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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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niemandem alleine gehört, weil ihn alle gemeinsam träumen. Die Spieler, der Trainer, der Präsident, das Team. Und auch die Zuschauer, die auf den Stufen sitzen und uns anfeuern, jene, die in ihrem Leben niemals gewinnen und es deshalb ein paar Privilegierten überlassen, es für sie zu tun.
    Ich drehe mich um, und auf der Schwelle steht Roberto.
    Früher oder später musste es passieren, dass ich ihm begegne. Das Glück will es, dass wir alleine sind. Er schaut mich an und hat die Nerven, nicht den Blick zu senken. Ich schaue ihn an und habe nicht die Nerven, meinen Blick abzuwenden.
    Mein Schmerz muss mir ins Gesicht geschrieben sein, und mein Blick ist flehend. Viel nützen wird es nicht. Nichts von dem, was ich getan und gesagt habe, konnte ihn von seinem Vorhaben abbringen. Wie sollten es dann meine Gedanken vermögen?
    Im Flur erklingen die Schritte und die Stimmen anderer Mannschaftsmitglieder. Als sie in der Tür erscheinen, tritt Roberto beiseite, um sie durchzulassen. Die Jungs sind aufgedreht, entschieden, zu allem entschlossen, nervös. Sie sind bereit, sich dem Kampf zu stellen und ihn zu gewinnen. Mir ist bewusst, dass einer von ihnen ein guter Schauspieler ist. Sie begrüßen mich, und einen Moment lang übertönen ihr ›Hallo, Silver‹, ihre Sprüche und ihre Lacher jedes andere Geräusch.
    Ich stimme ein, als wäre ich hier und nicht in Gedanken ganz weit weg.
    »Viel Glück, Jungs. Gebt alles, sonst ist euer Hosenboden demnächst mit Nägeln gespickt.«
    »Du wirst schon sehen, womit wir den anderen den Hosenboden spicken.«
    Der Kommentar kam irgendwoher geflogen, keine Ahnung, von wem. Und schon folgt der nächste.
    »Und zwar ohne Vaseline.«
    Allgemeines Gelächter bricht aus. Über den Humor in Spielerkabinen lässt sich streiten, aber die Moral scheint bestens. Ich setze mich in Bewegung. Um den Raum zu verlassen, muss ich an meinem Sohn vorbei, der im Türrahmen lehnt. Als ich an ihm vorbeigehe, wiederholt er leise, was er mir schon einmal gesagt hat.
    »Halt dich da raus, Silver.«
    Am liebsten würde ich antworten, dass das nicht mehr möglich ist. Ein Toter im Obergeschoss und ein Handy in meiner Tasche können das bezeugen. Stattdessen lasse ich ihn wortlos stehen. Als ich in den Gang trete, kommen soeben die letzten Spieler vom Spielfeld zurück. Ich winke ihnen zu und trete, bevor sie bei mir angelangt sind, in meine eigene Kabine.
    Nachdem ich das Licht angeschaltet habe, stecke ich die Hand in die Tasche und hole den Zettel mit der Aufstellung heraus. Der Trainer wird, als er sie verkündet hat, den einzelnen Spielern auch erklärt haben, was er von ihnen erwartet. Trainer einer Fußballmannschaft zu sein, ist keine leichte Aufgabe. Es geht nicht einfach nur darum, die Spieler irgendwie auf dem Feld zu verteilen. Man muss sie gut kennen und sie zu nehmen wissen. Die Empfindlichen muss man hinter verschlossenen Türen kritisieren. Manche wiederum muss man öffentlich loben, um sie zu Höchstleistungen anzuspornen. Wer sein Talent noch nicht kennt, braucht intensive Betreuung. Und wenn jemand einmal nicht aufgestellt wird, muss das mit dem gebotenen Takt verkündet werden. Ich bewege mich lange genug in dieser Welt, um zu wissen, wie der Hase läuft. Geht alles gut, ist es Verdienst der Spieler. Geht alles den Bach runter, hat der Trainer Schuld. Das ist vermutlich überall so, wo es jemanden gibt, der als Blitzableiter herhalten muss für die Gewitter, die sich früher oder später über jedem Gelände entladen.
    Ich falte den Zettel auseinander und lese die Namen auf der Liste.
    Giacomo Bernini
Osvaldo Pizzoli Wilson Menè Silvio Melloni
Gianfranco Re
Antonello Carbone Roberto Masoero Cesar Augusto Jonathan Ventura Antonio FassiMarco Scanavino
    Die Aufstellung ist mit Maschine geschrieben und orientiert sich an der Position auf dem Spielfeld. Darunter folgt eine Auflistung der Spieler, die ›zur Verfügung stehen‹, wie man so schön sagt, um nicht von der Ersatzbank sprechen zu müssen.
    Ikeda Tetsuya, Ivan Giallonardo, Pietro Della Favera, Enrico Menicozzi, Martino Zinetti, Mario Santalmassi, Gino Zandonà
    Offenbar wollte Di Risio eine 4-4-2-Formation aufs Feld schicken, eine angriffslustige Taktik, die das Spiel über außen aufbauen soll. Das ist eine Absage an die Defensivtaktik, die der Gegner vermutlich erwartet. Eine entsprechende Entscheidung hätte bedeutet, in der eigenen Spielfeldhälfte zu verharren und auf Angriffe der Anderen zu warten, um dann zum Gegenangriff

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