Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:

unübersichtlicher zu machen, wurden in den nächsten Tagen die
Truppen konzentriert. Wir gaben die lange Frontlinie auf und
zogen uns in Richtung Inari zusammen.
    Am Abend des dritten Vormarschtages rückte unsere
gespenstische Siegerarmee in Inari ein, ohne den geringsten
Widerstand. Nicht einen Schweber oder Diskus hatten wir
gesehen. Vertrauten sie so auf ihre Schutzglocken, dass sie nicht
einmal kundschafteten?
    Ich hatte deshalb den Eindruck einer Gespensterarmee, weil die
Soldaten mit verschlossenen Gesichtern ohne Jubel den Erfolg
hinnahmen. Jeder spürte, dass es keinen Erfolg gab, dass der
Gegner das Heft in der Hand hielt, dass dieses kein Krieg war,
in dem es um ein Stück mehr oder weniger fruchtbaren Boden
ging. Es war überhaupt kein Krieg oder der übelste, den die
Menschen je auszufechten hatten.
    Angesichts der haushoch überlegenen Technik der Gegner,
abgeleitet aus diesen übermächtigen Kuppeln, griff lähmende
Furcht um sich. Jeder spürte das Katz-und-Maus-Spiel, das mit
uns getrieben wurde, und jeder befürchtete, die Mehrheit der
Offiziere eingeschlossen, dass der Gegner jederzeit
irgendwoher zuschlagen konnte mit Mitteln, denen nicht zu
widerstehen war. Auch in meiner nächsten Umgebung halfen
meine Erzählungen nichts, in denen ich die gegnerischen
Schwachpunkte, die ich kennen gelernt hatte, gebührend heraus
strich. Man hatte ein müdes Lächeln dafür und erinnerte mich an
die Schutzkuppeln und daran, dass die Eindringlinge wohl nun
auch gelernt hätten. Ich solle doch mit meinen Katjuschas nun
vorführen, wie man Schweber abschießt…
    In Inari stießen einige Menschen zu uns, sogar Familien mit
Kindern, die sich bislang verborgen gehalten hatten. Sie sagten
aus, dass sie von einer Besatzungsmacht nicht das Geringste
gespürt, nur ab und an eines dieser fremdartigen Flugzeuge
gesehen hätten. Einmal sei eines auf dem Markt gelandet. Ein
Mensch sei mit einer grünen Kugel ausgestiegen und habe
geplündert. Pfui Teufel, dass sich stets Verräter und
Kollaborateure einfänden…
    Wir gewährten diesen Menschen Hilfe und schickten sie ins
Hinterland, wobei in diesem seltsamen Krieg niemand zu sagen
vermochte, was darunter zu verstehen war. Not gelitten hatten
die Menschen jedoch nicht. Nachts hatten sie aus den
Magazinen geholt, was sie brauchten. Nach wie
vor
funktionierten die Kommunikationsmittel und die
Stromversorgung. Zu telefonieren aber hatten sie sich nicht
getraut, aus Furcht, sie könnten sich verraten…
    Dass ich der „Plünderer“ war, verschwieg ich tunlichst. Meine
Hoffnung, von ihnen etwas zu erfahren, was weiteren Aufschluss
gab, erfüllte sich nicht, da sie nichts weiter gesehen und auch –
solange es ihnen gut ging – nicht das Bedürfnis gehabt hatten,
etwas zu riskieren.
    Wir umstellten in einem geschlossenen Kreis von nahezu zehn
Kilometer Durchmesser die Basis der Fremdlinge, ohne von
ihnen auf den so genannten Vormarsch noch einmal etwas zu
Gesicht bekommen zu haben. Mehrere
Gewächshausstützpunkte hatte ich dabei passiert. Alle befanden
sich in einem vergleichbaren Zustand, gesäumt von Materialien
des Artilleriebeschusses und – von Flugzeugtrümmern. Das war
eine traurige Bilanz.
    Wir gruben uns in unserem Ring ein, hatten sozusagen eine
neue Ausgangsbasis erreicht, und das Befestigen gab scheinbar
Sicherheit. Wir schafften Kriegsmaterial herbei, bald strotzte der
Ring von Waffen aller Art. Würden alle Geschosse die
Raumflotte der Fremden erreichen, gäbe es ein Inferno – für den
Gegner aber vielleicht nur ein Schauspiel, eine Art Feuerwerk,
aus dem Innern der Kuppel heraus zu genießen. Denn
selbstverständlich befanden sich auch die Schiffe innerhalb
einer solchen.
    Oft musste ich daran denken, was wohl geschähe, wenn sie
einfach partiell ihre Kuppel vorrückten, Teile unserer Armee
einschlössen und in aller Ruhe abschlachteten. Offenbar
kalkulierte niemand von uns eine solche Möglichkeit ein – oder er
wollte sie nicht sehen. Was, zum Teufel, hätte man aber anders
machen sollen, was nicht gleichbedeutend mit einer Kapitulation
war.
    Auch die ehemalige Basis hatten wir „befreit“. Ich machte
mit Sven einen Ausflug dorthin, der uns mit noch einem Mann
gestattet worden war.
    Äußerlich unterschied sich dieser Stützpunkt von den anderen
in keiner Weise, nur dort, wo die Kuppel den Wald durchschnitt,
gab es eine Ansammlung verbrannten Geästs, eine hier und da
noch schwelende Feuerstätte
– und deutlich

Weitere Kostenlose Bücher