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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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würde nicht weggehen, doch das war egal, weil ich jetzt wusste, womit ich es zu tun hatte und wie ich den Pfad zu meiner Genesung bewältigen konnte.
    Ich atmete geräuschvoll aus.
    »Was?«, fragte Aura.
    »Wie geht’s Theda?«
    »Gut. Sie spielt jetzt in der B-Mannschaft des Schulbasketballteams. Der Trainer sagt, sie hat Talent.«
    »Ich muss Schluss machen, Aura.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
     
    Sechzehn Minuten später stürmte Bertrand Arnold aus dem Fahrstuhl zur Haustür.
    Ich lachte stumm, als er draußen vorbeiging und ich seinen Kopf durch das Fenster sah. Ich wartete noch einen Moment und nahm dann die Treppe. Mit jedem Schritt kehrte die Kraft in meine Beine und meine Lungen zurück, zusammen mit meinem Selbstbewusstsein.
    Ich traf Katrina in der Küche an. Sie trug ein pfauenblaues Kleid unter einer braunen Schürze und kümmerte sich um irgendwas in einem roten Emailletopf.
    »Hey, Babe«, sagte ich.
    Sie drehte sich um, sah mich an und versuchte, den verzweifelten Sex zu kaschieren, der noch in ihrem Blut vibrierte. In ihren Augen lag der verwunderte Ausdruck neuer Verliebtheit. Ihr Lippenstift war von einem Dutzend Begrüßungs- und Abschiedsküssen verblichen.
    »Leonid. Ich hab dich gar nicht reinkommen hören.«
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber ich muss gleich wieder los. In einem Fall hat es gerade einen Durchbruch gegeben. Keine Zeit zum Essen. Ich komme heute wahrscheinlich nicht mehr nach Hause.«
    »Bleibst du die ganze Nacht weg?«
    »Ja. Ich habe den Fall bisher nicht ernst genommen, aber jetzt muss ich langsam zu Potte kommen.«
    »Hast du von Dimitri gehört?«
    »Er kommt in drei Tagen nach Hause, wie er es dir schon gesagt hat.«
    »Geht es ihm gut?«
    »Ist Liebe eine Krankheit?«
    Ich ließ sie allein, um über diese Frage nachzugrübeln.
     
    In meinem Zimmer zog ich ein langärmeliges schwarzes Hemd und eine dunkle Hose an, die mich bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt warm halten sollten. Ich packte Handschuhe ein, ein Bündel mit Einbruchswerkzeug, eine .38er und ein Messer mit einem Griff, den man auch als Schlagring benutzen konnte.
    Ich setzte eine schwarze Baskenmütze auf, um von der Absicht abzulenken, die hinter meinem Aufzug steckte.
    Sie wartete im Flur vor meinem Zimmer.
    »Wenn du die ganze Nacht weg bist, gehe ich vielleicht noch ins Kino«, sagte sie. Sie hatte den Lippenstift nachgezogen.
    »Ja. Sicher.«
    »Stimmt irgendwas nicht, Leonid?«
    »Du meinst, abgesehen davon, dass mein ältester Freund an Krebs stirbt, meine Söhne vermisst werden, mein Anwalt täglich anruft, dazu Klienten, die offenbar nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen?«
    Katrina legte ihre Hand in meinen Nacken. Sie war warm. Normalerweise waren ihre Hände kalt.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte sie.
    »Ich wüsste nicht, wie.«
    »Soll ich zu Hause bleiben?«
    »Was würde das nutzen?«
    »Ich wäre hier, wenn du anrufen willst. Wenn du Hilfe brauchst.«
    »Trotzdem vielen Dank, Babe. Geh du aus und amüsier dich. Und mach dir meinetwegen keine Sorgen. Ich hink bloß ein bisschen hinterher, das ist alles.«
    Katrina lächelte und küsste mich auf die Wange.
    »Pass gut auf dich auf«, sagte sie.
    »Du auch, Schatz.«
     
    Kurz darauf saß ich in einem Taxi auf dem Weg zur 27 th Street. Dort wohnte John Prince. Es war eine schäbige Ecke, etliche kleine Firmen in Erdgeschossbüros, ein Parkplatz, ein paar Wohnhäuser und einige parkende Autos.
    Ich gab vor, mich in der Adresse geirrt zu haben, und ließ den Fahrer einmal um den Block fahren. Nach der zweiten Runde stand mein Plan.
    In einem schwarzen Trenchcoat, mein Einbrecher-Set in der Hand, ging ich zielstrebig zu einem achtstöckigen Wohnhaus, das über keinerlei sichtbare Hightech-Alarmanlagen verfügte. Ich drückte auf sämtliche Klingelknöpfe außer dem für den obersten Stock und rief allen, die antworteten, ein » UPS « zu.
    Als der Summer der Haustür und einer Innentür ertönte, hastete ich ins Haus. Ich nahm den Fahrstuhl für den Fall, dass einer der angeschmierten Bewohner auf die persönliche Zustellung seines Pakets wartete.
    Im achten Stock ging ich schnurstracks zur Tür aufs Dach, die glücklicherweise nur mit Schloss und Kette gesichert war. Ich öffnete das Schloss mit einem ausklappbaren Metallschneider und trat auf das mit Teerpappe ausgelegte Dach. Dann schob ich einen Keil unter die Tür, damit ich ungestört blieb, und schlich auf meinen Gummisohlen weiter, um die Bewohner unter dem Dach nicht zu

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