Falsches Spiel: Roman (German Edition)
überzugehen. Der Mister wollte sie aber offenbar überrumpeln und gleich zu Beginn mindestens ein Tor schießen, um ihre Moral zu schwächen. Wir brauchen nur ein Unentschieden, um weiterzukommen, und die Aussicht, zwei Tore schießen zu müssen, wäre für jeden Gegner ein Schock.
Das Problem ist allerdings, dass Di Risio noch nichts von dem wusste, was ich ihm sagen wollte. Seine Taktik spielt jenen in die Hände, die unsere Mannschaft in die Niederlage treiben wollen. Die Torjäger werden danebenschießen, und wer einen Konter abwehren soll, leistet sich ebenfalls einen Fehler. Wenn man dann noch bedenkt, dass auch ein Torwart mal ausrutschen oder sich einen Ball zwischen den Fingern durchschlüpfen lassen kann …
Mein Problem ist weiterhin, dass ich herausbekommen muss, wer außer Roberto und Bernini in die Machenschaften verwickelt ist. Die beiden Namen sind allerdings schon ein guter Ausgangspunkt, und was das Menschenmögliche übersteigt, regelt unter Umständen das Glück. So ist das im Leben, und so ist es auch im Fußball.
Im Übrigen ist die Liste der Männer, die dieses Spiel bestreiten werden, längst beim Schiedsrichter gelandet, und von dem Moment an ist am Aufgebot nichts mehr zu rütteln. Bald wird der Schiedsrichter in der Kabine erscheinen, die Spieler begrüßen und die nötigen Kontrollen vornehmen. Niemand kann mehr ausgetauscht werden, es sei denn, er hätte sich beim Aufwärmen verletzt, was nicht sehr wahrscheinlich ist. Heute ist ein besonderer Tag, und alle wollen dabei sein, wenn auch mit unterschiedlichen Zielen.
Ich stecke die Hand in die Tasche, hole das Handy des Mister heraus und vergewissere mich, dass alle Namen, die ich brauche, im Adressbuch stehen. Gentile, Martinazzoli, Villa.
Nun muss ich den richtigen Moment abpassen, um meine erste SMS zu verschicken. Sie darf weder zu früh noch zu spät eintreffen.
Wie immer ist es vor allem eine Frage des Timings.
Draußen erklingt nun ein Brummen, das anschwillt, bis es schließlich zum Rotorengeräusch des Hubschraubers wird, der soeben über dem Stadion erscheint. Der Chef ist da. Heute kommen alle wichtigen Leute, um der Mannschaft Glück zu wünschen. Da ist er natürlich der Erste auf der Liste.
Ich stecke Aufstellung und Handy wieder in die Tasche, wo sie nun schwerer wiegen als Backsteine. Als ich in den Flur hinaustrete, wimmelt es dort von Menschen. Spieler, Funktionäre, Assistenten. Hinter der geöffneten Tür zum Massageraum sehe ich Pizzoli, der sich von Schenetti den Oberschenkel massieren lässt. Ein anderer Spieler sitzt mit nacktem Oberkörper da und lässt sich vom zweiten Masseur den Rücken bearbeiten. Zu meiner Linken höre ich, wie sich die Ersten an den Geräten aufwärmen.
Der Auftritt des Präsidenten überrascht niemanden. Er legt sein übliches Gebaren an den Tag, das liebenswürdig und interessiert wirken soll, letztlich aber nur den feinen Unterschied zwischen einem sympathischen Menschen und einem, der nur auf sympathisch macht, hervortreten lässt. Für gewöhnlich hat er jemanden im Schlepptau, stets wechselnde Leute, denen er seine Macht und seinen Erfolg demonstrieren will. Dieses Mal sind es ein Mann und eine Frau. Der Mann wirkt wie ein Untertan, während die Frau eine wahre Schönheit ist und wie eine Königin einherschreitet, ohne zu merken, dass in Wahrheit sie die Sklavin ist.
Martinazzoli eilt lächelnd durch den Gang, schaut weder nach links noch nach rechts und bleibt vor der Spielerkabine stehen. Er steckt den Kopf zur Tür herein, und im nächsten Moment hört man die Stimme mit dem starken Mailänder Akzent dröhnen.
»Also, Champions, wollen wir die Partie heute gewinnen oder nicht?«
Elf
Martinazzoli betritt die Kabine, während seine beiden Begleiter draußen warten und sich ein wenig unbehaglich umschauen. Es ist offensichtlich, dass sie sich einen feuchten Kehricht um Fußball scheren und nur hier sind, weil es dazugehört. Vielleicht sind sie nicht in der Position, nein sagen zu können, vielleicht würden sie aber auch einfach alles tun, um niemandem etwas abzuschlagen.
Der Präsident redet lange mit den Spielern. Ich kann mir schon vorstellen, was er so von sich gibt. Anspornende Worte, Zielvorgaben, Zusagen von Prämien, Unsterblichkeitsversprechen und dann noch die unvermeidlichen Witze. Dieser Mann hat nicht die Klasse eines Alessio Mercuri. Selbst wenn er tausend Jahre leben würde, könnte er ihm nie das Wasser reichen. Allerdings ist er ein begabter Kommunikator
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