Falsches Spiel mit Hannah
mal deine Augen.â
âWas?â Was sollte das denn jetzt? Was um alles in der Welt hatte Förster mit ihr vor?
âVertrau mirâ, sagte er ruhig. âMach die Augen zu.â
Also gut. Sie schloss die Augen. Die Frühlingssonne schien rötlich durch ihre Lider.
âUnd jetzt atme tief ein und aus. Und überleg dir dabei, wie es dir wirklich geht.â
Hä? Wozu sollte dieser Hokuspokus denn gut sein? Egal, er war der Trainer. Wenn sie Erfolg haben wollte, musste sie sich auf ihn einlassen, sonst konnte sie gleich aufgeben.
Eine Weile lang atmete sie einfach nur ein und aus. Dann begann sie, in sich hineinzuhorchen.
âWie geht es dir?â, fragte Förster, als sie nach einer Weile die Augen wieder aufschlug.
âIch bin nervös und aufgeregtâ, antwortete Hannah wahrheitsgemäÃ. âIch hab tierische Angst, dass ich das Training gleich beim ersten Mal vermassele und Sie mich fallen lassen. Und ich bin sauer auf Acapulco, weil er nicht zu mir gekommen ist.â
âSehr gutâ, sagte Förster zufrieden.
Hannah fühlte eine groÃe Erleichterung. Den ersten Test hatte sie anscheinend bestanden, auch wenn sie nicht genau wusste, worin sie überhaupt geprüft worden war.
âEs ist der erste Schrittâ, erklärte Förster. âDu musst dir darüber im Klaren sein, was du empfindest. Ob du wütend, traurig, überglücklich oder enttäuscht bist.â
âWarum ist das so wichtig?â
âWeil dein Pferd dasselbe spürt. Acapulco merkt sofort, wie du dich fühlst. Und er bezieht deine Unzufriedenheit, Wut oder Freude immer auf sich. Als du heute mit ihm in den Roundpen gekommen bist, wollte er weg von dir. Weil er gemerkt hat, wie nervös du warst. Das hat ihn zutiefst verunsichert. Deshalb ist er nicht zu dir gekommen, als du gerufen hast.â
âAhaâ, meinte Hannah. âAber was soll ich dagegen tun?â
âWogegen?â
âIch kann meine Gefühle doch nicht abstellen. Wenn ich nervös bin, bin ich nervös.â
âDu sollst nichts abstellen. Du sollst deine Empfindungen nur bewusst zur Kenntnis nehmen. Und wenn du nun auf Acapulco zugehstâ, Förster ergriff Hannahs Hand und führte sie langsam zu ihrem Pferd, âsagst du ihm: Ich bin nervös und unsicher. Aber das liegt an diesem Idioten neben mir und hat nichts mit dir zu tun.â
Jetzt lieà Förster Hannahs Hand wieder los. Sie zögerte einen Moment lang, dann ging sie allein weiter. Ich bin nervös und aufgeregt, dachte sie, während sie Acapulco fest in die Augen blickte. Aber nicht wegen dir. Wir beide kennen uns schon lange und du bist mir so vertraut wie kein anderer auf der Welt.
Ein paar Meter vor ihm blieb sie stehen. Sie streckte ihre Hand aus. âKomm, Acapulcoâ, murmelte sie. âKomm zu mir.â
Da hob er den Kopf und kam langsam, ganz langsam näher.
Ihr Fahrrad schwebte förmlich über die StraÃe, als sie nach Hause radelte. âIch bin sehr zufrieden mit dirâ, hatte Förster am Ende der Stunde zu ihr gesagt. âIch habe bisher selten erlebt, dass eine Schülerin meine Anleitungen so schnell umsetzen konnte.â
âAber warum haben Sie vorhin gemeint, dass ich enttäuscht sein werde?â, wollte Hannah wissen.
âWeil es fast allen meinen Schülern so geht. Sie wollen direkt losgaloppieren, Spins und Sliding Stops und Rückwärtsrichten und weià der Teufel was. Und dann beginnt das Training so langsam und unspektakulär. Das nervt die meisten.â
âMich nichtâ, sagte Hannah. âIch bin kein bisschen enttäuscht. Im Gegenteil.â
Förster lächelte. âIch weiÃ. Du bist eben anders als die anderen.â Er streckte ihr seine Hand hin. âIch bin übrigens Uwe. Wir können gerne Du zueinander sagen.â
Ich hab es gut gemacht!, dachte Hannah, während ihr Fahrrad über den Radweg schwebte. Dass sie anders war als die anderen, wusste sie schon lange. Aber dass das einer gut fand, das war neu.
Flatrate-Day
âIch muss dir was erzählen, Myriamâ, sagte Hannah. âStell dir vor, bei diesem Turnier in Aachen mach ich ebenfalls mit. Ich werde alles dafür tun, dass die Sunshine Ranch gewinnt. Aber ich trete nicht gegen dich an. Ich reite Trail und du Reining, wir kommen uns also nicht in die Quere.â
Jetzt war es raus. War ja wirklich nicht schwer gewesen.
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