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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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hätte. Ich hab gesagt, das seien nur Gerüchte gewesen, aber sie wollten genau wissen, wer gequatscht hat. « Er hielt inne.
    Ich bedeutete ihm fortzufahren, doch er schwieg.
    » Was haben Sie denen erzählt? « , fragte ich schließlich.
    » Dass jeder auf der Straße das Maul offen hat, verdammt noch mal « , antwortete er und riss die Hände hoch. » Trotzdem haben sie mir den Fingernagel mit der Zange rausgerissen. Ohne ein Wort zu sagen. Sie haben ihn mir einfach rausgerissen, und dann sind sie abgehauen. «
    Ziemlich raue Sitten, selbst für Dealerkreise.
    » Und wie haben sie ausgesehen? « , fragte ich.
    James drückte seine Zigarette im Aschenbecher auf dem Tisch aus. » Ihre Gesichter hab ich nicht gesehen. Sie hatten Skimasken übergezogen. « Mittlerweile zitterte er am ganzen Leib. » Ich brauch ’nen neuen Job. Die Typen haben das ernst gemeint. «
    Ich holte tief Luft. » Wer hat das Treffen eingefädelt? «
    » Dieser fette Drecksack Rollo « , antwortete James. » Seither hab ich kein Wort mehr von ihm gehört. «
    Der Name sagte mir nichts, aber ich konnte ihn recherchieren, wenn ich wollte. » Haben Sie Verwandte irgendwo in Indianapolis? « , fragte ich.
    James nickte.
    » Ich denke, die sollten Sie für eine Weile besuchen « , sagte ich. » Könnte sein, dass ich die nächsten Tage ein bisschen auf die Kacke haue. «
    Nach dem Treffen mit James war ich nüchtern genug, um ins Büro zu fahren und nachzusehen, was während des Tages passiert war. Auf meinem Schreibtisch lag ein gefütterter Umschlag, daneben klebten mehrere gelbe Haftzettel– auf dem obersten stand, ich solle Susan Mercer, meine Vorgesetzte, anrufen. Auf dem zweiten, der in derselben Handschrift abgefasst war, riet man mir, ich solle mir lieber feuerfeste Klamotten anziehen, da sie stocksauer zu sein schien. Was kein Wunder war. Susan war ständig sauer, insofern war das nichts Neues.
    Ich öffnete den Umschlag mit Rachels vorläufigem Autopsiebericht und blätterte zur letzten Seite, wo Dr. Hector Rodriguez, der stellvertretende Leichenbeschauer, seine zusammenfassende Einschätzung abgab. Er grenzte den Todeszeitpunkt auf zwischen siebzehn und achtzehn Uhr ein und gab eine wahrscheinliche Überdosis mit daraus resultierendem Herzversagen als unmittelbare Todesursache an. Auch das war nichts wirklich Neues, doch dann fiel mein Blick auf eine getippte Notiz am unteren Seitenrand:
    Von einem Freund. Vorsichtig sein!
    Also ließ Olivia mich doch nicht komplett im Stich. Ich legte den Umschlag in die oberste Schreibtischschublade und schloss sie ab, dann wählte ich Susans Nummer. Sie hob gleich beim ersten Läuten ab und zitierte mich in ihr Büro, um über Rachel und Robbie zu reden. Wieder machten sich die ersten Vorboten von Kopfschmerzen bei mir bemerkbar. Ich stieß einen leisen Fluch aus und versprach, in fünf Minuten bei ihr zu sein.
    Ich blieb noch eine Weile an meinem Schreibtisch sitzen und überlegte, was wohl passieren würde, wenn ich einfach nach Hause ginge– doch am Ende überwogen die Nachteile einer spontanen Flucht. Seufzend zerknüllte ich die Zettel, warf sie in den Papierkorb und machte mich auf den Weg zur Gemeinschaftskaffeemaschine. Das Zeug schmeckte genauso bitter und schal wie mein bisheriger Tag.
    Ich goss den Kaffee in einen der Trinkbrunnen im Korridor, ging zum Aufzug und fuhr in das vierzehnte Stockwerk. Im Gegensatz zu mir war Susan Besitzerin eines richtigen Büros mit Wänden und einer Tür. Offiziell war sie stellvertretende Staatsanwältin und damit die zweitwichtigste Gesetzeshüterin der Stadt, inoffiziell jedoch hatte sie das Sagen hier, denn ihr von der Bevölkerung gewählter Vorgesetzter lotete lieber seine Aufstiegsmöglichkeiten zum Gouverneur von Indiana aus. Der Typ war ein fauler Mistkerl, Susan hingegen ein knallharter Brocken: Sie lehrte sämtliche Strafverteidiger der Stadt das Fürchten. Normalerweise kamen wir gut miteinander zurecht. Normalerweise…
    Ihre Sekretärin meinte, ich solle einfach reingehen.
    Das Büro war fünf mal fünf Meter groß mit einem Panoramafenster, das auf einen öffentlichen Park hinausging. Regale säumten die Wände, und auf Susans Schreibtisch türmten sich die Akten. Sie telefonierte gerade, winkte mich jedoch heran. Ich nahm den Aktenstapel von dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch und legte ihn auf den Boden, um mich setzen zu können. Nach etwa fünf Minuten beendete sie ihr Telefonat und musterte mich einen Moment lang schweigend.
    » Wie geht

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