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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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zu verhalten, als hätte ich Angst, jemanden in einer privaten – oder noch peinlicheren – Situation zu überraschen. Meine Augen halten demonstrativ nach etwas Ausschau, von dem ich weiß, dass ich es nicht finden werde. Dann wende ich mich zu den anderen um, überrascht und betroffen.
    Zumindest hoffe ich, diesen Eindruck zu erwecken.
    »Hier ist er auch nicht.«
    Es gibt einen Grund, warum ich die Tür gerne selbst öffnen wollte. Die anderen wissen sicher nicht, dass es im Bad einen Zugang zum Magazin gibt. Dies ist unsere alte Kabine, die nicht von höheren Chargen genutzt wird. Ich wollte also gar nicht erst einen bestimmten Verdacht begünstigen, indem ich sie darauf stoßen lasse. Zudem schien es mir ratsam, niemanden auf die Idee zu bringen, dass hier ein Schlüssel fehlen könnte. Eine etwas übertriebene Vorsichtsmaßnahme, zugegeben.
    Man weiß ja nie, und dann weiß plötzlich doch jemand etwas …
    »Ja, wo zum Teufel ist er denn hin?«
    Die Frage entfährt Martinazzoli mit einem Zischen, und vorbei ist es mit seiner Selbstbeherrschung, die leider nur Fassade ist. Er ist berüchtigt für seine wortgewaltigen Wutausbrüche, die so gar nicht zu jemandem passen wollen, der so tut, als wäre er im Buckingham Palace geboren. Die anderen schauen sich verwirrt um. Besonders betroffen wirkt Fiorelli, als würde ihm seine Rolle als Pressesprecher eine besondere Verantwortung auferlegen.
    »Dabei haben wir ihn doch kommen sehen. Sein Wagen steht draußen. Er kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.«
    »Leck mich.«
    Mit diesem lapidaren Kommentar lässt der Präsident die Hand in die Jackentasche gleiten, holt sein Handy heraus, sucht eine Nummer, drückt eine Taste und hält es sich ans Ohr. Zwei gottverdammte Sekunden später fängt Di Risios Handy an zu klingeln.
    In meiner Tasche.
    Scheiße.
    In der Eile und bei all der Aufregung hatte ich ganz vergessen, den Klingelton auszustellen, als ich das Handy des Mister eingesteckt habe. Dabei hätte ich mir doch denken können, dass irgendjemand ihn anrufen würde. Nun will es der vermaledeite Zufall, dass das ausgerechnet in meiner Gegenwart geschieht. In perfekter Synchronität drehen sich drei Köpfe zu mir um.
    Ich würde am liebsten tot umfallen.
    Aufgeregt und in dem Versuch, äußerste Verlegenheit zu demonstrieren, stecke ich die Hand in die Tasche und greife nach den beiden Handys. Krampfhaft versuche ich, meine Bewegungen zu synchronisieren. An Di Risios Handy drücke ich die Taste für die Gesprächsannahme und unterbreche die Verbindung gleich wieder. Mein eigenes Handy wiederum lege ich ans Ohr, als hätte es soeben geklingelt.
    »Ja?«
    Ich habe den anderen den Rücken zugedreht und spreche den Einsilber ganz leise aus. Meine Hoffnung geht dahin, wie jemand zu wirken, der im allerungünstigsten Moment angerufen wird. Einen Moment lang lausche ich dem Anliegen meines fiktiven Gesprächspartners.
    »Okay, aber jetzt kann ich nicht sprechen. Wir telefonieren nach dem Spiel, in Ordnung?«
    Ich nehme das Handy vom Ohr und stecke es wieder in die Tasche. Meine Beine zittern. Als ich mich an die anderen wende, gebe ich mich verwirrt, was mich nicht viel kostet.
    »Entschuldigen Sie bitte.«
    Martinazzoli mustert mich, in der Hand immer noch das Handy, das vergeblich versucht hat, den Kontakt zu einem anderen Teilnehmer herzustellen.
    Ich begegne seiner Verblüffung mit einem Alternativvorschlag.
    »Dann werde ich mich mal umhören, ob jemand ihn gesehen hat.«
    Ich gehe zur Tür, schreite um die Gruppe herum und verschwinde. Eine gewisse Eile soll meinen Eifer demonstrieren, ohne dass es nach Flucht aussieht.
    Ihre Kommentare höre ich mir gar nicht mehr an. Sie werden die verschiedensten Mutmaßungen anstellen. Schnell verziehe ich mich in die Duschen zu meiner Rechten, um den verfluchten Klingelton auszuschalten, bevor der Präsident noch einmal anruft. Der gekachelte Ort ist ausgestorben, und es hängt der Geruch von Feuchtigkeit und Shampoo in der Luft. Ein Wasserhahn tropft vor sich hin und beklagt seine Ohnmacht und Einsamkeit.
    Ich schließe mich in einer Toilettenkabine ein und bin gerade fertig, als das Handy auch schon vibriert. Auf dem Display erscheint das Wort MARTINAZZOLI . Ich lasse es vibrieren, bis die Verbindung schließlich unterbrochen wird. Zwei Mal geht das noch so, dann gibt der Präsident offenbar auf.
    Ich lehne mich an die Wand und seufze erleichtert auf. Mir wird klar, dass ich soeben ein ganz schönes Risiko eingegangen

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