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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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eine tief in meinem Inneren verwurzelte Berufung. Ich mag vielleicht nicht der gläubigste Muslim sein, aber meine Religion verlangt von mir, mich in den Dienst der Gerechtigkeit zu stellen– ja mehr noch: Es ist ein göttlicher Befehl, der denselben Gehorsam verlangt wie jedes andere Gebot. Und ein Mörder darf einfach niemals ungeschoren davonkommen– schon gar nicht der Mörder meiner Nichte, schwor ich mir. » Aber welches Interesse könnte Bowers daran haben, die Ermittlungen einzustellen? « , fragte ich.
    Olivia zuckte die Achseln. » Abgesehen davon, dass er damit das Problem des notorischen Personalmangels in der Abteilung löst? « , mutmaßte sie.
    » Wenn Personalmangel das Problem wäre, würde er einfach ein paar Detectives aus anderen Dezernaten abziehen « , sagte ich. » Allein bei uns gibt es zwei ehemalige aus dem Morddezernat. Nein, nein, da läuft irgendetwas anderes. «
    » Du bist paranoid, Ash « , sagte sie.
    » Dafür werde ich bezahlt « , hielt ich dagegen. » Ich werde dich heraushalten, aber für mich ist der Fall noch lange nicht abgeschlossen. «
    Olivia seufzte. » Aber mach keinen Blödsinn, verstanden? «
    » Ich werde mich bemühen. «

5
    Es war Nachmittag, als der Streifenbeamte mich zu Hause absetzte. Ich hatte das Mittagsgebet versäumt, aber das machte nichts, weil ich ohnehin nicht in der Stimmung für eine Andacht war. Ich holte den Bourbon aus dem Handschuhfach meines Wagens, goss in der Küche die restlichen drei Fingerbreit in ein Saftglas und lehnte mich gegen die Arbeitsplatte. Meine Gedanken überschlugen sich.
    Bowers mochte ein Bürohengst sein, trotzdem hatte er den Großteil seiner Karriere als Ermittler gearbeitet. Es gab viel zu viele offene Fragen und Ungereimtheiten, um den Fall einfach zu den Akten zu legen. Das musste ihm klar sein. Ich hatte keine Ahnung, was hier lief und wer in dieser Sache drinsteckte, jedenfalls stank das Ganze zum Himmel.
    Ich kippte meinen Drink hinunter und versteckte die leere Flasche im Mülleimer unter den restlichen Abfällen. Der Alkohol hatte geholfen. Ich fühlte mich schon viel besser und gestattete meinen Gedanken, ein wenig auf Wanderschaft zu gehen. Robbie hatte ein Glasröhrchen voll Blut in einem Club in Plainfield gekauft. Wenn sich sonst keiner diesen Club ansehen wollte, musste ich es eben tun. Ich googelte die Adresse und stieg in meinen Wagen.
    Die Fahrt dauerte eine Dreiviertelstunde– es mochte nicht die allerschlaueste Idee gewesen sein, sich nach einem Drink hinters Steuer zu setzen, aber ich erreichte mein Ziel unbeschadet. Der Nachtclub nannte sich The Abbey, allerdings wusste ich nicht, ob der Name eine Reminiszenz an Carfax Abbey, eines von Graf Draculas Anwesen in Bram Stokers berühmtem Roman, sein sollte oder ob er sich der Tatsache verdankte, dass der Club in einer alten Kirche untergebracht war, die einst als Kloster gedient haben könnte. Ich stellte meinen Wagen auf dem gekiesten Parkplatz neben dem Gebäude ab und stieg aus. Die Kirche erhob sich über ein Tal mit Sojabohnenfeldern, die wie grüne Wellen im Wind wogten. Die Luft war klar und frisch. Unmittelbar dahinter schloss sich ein Waldgebiet an. Der Club war weit und breit das einzige Gebäude in der Gegend.
    Ich ging die Stufen hinauf zum Vordereingang. Wie viele Kirchen im Herzen Indianas bestand auch diese aus verwittertem, gräulich grünem Sandstein, der in den Steinbrüchen in der näheren Umgebung in Massen geschlagen wurde. Es war eine Schande, dass das Gotteshaus verkauft worden war. Ohne das umgedrehte Kreuz auf dem Dach hätte man mit der Ausrichtung romantischer Hochzeiten ein Vermögen verdienen können.
    Die Eingangstür stand offen. Ein scharfer Putzmittelgeruch wehte mir entgegen, als ich näher kam. Als Nächstes drangen Stimmen an meine Ohren– zwei Frauen unterhielten sich in ratterndem Spanisch. Mit ein bisschen Glück hatte der Manager bereits Dienst und würde mir ein wenig mehr über den Club erzählen können.
    Ich klopfte an die Tür und trat in die einstige Kirchenvorhalle, die an den Wartebereich eines Bordells erinnerte: Eine schwere, lila Stoffbahn spannte sich über die gesamte Decke, und an den Wänden standen mehrere lila Samtsofas. Trotz der üppigen Dekoration waren die Spuren der einstigen Bewohner noch klar zu erkennen: Über dem Portal befand sich ein in den Sandstein eingeritztes Kreuz, und das durch ein hohes Buntglasfenster einfallende Sonnenlicht tauchte den Raum in tiefdunkles Rot.
    Der Holzboden

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