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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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eine größere Anzahl von Menschen,
Soldaten und Zivilisten, gefangen gesetzt und verschleppt hatte,
in ähnlichen Aktionen, wie wir sie mit dem Bus erlebt und
vereitelt hatten. Im Normalfall aber hatten die Menschen dem
nichts entgegenzusetzen. Was mit den Verschleppten geschah,
wusste niemand. Keiner wurde je wieder gesehen. Man konnte es
sich aber vorstellen… Die Wüteriche benötigten offenbar
Sklaven. Eine andere Version gab es für mich nicht.
Der Standort meiner Einheit ließ sich nicht ermitteln.
Das Durcheinander war erheblich, ein einheitliches Kommando
bestand nur nominell, es gab keine ausreichende
Kommunikation zwischen den einzelnen Frontabschnitten, es
geschahen Fehlleitungen, Missverständnisse.
Und hätten diese ihren Vormarsch nicht von selber
unterbrochen, es wäre wohl nie zum Aufbau einer solchen Linie
gekommen. Noch jetzt hielt ich sie für äußerst instabil.
Allerdings, ließen die Usurpatoren uns ein paar Tage Zeit und
änderten ihre Taktik nicht, konnte man mit den Werfern allerlei
gegen sie ausrichten. Man müsste die Batterien tief staffeln. Ich
überschlug: man müsste Tausende von Werfern haben für die
gesamte Front, um diese lückenlos zu machen. Tausende hatte
die Menschheit nicht. Es gäbe noch eine Reihe anderer Waffen,
beteuerten die Kameraden aus dem Stab, richtige Kanonen,
Flakgeschütze, sogar schon einen Panzertyp aus einer eben
angelaufenen Produktion, das Zusammengestoppelte also wurde
abgelöst. Einen Augenblick dachte ich mit Bedauern an meinen
T34, den ich von dem Denkmalsockel geholt hatte. Und ich
nahm mir vor, gab es ihn noch, er sollte dort wieder hin.
An einer riesigen Landkarte kreisten wir den Abschnitt der
Front ein, der mein Ziel sein konnte. Die Offiziere unterstützten
mich bei meiner Suche nach den Meinen sehr, kaum einer von
ihnen hatte meine Fronterfahrung, und auch sie sahen in mir so
eine Art Held.
Dann verabschiedete ich mich, großzügig stellte man mir
einen grell bemalten Jeep zur Verfügung, den sie herrenlos
aufgefunden hatten. Als ich dabei war, das Fahrzeug in Gang zu
setzen, was nicht auf Anhieb gelang, wurde ich
plötzlich
angesprochen. „Lass mich mal…“
Ich sah auf. Sven, der Ringer, beugte sich in den Wagen.
„Hallo! – Er wollte schon zweimal…“ Ich sah auf.
„Geht’s zu deinen Leuten?“
Ich schaute Sven an, nickte. Er hatte etwas auf dem Herzen.
„Würde es dir was ausmachen, mich mitzunehmen?“
Überrascht, zögerte ich mit der Antwort. Aufrichtig antwortete
ich: „Gern, Sven. Aber ich fürchte, einfach ist das nicht. Du
gehörst zu deiner Einheit.“
„Bah! Hier müssen so viele Versprengte wieder eingegliedert
werden, und täglich kommen neue ohne Spezialausbildung…“ Er
lächelte und sah mich treuherzig an. „Die fressen dir doch alle
aus der Hand. Wenn du mich mitnehmen willst, schaffst du das
auch.“
„Und warum möchtest du?“
Sven druckste. „Du machst was los.“
Ich lachte. Doch dann sagte ich: „Was glaubst du, was für
Angst ich geschwitzt habe!“
Er winkte ab. „Trotzdem!“ Er blickte zur Seite. „Ich kann
Duckmäuser nicht leiden. Du bist keiner.“
Ich sah mir diesen Sven genauer an. Er hatte ein rundes, ein
wenig pausbäckiges Gesicht. Seine Mütze drehte er in der Hand,
seine Halbglatze reflektierte das Licht und machte ihn älter.
Ich zählte ihn zu meinem Jahrgang. „Na gut“, sagte ich und
legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich probier’s. Versuch du
unterdessen, den Papagei hier in Gang zu setzen.“ Ich ging
zurück ins Haus, und es dauerte in der Tat keine Viertelstunde,
bis mir meine Bitte, Sven mit mir zu nehmen, erfüllt wurde.
Als ich wieder zum Wagen trat, saß er bereits am Steuer und
lachte mir entgegen, hieb mit der flachen Hand aufs Lenkrad,
mich aufmerksam machend, dass der Motor lief.
„Hol deine Klamotten“, rief ich.
Er deutete mit dem Daumen hinter sich in den Fond. Offenbar
war er sich seiner Sache sehr sicher gewesen.
Die Einheit sollte bei Kuttura liegen, Luftlinie etwa fünfzig
Kilometer südwestlich von Ivalo. Vor dem Überfall konnte man
den kleinen Ort mit einer zweistündigen Bootsfahrt auf dem
Ivalojoki erreichen. Uns wurde dringend von dieser Route
abgeraten, da die Fremdlinge das Nordufer des
Flusses
beherrschten und angeblich da und dort bereits gesichtet
wurden. Wir fuhren also mit dem Papageienjeep die Straße, die
wir gekommen waren, zurück, bogen jedoch südlich von
Laamla, nur noch wenige Kilometer vom Schauplatz der

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