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Falsetto

Falsetto

Titel: Falsetto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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moschusartig und würzig, schien von ihm auszuströmen. An seiner rechten Hand trug er drei Ringe.
    Und irgendwo, wieder hinter einer verschlossenen Tür, bat Catrina ihn flehentlich: »Carlo, Carlo.«

    Beppo erschien oben auf der Treppe, hinter ihm war die hochgewachsene Gestalt von Alessandro zu sehen.
    Alessandro legte Tonio den Arm um die Schultern. Sie gingen rasch und still zu Tonios Zimmer.
    Catrinas Stimme im Nebenraum wurde einen kleinen Augenblick lauter: »Du bist zu Hause, begreifst du das denn nicht.
    Du bist zu Hause, und du bist immer noch jung. Überall um dich herum ist Leben...«
    Und dann dieses tiefe, unverständliche zornige Grollen, das sie unterbrach.
    Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, legte Alessandro seinen dunkelblauen Umhang ab. Regentropfen perlten auf seiner Kleidung. Seine großen, verträumten Augen waren von Sorge umschattet.
    »Also ist er schon da«, flüsterte er.
    »Alessandro, du mußt hierbleiben, ich brauche dich«, sagte Tonio. »Ich brauche dich noch vier Jahre lang. Ich brauche dich, bis ich Francesca Lisani heiraten darf. Es ist alles im Testament meines Vaters niedergelegt, in seinen Anweisungen an die Nachlaßverwalter. Vier Jahre lang, Alessandro, muß ich mich gegen ihn durchsetzen.«
    Alessandro legte Tonio die Finger auf die Lippen. »Nicht du bist es, der sich durchsetzen muß, Tonio. Es ist der Wille deines Vaters, und sie sind es, die ihn ausführen müssen. Ist er enterbt?«
    Bei diesem letzten Wort wurde seine Stimme leise. Dies wäre eine Ungeheuerlichkeit gewesen und nur dann gerechtfertigt, wenn Carlo in böser Absicht die Hand gegen seinen Vater erhoben hätte. Das war nie geschehen.
    »Das Vermögen ist ungeteilt«, murmelte Tonio. »Aber die Anweisungen meines Vaters sind klar. Ich soll heiraten. Der Großteil des Nachlasses ist für meine Erziehung, meine Ausbildung und all die Anforderungen bestimmt, die ein Leben als Staatsmann mit sich bringt. Carlo bekommt eine geringe Summe zugestanden, und es wird ihm empfohlen, sich dem Wohle meiner Kinder zu widmen ...«
    Alessandro nickte. Das überraschte ihn nicht.
    »Alessandro, er ist außer sich! Er will wissen, warum er sich daran halten soll. Er ist schließlich der älteste Sohn...«
    »Tonio, in Venedig bedeutet das gar nichts«, erinnerte ihn Alessandro. »Dich hat dein Vater dazu ausersehen, zu heiraten. Du darfst dich von alldem nicht ängstigen lassen. Es liegt nicht in deiner Hand, es liegt in der Hand des Gesetzes und in der Hand deines Vormunds.«
    »Alessandro, er will wissen, warum das Schicksal dieses Hauses von einem Jungen abhängen soll...«
    »Tonio, Tonio«, flüsterte Alessandro. »Du könntest dich ihm nicht unterwerfen, selbst wenn du es wolltest. Mach dir keine Gedanken darüber. Und wer weiß, wofür es gut ist. Ich bin jedenfalls hier und bleibe bei dir.«
    Tonio holte tief Luft. Er starrte ins Leere, als wären diese be-ruhigenden Worte gar nicht bis zu ihm durchgedrungen.
    »Alessandro, wenn ich ihn nur verachten könnte ...«, begann er.
    Alessandro hatte den Kopf zur Seite geneigt. Sein Gesicht zeigte grenzenlose Geduld.
    »Aber er scheint nicht... er ist so ...«
    »Es liegt nicht in deiner Hand«, sagte Alessandro sanft.
    »Was weißt du von ihm?« drängte Tonio. »Du hast doch sicher etwas über ihn erfahren?«
    »Über ihn, ja«, sagte Alessandro und strich Tonio ganz unbewußt eine Haarsträhne aus der Stirn. Seine Hand ruhte auf Tonios Schulter. »Aber ich weiß nur, was alle anderen auch wissen. Daß er ein ungestümer junger Mann war. Und daß in diesem Haus der Tod gewütet hat, daß seine Mutter gestorben ist, und seine Brüder. Es gibt wenig mehr, was ich dir sagen könnte.«
    »Catrina verachtet ihn nicht«, flüsterte Tonio. »Er tut ihr leid!«
    »Ach, Tonio, er tut ihr leid, aber sie ist dein Vormund, und sie wird zu dir halten. Wenn du erst einmal soweit bist, um zu begreifen, daß du in dieser Angelegenheit machtlos bist, dann wirst du Frieden finden.«
    »Aber Alessandro, sag mir, wer war die Frau, die er abgewiesen hat. Vor vielen Jahren, als mein Vater eine Ehe für ihn arrangieren wollte...«
    »Von alldem weiß ich nichts«, sagte Alessandro mit einem leisen Kopfschütteln.
    »Er weigerte sich, die Braut, die mein Vater für ihn ausgesucht hatte, zu heiraten. Statt dessen ist er mit irgendeinem Mädchen aus dem Kloster durchgebrannt. Aber die Braut, die er damals zurückgewiesen hat, Alessandro, war das meine Mutter?«
    Alessandro hatte kurz

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