Falsche Geliebte, richtiger Mann? / Eine Spur von Leidenschaft / Liebesnacht vorm Hochzeitstag
schlichen Patience und Cade auf Zehen zurück ins B&B. Vollkommen erschöpft sanken sie ins Bett. Der Sex unter dem Wasserfall – und dann noch einmal unter freiem Himmel auf der Ladefläche seines Trucks – hatte ihnen die letzte Kraft geraubt.
Patience kuschelte sich an ihn. Bei Cade fühlte sie sich geborgen und sicher wie noch nie in ihrem Leben. Zum ersten Mal verstand sie, wieso Menschen feste Beziehungen eingingen.
Cade schlang einen Arm um sie, und sie seufzte wohlig auf. Dieser Mann ließ sie all ihre Grundsätze vergessen. Die heutige Nacht war die schönste und romantischste ihres Lebens gewesen.
Wenn er sie beim Sex ansah, erkannte sie, dass seine Gefühle für sie genauso tief reichten wie ihre. Fast hatte sie den Eindruck, er habe ihr mit dieser gemeinsamen Nacht zeigen wollen, dass sie zueinander gehörten.
„Du gehörst mir“, hatte er ihr nach dem unglaublichen Sex im See ins Ohr geflüstert, und ihr war ganz warm geworden. Dieser kleine besitzergreifende Satz stärkte ihr Selbstbewusstsein enorm.
Und es machte sie glücklich, dass sie ihn so sehr erregte. Andererseits machte es ihr Angst, wie schnell sich alles entwickelte. Aus ihrem Freundeskreis wusste sie, dass Leidenschaft umso schneller erlosch, je heißer sie geglüht hatte.
Dann musste sie wieder an den Fall denken, den sie gerade bearbeitete, und unwillkürlich riss sie die Augen auf. Cade ließ sie alles vergessen, worauf sie sich konzentrieren musste. Auch so etwas war ihr noch nie zuvor passiert.
Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie an den Tatort zurückmusste. Den Ring hatte sie ein paar Meter von dem flachen Grab mit den Knochen entfernt gefunden. Vielleicht hatte Joseph ihn beim Kampf verloren, ohne dass der Mörder es bemerkt hatte. Das war eigentlich die einzig mögliche Erklärung, denn sonst hätte Josephs Mörder den Ring mit seinem Opfer zusammen verscharrt.
Allerdings hatte der Ring jetzt so lange im Freien gelegen, dass wahrscheinlich keine Fingerabdrücke mehr darauf zu finden waren. Dennoch, es musste noch mehr Spuren geben. Wenn ein Kampf stattgefunden hatte, dann eher dort, wo der Ring gelegen hatte. Sie musste dort noch einmal suchen, beschloss sie.
Sie wartete, bis sie an Cades Atmen erkannte, dass er tief schlief. Behutsam hob sie seinen Arm an und schob ein Kissen darunter. Schnell ging sie ins Bad, putzte sich die Zähne, kämmte sich und zog sich eine saubere Bluse, Jeans und Stiefel an.
Mit Schlüssel und Handtasche verließ sie das Zimmer.
Wenn sie Hinweise auf einen Kampf fand, konnte sie das dem Sheriff mitteilen und vielleicht gemeinsam mit ihm den Fall aufklären. Aber was geschah dann? Würde die Verbindung zu Cade halten, auch wenn sie räumlich wieder getrennt waren? Noch nie im Leben hatte sie sich so nach einem Menschen gesehnt wie nach ihm.
„Das macht mir alles wirklich Angst“, sagte sie leise zu sich selbst, als sie im Auto saß und den Motor anließ.
Ihr graute davor, sich von Cade verabschieden zu müssen.
Eingehend suchte Patience die Umgebung der Baumreihe ab, die etwa zehn Meter von der Stelle entfernt stand, an der Joseph Randall verscharrt worden war. Die zersplitterten Knochen seines Brustkorbs waren ein Indiz dafür, dass der Mörder ihm den Lauf der Waffe direkt auf die Brust gedrückt hatte.
Hatte sich der Schuss während des Kampfs aus Versehen gelöst? Diesen Gedanken trug Patience in das Notizbuch ein, das sie bei sich trug.
Langsam entfernte sie sich von ihrem Auto, dass sie etwas abseits auf festem Boden hinter der Baumgruppe abgestellt hatte, bis sie zu der Stelle kam, an der sie auf die Schlange gestoßen war.
Mit einem langen Stock stocherte sie im Gestrüpp unter den Bäumen, bevor sie sich näherte. Sie wollte nicht noch mehr Reptilien oder andere Tiere erschrecken, die dort Unterschlupf gesucht hatten.
Da fiel ihr an einem der Bäume in Schulterhöhe eine Einkerbung auf. Im Lauf der Zeit hatten die Ränder dieser Einkerbung sich abgerundet, und es gab viele mögliche Gründe für diese Kerbe. Aber für Patience sah es aus, als habe jemand sein Gewehr nicht richtig auf der Schulter abgestützt, sodass die Waffe durch den Rückstoß beim Schuss mit dem Kolben gegen den Baum geprallt war.
Vorsichtig kratzte Patience ein bisschen von der Rinde ab und steckte sie in einen ihrer Plastikbeutel. Nach all den Jahren gab es kaum Hoffnung auf Spuren, aber möglich war alles.
Sie ging in die Hocke und verstaute den Beutel im Beweismittelkoffer. Für sie stand so gut wie
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