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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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ersten
Schlacht, von der Hauptstraße ab und erreichten nach vierzig
Kilometern wieder den Ivaljoki. Von einem Ort war ebenso wenig
etwas zu sehen wie von einer Armee, nicht einen Menschen
trafen wir, seit wir die Hauptstraße verlassen hatten.
Durch das Fernglas konnte man am anderen Ufer die Giebel
einiger Häuser ausmachen, später sahen wir auch das Fährseil,
das vor kurzem vielleicht noch den Kahn gezogen haben
mochte, der die Verbindung zum Ort hergestellt hatte. In dem
Augenblick, als wir den Fluss erreichten, hätten tausend Mann
ihn überschreiten können, ohne dass irgend jemand in der
angeblichen Verteidigungslinie überhaupt darauf aufmerksam
geworden wäre.
Als wir noch beratschlagten, ob wir flussauf- oder flussabwärts
suchen sollten, fiel in südlicher Richtung ein Schuss. Im
ziemlich dichten Wald mussten wir eine Weile suchen, bis uns ein
Holzfällerweg in die gewünschte Richtung zu bringen versprach.
Wir empfanden es als Glück, diesen Jeep zu besitzen, denn mit
einem Personenwagen wären wir sicher hoffnungslos stecken
geblieben.
Nach einer Viertelstunde trafen wir auf einen stämmigen
Soldaten, der ein junges Rentier um den Nacken trug. Er trat zur
Seite, um uns vorbeizulassen.
Wir hielten, ich sprang vom Wagen, fragte nach der
einundzwanzigsten Kompanie. Der Mann sagte: „Hallo!“, wies
mit der rechten Hand weiter in den Wald hinein: „Noch einen
Kilometer“.
Als ich ihn fragte, ob er mitkommen wolle, winkte er ab. „Ich
habe hier Wache.“
Eine merkwürdige Auffassung von Wache! Ich wäre beinahe
aufgebraust. Schießt verbotenerweise ein Rentier, hat die
Absicht, sich weiterhin damit zu befassen, und fragt uns nicht
einmal nach Legitimationen oder wenigstens nach dem Begehr.
Doch dann sagte ich mir, was eigentlich ist zu befürchten von
dieser Seite der Front, also was brächte übertriebene Vorsicht?
Dann aber dachte ich an die Schweber, die seit Tagen im
Hinterland operierten. In barschem Ton machte ich den Mann
darauf aufmerksam.
Sehr glaubwürdig versicherte uns der Verdutzte, dass
ihm
derartiges aus diesem Frontabschnitt nicht bekannt sei.
Ich lenkte ein, fragte nach Mehnert, dem Offizier, der uns vor
meiner Reise befehligte, und erfuhr, dass sich in meiner
Abwesenheit, auch im Zusammenhang mit der
Frontbegradigung, einiges geändert hätte. Der neue hieß
Kärleinen und sei ein Einheimischer, was ich mir bei diesem
Namen ohnehin hätte denken können.
Ob es während des Rückzugs Verluste gegeben habe?
Ja, man habe davon gesprochen, aber Genaueres wisse er
ebenso wenig wie etwas über den Verbleib meiner Freunde. Er
sei erst vor einer Woche zur Einheit gestoßen.
Ich verstieg mich soweit, dem Mann eine Beschreibung von
Dagmar zu geben, aber er meinte, eine solche Frau sei ihm nicht
aufgefallen.
Wir gingen den letzten Kilometer an, ich ein wenig unsicher.
So viele Frauen gab es unmittelbar an der Front nicht. Mir als
jungem Mann wäre nach einer Woche eine Dagmar aufgefallen.
Der Weg wurde zunehmend schwieriger, wies tiefe
Reifenspuren von schweren Fahrzeugen auf. Einige Mal
drohte selbst unser hochbeiniger Jeep aufzusetzen.
Bis zum Standort des Bataillons konnte es nicht mehr weit
sein, als wir auf einen stecken gebliebenen Werfer stießen, um
den sich eine Gruppe Soldaten mühte.
Sven stoppte.
Ich sprang aus den Wagen und umarmte stürmisch Hugh,
den ich in der Gruppe erkannt hatte.
Hugh stutzte, hielt mich überrascht auf Distanz, rief dann:
„Igor, Mensch, wo kommst du plötzlich her?“ Dann ließ er mich
los, dass ich taumelte, drehte sich halb zu seinen Gefährten und
rief: „Jungs, das ist der von uns, der mit den Werfern diese
Dinger abschießt!“ Und er packte mich abermals, andere folgten
seinem Beispiel, und auf den Schultern schleppten sie mich auf
die Lichtung.
Mittlerweile hatten sich mehr Kameraden eingefunden, der Pulk
wurde immer größer. Vor einer kleinen Gruppe von Offizieren
hielten sie, stellten mich auf die Beine, und Hugh meldete: „Er ist
heimgekehrt, unser Igor.“
Ich machte eine ordentliche Meldung. Hugh – neben mir –
pfiff durch die Zähne, als ich meinen Dienstgrad nannte. „…
ich gehöre zum Bataillon – Sven…“, ich hatte den Zunamen
vergessen, „nunmehr auch.“
„Ruht euch aus“, ordnete Kärleinen an. „Ihr informiert mich in
zwei Stunden.“ Er machte eine Pause. „Danke, das
war
großartig.“ Und zögernd setzte er hinzu. „Laut Schulung… Wir
dachten, die Werfer seien eine Fernwaffe –

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