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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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?«, rumpelte eine unverkennbare Stimme.
    Er rutschte auf die Polsterbank gegenüber.
    Hush trug immer einen dunklen Anzug und eine einfarbige Krawatte. In seinen normalerweise ausdruckslosen Augen blitzte ein Funken von Erregung.
    »Was?«, fragte ich.
    Er hielt mir sein Handydisplay mit dem Foto des plumpen kleinen Mannes hin.
    »Erinnerst du dich, dass ich dir von einem Typ namens Patrick erzählt habe?«
    Hush mochte das Bundy’s, weil sich der Tisch, an dem wir saßen, ein wenig abseits der anderen befand. Er stand im hinteren Teil des Restaurants in der Nähe der Toiletten und war für gewöhnlich der letzte Platz, an dem irgendjemand sitzen wollte.
    »Der kleine Typ?«, fragte ich.
    »Er ist ein eiskalter Killer, LT . Entweder du machst dich vom Acker, oder du erledigst ihn sofort.«
    Ich tat so, als würde ich einen Moment über seine Worte nachdenken, und sagte dann: »Möchtest du ein paar Rippchen?«
    Hush ließ seine Wirbelsäule gegen das dunkelblaue Rückenpolster klatschen. Ein Lächeln huschte wie ein nervöser Moskito über sein Gesicht.
    »Ich weiß, dass du versuchst, dich von mir fernzuhalten, LT «, sagte er. »Ich weiß, dass du ein anderes Leben willst. Aber nachdem man das Schlachtfeld einmal gesehen hat, kann man nicht mehr so tun, als würde es nicht existieren.«
    »Ich versuche nicht, mich vor irgendwas zu verstecken, Mann. Ich hab einen Job zu erledigen. Aber einen Typen umzulegen, den ich nie getroffen habe, gehört nicht zur Jobbeschreibung.«
    »Ich könnte die Straße hinunterschlendern«, bot er an.
    »Ich brauche ihn lebend.«
    »Wie eine Kobra einen Mungo.«
    »Wie die Vogelscheuche Verstand.«
    Wieder blitzte ein Lächeln in Hushs Gesicht auf. Er rutschte nach rechts und stand auf.
    »Ruf mich zur Not an, Leonid. Wenn Patrick in die Sache verwickelt ist, ist sie für dich allein eine Nummer zu groß.«
    »Ich hab deine Nummer.«
     
    Ich hatte die Tür meines Aussichtsgebäudes aufgebrochen, um bequem Zugang zu haben. So verbrachte ich eine friedliche Nacht auf dem Dachfirst. Die Novemberkühle war erfrischend, und die Bedrohung durch den Mann auf der Straße eine Art Versprechen. Auch er spürte, dass Angie in der Nähe war.
    Ich war der Stalker, der den Stalker beim Stalken beobachtete, wie eine einsame Hyäne die Spur eines Löwen.
    Um drei Uhr morgens tippte ich eine Nummer in mein Handy.
    »Hallo«, meldete er sich leise und zurückhaltend. Der spanische Akzent war kaum zu hören.
    »Diego.«
    »Bruder, Mann.«
    »Wo bist du?«
    »Dort, wo das indianische Blut rein und häufig fließt.«
     
    Diego war ein Bürger der Dritten Welt. Kennen gelernt hatte ich ihn in New York, wo ein Gangsterboss mich wegen der Scheidung eines befreundeten Filmstars engagiert hatte. Die Zielperson, eine zweitklassige Schauspielerin, war eine Halbmexikanerin aus einem Barrio in L .  A . Diego und ich bildeten ein Team, das dafür sorgen wollte, dass die Frau vor Gericht mehr Probleme bekommen würde, als die Sache wert war. Sie hatte einen ziemlich wilden Bruder namens Valentín. Diego und ich sorgten dafür, dass Valentín mit Beweisen erwischt wurde, die ihn mit Drogenhandel sowie möglicherweise einer Reihe von Morden in Verbindung brachten. Es gabauch Material, das ihn entlastete, aber das besaßen nur wir.
    Wir pflasterten den Weg für ein Hilfsangebot von Tony »the Suit«.
    Damals arbeitete ich noch auf der dunklen Seite der Straße.
    Diego war ein Phantom, das niemand kannte und an das sich kaum jemand erinnerte. Er hatte schon ein paar Import-Export-Jobs für meinen damaligen Arbeitgeber erledigt, aber bei diesem Auftrag hatten wir uns angefreundet.
    »Ich bin, was sie nicht gesehen haben, als sie dein Volk angeschaut haben«, hatte Diego mir einmal erklärt.
    »Ich seh dich prima«, lautete meine Antwort.
     
    »Was kann ich für dich tun, LT ?«, fragte Diego jetzt am Telefon. Im Hintergrund hörte ich das laute Kreischen eines Vogels.
    »Jemand, dem ich vertraue, hat mir erzählt, dass ich substanzielle Hilfe brauche«, sagte ich.
    »Was für Hilfe?«
    »Ich brauche ein Gesicht, das hier niemand kennt.«
    »Wie spät ist es bei dir, Amigo?«
    »Drei Uhr drei in der Nacht.«
    »Ich kann um Mitternacht bei dir sein. Wie lange?«
    »Höchstens drei Tage.«
    »Okay.«
    »Ich hab fünftausend.«
    »Ich brauche sieben.«
    »Bis dann.«
     
    Nicht zum ersten Mal grübelte ich über meine Selbstverpflichtung, das kriminelle Leben hinter mir zu lassen. Ich hatte unter Mördern und Dieben

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