Falsches Spiel: Roman (German Edition)
sich hin, aber das Auftauchen eines neuen Sponsors nach den Erfolgen der Saison hat den Beginn der Renovierungsarbeiten beschleunigt.
Der Schlüssel steckt im Schloss. Da steckt er immer, um zu verhindern, dass jemand aus dem Magazin hereinplatzt und einen Kollegen auf der Kloschüssel oder mit dem Schwanz in der Hand überrascht. Ich öffne die Metalltür und stehe vor einer Treppe mit drei Stufen. Als ich sie hinaufsteige, fühlt sich der Körper bereits schwerer an. Die Tür, durch die ich soeben getreten bin, soll irgendwann zugemauert werden, und ich bin froh, dass sich die Baufirma entschieden hat, bis zum Ende der Umbauarbeiten damit zu warten. Vielleicht ist das ein Wink des Schicksals, das einem gelegentlich den Weg weist. Hoffentlich erweist er sich in diesem Fall nicht als erneuter Weg in den Knast.
Zehn Schritte und ich habe einen Raum durchquert und stehe erneut vor einer Treppe. Ein Aufzug ist nicht vorgesehen, die Journalisten sollen sich das schöne Leben mit ihrem Schweiß erkaufen. Leider bedeutet das, dass es auch für mich keinen Aufzug gibt.
Stufe für Stufe bewältige ich den Aufstieg.
Jetzt ist der Körper schon richtig schwer, und ich frage mich, ob ich mir nicht zu viel zugemutet habe. Irgendwo muss ich die Kraft aber hernehmen, da der Tod des Mister sonst sinnlos wäre.
Eine Stimme in meinem Kopf redet auf mich ein, dass ich anhalten, eine Pause machen und Luft schöpfen soll. Ich antworte, dass dafür keine Zeit bleibt. Irgendwie schaffe ich es die Treppe hoch und finde mich in einem weiten, rechteckigen Raum wieder. Zwei Säulen stützen die Decke. Alles ist noch im Bau. In der Luft liegt der Geruch von Zement und Kalk, und auf dem Boden sind große Pappen ausgebreitet. Die Fensterscheiben, die aufs Spielfeld hinausgehen, sind bereits eingesetzt, sind aber noch mit Gips verschmiert.
Ich trete ans Fenster heran und lasse Sandro Di Risios Körper so vorsichtig wie möglich zu Boden gleiten. In diese Mischung aus Pappe und Staub, vielmehr. Innerlich bitte ich ihn um Verzeihung für die wenig respektvolle Behandlung. Ich schaue ihn an und versuche, wieder zu Atem zu kommen. Vielleicht wäre jetzt der rechte Moment für ein Gebet, aber dazu ist keine Zeit.
Dazu ist nie Zeit.
Außerdem weiß ich nicht, wie man das macht.
Das Einzige, was mir durch den Kopf schießt, ist die Frage, ob ihm Tulpen gefallen. Eines Tages werde ich ihm auch einen Strauß bringen.
Ich reiße mich zusammen und eile denselben Weg zurück, den ich gekommen bin. Im Bad schließe ich die Tür ab und stecke den Schlüssel in die Tasche. Dann gehe ich in die Kabine und nehme das Papier und das Handy vom Sofa. Ein schneller Blick bestätigt mir, dass ich mit meiner Annahme recht hatte und es sich tatsächlich um die Aufstellung für das heutige Spiel handelt. Ich stecke den Zettel in die Tasche und betrachte das Handy. Glücklicherweise ist es keines von diesen überkandidelten Modellen, und allzu neu ist es auch nicht. Der Trainer war nicht wie seine Spieler, die immer das neueste iPhone besitzen und mittlerweile praktisch alle ein iPad auf dem Beifahrersitz liegen haben. Dieses Handy ist noch eins mit einem gewöhnlichen Gehäuse, und als ich es aufklappe, erfasse ich auf einen Blick die Funktionen. Als Erstes kontrolliere ich den Akkustand. Vier von fünf Balken. Auch der Empfang ist gut, obwohl ich mich im Souterrain befinde. Ich klappe es wieder zu und stecke es ebenfalls in die Tasche. Schließlich öffne ich die Tür und trete in den Flur. Dabei schaue ich über die Schulter zurück, als würde ich mit jemandem sprechen.
»Okay, Mister, danke. Sobald sie kommen, schicke ich ihn vorbei.«
Ich schließe die Tür hinter der Leere und hinter meinem Betrug. Im Flur klopft mein Herz immer noch stärker als normal. Im Geiste plane ich mein weiteres Vorgehen. Zunächst muss ich so tun, als wäre nichts, und mich bei allem, was geschieht, ganz normal verhalten. Dann muss ich das Ruder herumreißen und zwar noch vor Ende des Spiels. Bei dem Theater, das bald ausbrechen wird, lässt sich das sicher unbemerkt bewerkstelligen. Dass Villa, der Mannschaftsarzt, nun die Kabine betritt, deutet darauf hin, dass die Spieler eingetroffen sind. Ich befehle Elena meine Seele und gehe ihm entgegen.
Niemand weiß es, aber der Trainer bin jetzt ich.
Zehn
Im Flur begegne ich Colombo, dem Fitnesstrainer, und Victor Manzani, dem Torwarttrainer. Bis vor wenigen Tagen hätte ich gesagt, dass es sich um zwei tüchtige Personen handelt.
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