen, was man zögernd
gestattete.
„Augenblick, verdammt!“, stieß ich flüsternd hervor, noch
immer nach Atem ringend.
Es bestand natürlich kein Zweifel, dass Menschen mich gefasst
hatten. Menschen konnten hier eigentlich nur Verbündete sein.
Kollaborateure mit soviel Initiative gab es sicher nicht.
Im Finstern machte ich zwei Gestalten aus. Einer lag noch
immer über meinen Füßen und umklammerte sie, der andere
hatte meinen Oberkörper freigegeben.
„Ihr seid Ochsen“, sagte ich einigermaßen beruhigt.
„Halt’s Maul“, wiederholte der an den Füßen. „Woher kommst
du?“
„Von draußen.“
Ich hatte den Eindruck, als löste meine Antwort Erstaunen
aus, was sich in der folgenden Bemerkung ausdrückte, diesmal
von dem an meinem Kopfende. „Du lügst.“
Ich schüttelte den Kopf, wurde ärgerlich. „Blödian“, sagte
ich, setzte dann aber sachlich hinzu: „Ich bin Igor Walrot, zur
Zeit stationiert bei den Truppen, die die Schiffe der Gegner
umkreist haben, und ich habe mich vor drei Tagen

Weitere Kostenlose Bücher