Falsche Väter - Kriminalroman
sie in
ihrer panischen Angst den Karton vollgeschissen.
Na ja, sagte sich Peters, als er das Tier am Schwanz packte. Jetzt
muss Anneliese diesen Dreck wenigstens nicht fressen.
Wie alle Menschen, die ein Tier halten, das andere Tiere frisst, war
Peters ziemlich gnadenlos. Er hatte kein Mitleid mit der Maus, als er sie in
das Terrarium setzte. Anneliese blieb ruhig. Sie schien zu schlafen, aber
Peters wusste, dass sie hellwach war. Und die Maus wusste es natürlich auch.
Sie flüchtete in eine Ecke und drückte sich an die Glasscheibe. Peters hörte
ihre leisen, ängstlichen Piepser.
Er saß seelenruhig vor der Glasscheibe und beobachtete, was weiter
geschah. Er dachte nichts. Er fühlte nichts. Er sah einfach nur zu. Anneliese
war sich ihrer Sache sicher und ließ sich Zeit. Die Maus putzte aufgeregt ihre
langen Barthaare. Dann schellte das Telefon. Die Maus machte einen Sprung, die
Glaswand hinauf. Anneliese hörte das Telefon nicht. Sie spürte nur die
plötzliche Bewegung der Maus. Ihre Schwanzspitze zuckte, und Peters ärgerte
sich über die Störung.
»Ich habe die Kontoauszüge von Hubert Moelderings genauer
durchgesehen«, sagte Mareike. »Ich bin dabei auf einige sehr interessante
Details gestoßen. Außerdem gibt es neue Informationen.«
»Anneliese hat noch nicht zu Ende gefrühstückt«, sagte Peters.
»Anneliese?«, fragte Mareike erstaunt. »Von der hast du ja noch gar
nichts erzählt!«
»Ich rede nicht gern über Privates«, sagte Peters. »Das führt in der
Regel nur zu Dissonanzen und Missverständnissen.«
»Wie lange wollt ihr denn noch frühstücken?«, fragte Mareike.
»Ich bin längst fertig«, sagte Peters. »Aber Anneliese meint, sie
hätte alle Zeit der Welt.«
»Könnte sie nicht allein zu Ende frühstücken? Du wirst hier dringend
gebraucht!«
»Schon gut«, sagte Peters. »Ich mach mich auf die Socken.«
»War Anneliese sehr böse wegen der Störung?«, fragte Mareike, als
Peters wenig später im Kellerverlies auftauchte.
»Ach wo! Sie kommt ganz gut allein zurecht. Manchmal habe ich sogar
das Gefühl, dass sie lieber frühstückt, wenn ich nicht dabei bin. Was hast du
herausgefunden?«
»Pass auf«, sagte Mareike und griff in einen Wust von Papieren.
»Ich pass meistens auf«, brummte Peters.
»Also. Neben den Zahlungseingängen von Leuten, die Pensionspferde
auf seinem Reiterhof untergebracht haben, hat Moelderings regelmäßig Geld von
folgenden drei Personen erhalten: Johannes Winkens, Theo Grossmann und einem
gewissen Thomas Schelling. Moelderings hat die Summe auf zweitausend Euro
aufgestockt und das Geld weitergeleitet.«
»Schieß schon los«, sagte Petes. »Wer ist der Empfänger?«
»Sonja Lechtenberg«, sagte Mareike. »Das Geld war allerdings für
Anna bestimmt. Jedenfalls besagt das der Zusatz auf den Kontoauszügen.«
»Moelderings und die drei anderen haben Sonja Lechtenberg insgesamt
zweitausend Euro im Monat für Anna überwiesen? Wie lange machen die das schon?«
»Schon lange. Die Bank konnte nur Auskünfte über die letzten zehn
Jahre geben. So lange hat Moelderings das Geld jedenfalls überwiesen. Und dann,
im letzten August, hat er den Dauerauftrag plötzlich gekündigt.«
»Warum?«, fragte Peters.
»Weil er zahlungsunfähig war. Er muss allein für die Pacht
sechstausend Euro an seine Exfrau abdrücken. Hinzu kommen die laufenden
Ausgaben für Futtermittel und so weiter. Seinen seltsamen Stallknecht muss er
auch noch bezahlen. Auf jeden Fall läuft der Reiterhof nicht gut, und er hätte
in den nächsten Wochen Insolvenz anmelden müssen. Es sei denn, ein Wunder wäre
geschehen.«
»Es ging bei Moelderings also tatsächlich um Geld«, sagte Peters.
»Wir haben den Fingerzeig des Mörders richtig gedeutet. Hast du Winkens angerufen?«
»Er ist nicht erreichbar. Seine Frau meinte, er wäre auf einer
Versammlung. Irgendein Politikkram. Genaueres konnte sie mir nicht sagen.«
»Und der vierte Mann im Bund? Dieser Schilling?«
»Schelling«, korrigierte Mareike. »Dr. Thomas Schelling. Er ist
Lehrer an einem Internat nahe der holländischen Grenze und hat über ein sehr
außergewöhnliches Thema promoviert.«
»Woher weißt du das denn schon wieder?«
»Das habe ich aus dem Netz«, sagte Mareike. »Im Netz verfängt sich
so gut wie alles.«
Peters schaltete seinen Computer an. Zwei Leute waren abgestellt
worden, um Heinz Gehlen zu observieren, und er wollte sehen, was dabei
herausgekommen war. Er fand ihren Bericht sofort.
»Um neun Uhr
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