Falsches Blut
ist und welche Leute herkommen. «
Mick warf der Putztruppe einen Blick zu und griff nach einer Flasche mit grünem Putzmittel, das er großzügig um meine Hände herum versprühte und dann im Uhrzeigersinn abzuwischen begann. Der Geruch nach Piniennadeln stieg mir in die Nase.
» Wir sind ein Club wie jeder andere auch. Unsere Kunden sind zwischen Anfang zwanzig und Ende dreißig. Männer, Frauen, hetero und schwul. Wir machen da keine Unterschiede. Bei uns kommt jeder auf seine Kosten. «
Das klang, als hätte er es auswendig gelernt. Ich verzog das Gesicht zu einem mechanischen Lächeln.
» Aber die wenigsten Clubs haben ein umgedrehtes Kreuz auf dem Dach. «
» Unsere Kunden sind eben kreativ « , gab Mick achselzuckend zurück, griff unter die Bar und zog zwei Flaschen billigen Wodka hervor. » Sie stehen nicht auf Allerweltsclubs. «
» Nach allem, was ich herausgefunden habe, glauben Ihre Kunden, sie seien Vampire. Kreativ ist, ehrlich gesagt, nicht unbedingt das erste Adjektiv, das mir dazu einfällt. «
Ich glaubte ein Lächeln auf Micks Zügen zu erkennen, das jedoch genauso schnell erlosch, wie es aufgeflackert war. Wieder zog er sein Klappmesser aus seiner Gesäßtasche und schlitzte die Plastikabdeckung an den Flaschendeckeln auf. » Unsere Kunden kommen her, weil sie einen Abend lang jemand anderes sein wollen. Und genau das kriegen sie. Die Deko ist nur fürs Ambiente. Schnickschnack, verstehen Sie? «
» Haben Sie hier Probleme mit Drogen? «
Mick ließ das Messer sinken und stützte sich wieder mit den Ellbogen auf den Tresen. » Wenn uns etwas Verdächtiges auffällt, rufen wir die Polizei. Der Laden ist angemeldet. Alles ganz offiziell und so. «
Ich hob zweifelnd eine Braue. » Sagt Ihnen der Name Azrael etwas? « , fragte ich, als mir wieder einfiel, dass Olivia den Namen an diesem Morgen erwähnt hatte.
» Er ist Stammgast hier. Reserviert immer einen unserer VIP -Räume. « Mick wies mit dem Kinn auf eine Galerie, von der aus man den gesamten Club überblicken konnte– zweifellos war der Raum früher zusätzlich bestuhlt worden, wenn die Kirchgänger an den hohen Feiertagen zur Messe geströmt kamen. » Aber mit Drogen hat er nichts am Hut. «
» Wissen Sie das sicher? «
Mick zuckte die Achseln. » Beschwören kann ich es nicht « , räumte er ein. » Aber zumindest habe ich nie gehört, dass er dealt oder so was. «
» Und wie genau haben Sie hingehört? « , hakte ich nach.
» Arschloch. « Mick wandte sich um und griff unter die Bar, so dass ich für einen kurzen Moment seine Hände nicht sehen konnte. Das gefiel mir nicht, deshalb packte ich ihn am Hemdkragen und zog ihn zu mir heran. Der Stoff riss. Er hob die Hände. » Immer schön langsam, ja? Für wen halten Sie sich eigentlich? Für Wyatt Earp, verdammt noch mal? «
Ich ließ ihn los, worauf er mit einer theatralischen Geste seinen Kragen zurechtzog und sich das Haar aus dem Gesicht strich. Dabei erhaschte ich einen Blick auf ein ausgebleichtes Tattoo mit so ausgefransten Umrissen auf seiner Brust, dass ich das Motiv nicht einmal erkennen konnte– eine himmelschreiend schlampige Arbeit, selbst für ein Knasttattoo.
» Jemand, der mir sehr viel bedeutet hat, ist tot, deshalb bin ich nicht in der Stimmung für diesen Blödsinn. Sie sagen mir jetzt auf der Stelle, was Sie wissen, sonst lasse ich Sie wegen Ausschanks von Alkohol an Minderjährige festnehmen. Na, wie gefällt Ihnen die Aussicht, wieder in den Knast zu gehen? «
Mick zog sein Hemd zurecht, so dass ich das Tattoo nicht länger sehen konnte. » Was wollen Sie von mir? Los, raus mit der Sprache. «
» Wie schön, dass wir der Sache allmählich näherkommen « , sagte ich. » Wie komme ich an diesen Azrael heran? «
» Wir haben keine Kundenkartei mit Adressen und Telefonnummern, falls Sie das meinen « , antwortete Mick.
» Und wie bezahlt Azrael für seine Drinks? « Ich kreuzte die Arme vor der Brust.
» In bar. «
Ich wartete darauf, dass Mick fortfuhr, doch er schwieg.
» Und wer bezahlt Alicia Weinsteins Drinks? «
» Die Blonde? «
Ich nickte.
» Viele Männer « , antwortete er. » Sehr viele. «
» Wollen Sie damit irgendetwas andeuten? « , fragte ich stirnrunzelnd.
» Sehen Sie sich doch mal um, Detective « , meinte er und machte eine ausschweifende Geste. » Hier gibt es jede Menge dunkle Ecken, Sofas und verschwiegene Nischen für Leute, die nicht beobachtet werden wollen. Sie war mit vielen Männern hier zugange. «
Nachdenklich
Weitere Kostenlose Bücher