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Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann-Josef Schüren
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ein paar
dickere Brocken hinein, dann verschloss er das Bündel mit dem Borussia-Schal.
    »Das Ding hier binde ich um deinen Hals«, sagte er. »Es dürfte
reichen. Du wirst dich abstrampeln und verzweifelt nach Luft schnappen. Du
wirst versuchen, deinen Kopf über Wasser zu halten, aber es wird dir nicht
gelingen.«
    »Sie werden dich kriegen«, schnaufte Winkens. »Du wirst nicht als
Einziger von uns übrig bleiben. Sie kriegen dich, verlass dich drauf!«
    »Du irrst dich«, sagte Schelling ruhig. »Du hast nichts verstanden,
weil du ein schlechter Schüler bist. Wahrscheinlich der schlechteste, den ich
je hatte. Hast du nicht kapiert, was ich vorhin gesagt habe?«
    »Was habe ich nicht kapiert?«, jammerte Winkens. »Was hast du denn
gesagt?«
    »Dass du nicht die geringste Ahnung von Leben und Tod hast!«
    »Aber du, was?«
    »Ja. Ich habe es verstanden. Der Tod ist nichts Schreckliches. Er
ist nur eine Form der Verwandlung. Mit dem Tod treten wir in eine neue
Existenzform ein. Jeder von uns. Früher oder später. Und für dich ist der
Augenblick der Verwandlung jetzt gekommen.«
    »Sie kriegen dich!«, stieß Winkens erneut hervor.
    »Sie werden mich nicht kriegen«, sagte Schelling. Seine Stimme war
ganz ruhig. »Ich will nämlich nicht übrig bleiben. Ich will kein Überlebender
sein, verstehst du das? Wir alle sterben, das ist ein Naturgesetz. Niemand von
uns überlebt. Wir alle verschwinden von dieser Erde. Ich werde längst tot sein,
wenn sie mich finden.«
    »Du bist verrückt!«
    »Nicht verrückt. Ich bin erleuchtet.«
    Winkens wollte noch etwas sagen, aber er kam nicht mehr dazu. Thomas
Schelling schlug erneut mit der Handkante zu und setzte Winkens für Minuten
außer Gefecht. Er nahm den Steinbeutel und trug ihn etwa fünfzehn Meter über
ein Förderband, das zur Mitte des Baggerlochs führte. Dann kehrte er um und
packte Winkens. Er schleifte den massigen Körper hinter sich her durch den Kies
bis zum Förderband, hievte ihn auf das glatte Gummi, packte einen Arm und zog
ihn weiter. Als er wenig später Winkens’ Kopf anhob und ihm die Enden des
Schals um den Hals schlang, machte der noch einmal die Augen auf.
    »Tu es nicht«, flehte Winkens. »Bitte!« Er war kaum zu verstehen.
    »Ich muss es tun«, sagte Schelling ungerührt. »Das verlangt die
Gerechtigkeit. Und ich werde es auf besondere Weise tun. Man denkt oft, dass es
keine Rolle spielt, wie ein Mensch stirbt. Aber das ist ein Irrtum. Jeder
bekommt, was er verdient.«
    »Ich versteh nicht«, stöhnte Winkens. »Ich begreife das alles
nicht!«
    »Du hast recht. Der Tod lässt sich nicht begreifen. Er ist das
größte Geheimnis des Lebens.«
    Er zog den Schal mit einem kräftigen Ruck zusammen. Winkens’ Augen
weiteten sich und schienen aus den Höhlen springen zu wollen. Thomas Schelling
spürte etwas in sich, das Ähnlichkeit mit einer menschlichen Regung hatte. Er
schlug noch einmal zu. So hart und erbarmungslos, dass Johannes Winkens sofort
das Bewusstsein verlor.
    Die Nacht war hereingebrochen. Jetzt musste Schelling den leblosen
Körper nur noch ins Wasser stoßen, dann war das Werk vollendet. Doch zuvor
musste er noch etwas anderes tun. Er nahm das Messer, klemmte die Spitze
zwischen Winkens’ Zähne und hebelte dessen Gebiss auseinander.

SIEBEN
    Der Fahrer gehorcht, obwohl er weiß, dass er einen Fehler
macht. Er gibt Vollgas, ohne noch einmal in den Rückspiegel zu schauen. Bald
darauf biegt er auf die Autobahn ein.
    Als van de Loo am Samstagmorgen in die Küche kam, lagen die Alben,
in denen er am Abend zuvor mit Johanna und den Mädchen geblättert hatte, noch
auf dem Tisch. Seitdem Tante Gertrud die Geschichte von Sarah Rosenboom erzählt
hatte, betrachtete er die Familienbilder mit anderen Augen. Er achtete
plötzlich auf Kleinigkeiten und suchte in jedem Gesicht nach einem Indiz oder
einem verräterischen Hinweis. Die Fotos hatten mit einem Schlag ihre Unschuld
verloren.
    Da standen sie, in Reih und Glied, die Mitglieder der Familie, und
posierten voller Stolz neben den beiden Ackergäulen. Bauersleute, die längst
nicht so arm waren, wie sie wirkten. Immerhin scheuten sie sich nicht, den
Hungernden, die bettelnd aus dem Ruhrgebiet zu ihnen kamen, für einen Sack
Kartoffeln einen Teil des Familienschmucks abzuknöpfen.
    Warum trug sein Großvater diesen Oberlippenbart? Weil es damals Mode
gewesen war? Oder war er mehr als ein Mitläufer gewesen?
    Aus welchem Grund hatte van de Loos Vater Uniform an, obwohl er, wie
die

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