Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
ein bisschen zu sehr auf Hochtouren gelaufen die letzte Zeit‹, war eine mehr als zutreffende Äußerung.
    Sie hatte einen häufig wiederkehrenden Alptraum. Sie konnte ihn mit niemandem teilen. Nicht mit ihrem Chef, dem Partylöwen Kommissar Ragnar Hellberg, nicht mit ihrem Mentor, dem ewig laufenden Ludvig Johnsson, nicht einmal mit ihrem neuen Kollegen, mit dem sie so guten Kontakt bekommen hatte, dem Teddybären Gunnar Nyberg.
    Nein, sie konnte ihn nicht teilen.
    Es war einfach unmöglich.
    Es ist Nacht. Eine Frau liegt in einem schwachbeleuchteten Krankensaal. Sie ist allein. Ihr Gesicht ist im Dunkeln. Nur ihr großer Bauch ist beleuchtet, als glühte er von innen heraus, mit einem ganz eigenen Licht. Sie kann fast sehen, wie es sich darin bewegt, sie meint, das Leben an sich zu sehen. Das Heilige im Leben. Sie streicht sich vorsichtig über den Bauch. Plötzlich leuchtet er nicht mehr. Die spröde Flamme des Lebens erlischt. Ein Schatten fällt über sie. Gleichzeitig kommt eine lang anhaltende Wehe. Sie versucht zu schreien, doch sie kann nicht. Sie hat keine Stimme. Nur den Schatten, der sich materialisiert und Mann wird, Geschlecht wird. Und die Wehen werden stärker, werden zu einem einzigen langen Krampf. Und gleichzeitig, genau gleichzeitig, dringt der Schatten in sie ein. Sie wird vergewaltigt, während sie gebiert. Und nur das reicht aus, um mehrmals zu sterben, immer von neuem. Doch es ist nicht genug. Die nächste Einsicht ist schlimmer. Er hat es nicht auf sie abgesehen. Sie ist nur ein Instrument, ein Hindernis auf dem Weg, das durchdrungen werden muss. Und da, genau in dem Augenblick, in dem sein Geschlecht das Kind erreicht, genau in dem Augenblick, als er ein zweites Mal penetrieren will, da stirbt sie. . In diesem Moment wacht sie auf. Im Todesaugenblick.
    Sie schloss die Augen.
    Wo verläuft die Grenze zum Wahnsinn?
    Wenn man tatsächlich zuviel gesehen hat?
    Sie war noch keine dreißig und hatte alles gesehen.
    Eine bereits ziemlich brüchige Beziehung war sofort erloschen, als sie befördert und von Ludvig Johnsson in die Pädophilenjägergruppe geholt wurde. Seitdem war das Thema ›Beziehung‹ nicht aktuell gewesen. Sie wusste nicht, ob sie den Glauben an diese Art von Zärtlichkeit noch besaß. Sie lebte allein. Wollte allein leben.
    Eine Weile stand sie am Fenster und blickte hinunter auf die Surbrunnsgata. Im Haus gegenüber gingen die ersten Lichter an. Eine Privatsphäre nach der anderen wurde entblößt. Sara Svenhagen wollte sie nicht sehen.
    Sie kehrte an ihren Computer zurück, sah im Vorübergehen den kleinen Jungen sich im Bildschirm spiegeln, ging vom Intranet ins Internet und klickte auf ›Favoriten‹.
    In dem Sammelordner mit dem jovialen Namen ›Favoriten‹ lagen die Adressen Hunderter von Kinderporno-Websites, eine schlimmer als die andere.
    Sie schaute auf die Uhr. Noch zwei Minuten und zwölf Sekunden.
    Wenn es stimmte. Wenn sie wirklich den Code geknackt hatte.
    Es war eine schwedische Website. Durch die japanische Polizei war sie auf deren Existenz aufmerksam gemacht worden. Sie offenbarte sich einmal in zwei Wochen für zehn Sekunden, um sogleich spurlos zu verschwinden. Kein Polizist hatte sie jemals fangen können. Alls deutete darauf hin, dass sie ein Adressbuch enthielt, Adressen eines großen internationalen Netzwerks, in dem alle Fotos aneinander schickten. Falls alles stimmte, würde sich also auf dieser Website, die am Donnerstag, dem 24. Juni, um neunzehn Uhr, sechsunddreißig Minuten und sieben Sekunden auftauchen sollte, eine ziemlich umfangreiche Adressenliste offenbaren. In einer Minute und achtundvierzig Sekunden. Ein Klicken auf eine unterstrichene Zeile, die sich höchstens fünfzehn Sekunden zeigen würde, und die gesamte Liste würde heruntergeladen.
    Der rätselhafte Code wurde im Verlauf einer Razzia bei einem Pädophilen in Nässjö gefunden. Er war auf ihrem Tisch gelandet, weil er für unknackbar gehalten wurde; sie hatte noch nicht Party-Kommissar Hellbergs volles Vertrauen. Party-Ragges. Also arbeitete sie viel im geheimen. Ließ sich nie Überstunden anschreiben. Verschoss unglaublich viel Pulver, um den Code zu knacken. Und plötzlich hatte sie es geschafft. Glaubte sie. Hoffte sie jedenfalls. Es war ein ziemlich einfacher Code. Fand man den Schlüssel, öffnete sich die Tür sperrangelweit. Und aus dem rätselhaften Nässjö-Code krochen eine Internetadresse und eine Uhrzeit hervor.
    Nicht einmal Johnsson und Nyberg wussten, was sie

Weitere Kostenlose Bücher