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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Anderes
ergab sich dort unten nicht. Sie bauten ein Treibhaus größten
Ausmaßes und würden damit sicher eine Weile zu schaffen
haben, obgleich vorgefertigte Gerüstteile stapelweise
herumstanden und wahrscheinlich nichtirdischer
Produktion
waren.
Je länger ich lag und schaute, desto mehr machte ich mir
Gedanken, was das sollte. Die Erde in diesen Breiten Finnlands
hatte sicherlich eine sehr niedrige Bodenwertzahl. Nun, das
konnte man künstlich verändern und die Wachstumsbedingungen
auch. Das Nächstliegende war natürlich, sie benötigten solche
Anlagen für die Produktion von Nahrung. So hoch entwickelt sie
auch sein mochten – wenn man überhaupt, so wie sie sich gaben,
von einer hohen Entwicklung sprechen durfte
–, der
Organismus musste regeneriert werden. Nur schien mir nicht
einleuchtend, dass sie, die eine ammoniakdurchsetzte
Atmosphäre benötigten, Pflanzen züchteten, die auf Sauerstoff
angewiesen waren. Nun, man würde sehen… In mir reifte der
Plan, das Ganze aus nächster Nähe zu betrachten. Wo anders als
in einem solchen Stützpunkt der Eindringlinge konnte man mehr
über sie erfahren! Stapel unbekannter Materialien, Behälter, eine
Anzahl merkwürdiger Maschinen deuteten zweifelsfrei darauf
hin, dass sie mit dem Aufbau der Station gerade begonnen hatten.
Erregung packte mich, als ein Schweber mit einem Kleinbus
eintraf, in dem sich sechs Menschen befanden. Sie setzten ihn
ab, drei Kugeln zwangen die Leute heraus, vier von ihnen –
darunter zwei Frauen – in das Gebäude hinein, zwei zu der
Montagegruppe. Wenig später sah ich auch die vier bei den
Erdarbeitern mit den gleichen stumpfen Gesichtern. Die zwei
anderen waren schnell eingereiht und packten beim Zeltbau zu.
Bebende Wut hatte mich erfasst. Ich blickte hinüber zu Sven,
dem Neuling. Im Profil konnte ich ihn sehen und eine Hand.
Diese Hand hatte sich in einem Grasbüschel verkrampft, durch
das Fernglas erkannte ich die vor Kraftanstrengung weißen
Finger. Sven blickte starr hinunter in ohnmächtigem Hass. Ich
fühlte mich veranlasst, ihm einige beruhigende Sätze zu sagen.
Seine Reaktion blieb aus. Ich weiß nicht, ob er die leise
gesprochenen Worte aus seinem Gerät überhaupt vernommen
hatte.
Da kroch ich zu ihm, tippte ihn an, bedeutete ihm, mir in eine
Kuhle unterhalb der Bodenwelle zu folgen. Wir krochen in ein
dichtes Brombeergestrüpp. Es galt abzusprechen, wie wir
vorgehen wollten, und das schien mir im direkten Kontakt nun
doch sicherer als über Funk. Außerdem dachte ich, dass mich
Sven in diesem Augenblick benötigte.
    Wir hatten uns geeinigt, noch eine Nacht und einen Tag lang
zu beobachten, Gewohnheiten zu erspähen, herauszubekommen,
nach welchem Rhythmus dort unten gearbeitet wurde, um die
eigenen Aktivitäten danach richten zu können.
    Nach unserem Gespräch, in dem wir auch
– sehr zum
Leidwesen Svens – festgelegt hatten, dass ich nach vorn gehen
und er weiter im Verborgenen absichern würde, ereignete
sich bis gegen sechzehn Uhr nichts, außer dass erneut ein
Transport von zwölf Leuten eintraf, von denen drei in die
Zeltbaugruppe kamen.
    Dann sonderte eine Kugel drei Männer von dieser Gruppe ab
und führte sie abseits – sogar ein Stück gegen uns, sodass ich
bereits erwog, mich zurückzuziehen. Aber sie hatten zwei Rinder
zum Ziel, die sie kurzerhand niederstreckten. Unter Aufsicht der
grünen Kugel schnitten sie Fleischstücke aus den Tierleibern,
lagerten sie in leere Erdkästen, die dann von einer Trägerkolonne
in eines der flachen Gebäude transportiert wurden. Man sorgte
also, wenn auch auf eine äußerst barbarische Art, für die
Verpflegung der Leute, denn eine Stunde nach dem die Tiere
zerlegt waren, glaubte ich einen Brühduft zu verspüren, der den
Hang hinaufzog und mich nach einer Konzentrattablette greifen
ließ, weil sich heftiger Appetit einstellte.
    Noch vor Eintritt der Dunkelheit wurden die Arbeiten
eingestellt und die Menschen gruppenweise in die Gebäude
„geleitet“. Sicher ging ich in der Annahme nicht fehl, dass es die
ehemaligen Rinderställe waren, die jetzt den Gefangenen als
Unterkunft dienten.
    Die kurze Polarnacht wurde mir lang und brachte keine neuen
Erkenntnisse, sodass ich beinahe bedauerte, noch einen Tag auf
Beobachtungsposten bleiben zu müssen. Am liebsten hätte ich
diese Nacht bereits gehandelt – allerdings gestand ich mir ein,
dass ich längst nicht genau genug wusste, wie. Klar war mir,
dass ich mich unter die Menschen dort unten

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