»Also gut, ich sag dir, was ich über Weihnachten mache. Aber versuch bitte nicht wieder so krass zu reagieren wie beim letzten Mal. Das hat mich echt enttäuscht. Du bist meine älteste und beste Freundin, okay? Ich muss wissen, dass du hinter mir stehst.«
»Okay.«
»Ich fahre wieder nach Tijuana.«
Ich gab mir allergrößte Mühe neutral zu bleiben. »Echt? … okay.«
»Glaub mir, Jamie. Ich weiß, was ich tue.«
»Ja, klar.«
»Du bist eine verdammt schlechte Lügnerin, Jamie. Ich hör doch ganz genau, dass du es nicht okay findest.«
Ich hätte wissen müssen, dass ich ihm nichts vormachen konnte, dazu kannte er mich einfach zu gut. »Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll, Avy. Ich meine, wie würdest du reagieren, wenn ich anrufen und sagen würde: Hey, Avy, ich sitz hier mit einer Spritze voll Heroin, die ich mir in den Arm rammen will. Aber vorher muss ich noch wissen, dass du hinter mir stehst? «
»Spinnst du? Das kann man ja wohl überhaupt nicht miteinander vergleichen.«
»Ja, okay, kann sein. Ich verstehe nur nicht, warum wir plötzlich nicht mehr offen und ehrlich zueinander sein können. Soll ich dich in Zukunft vielleicht lieber anlügen? Willst du das?«
»Nein natürlich nicht. Ich finde nur, wenn man keine Ahnung von etwas hat, kann man dazu auch keine Meinung haben.«
»Keine Ahnung wovon?«
»Na ja, wie …« Er zögerte. »Wie das hier ist. Gegen wen ich hier antreten muss. Das ist eine komplett andere Welt, Jamie. Hier gelten ganz andere Regeln als in New York. Ich hab dir doch gesagt, dass das hier so normal ist, wie eine Zahnspange zu bekommen. Das machen alle. Hier gilt man fast als Außenseiter, wenn man es nicht tut.«
Ich glaubte ihm. Mir war selbst schon aufgefallen, dass es in den Zeitschriften immer mehr Anzeigen gab, in denen Schönheitskliniken faltenlose Gesichter, pralle Brüste und straffe Bäuche versprachen. Gab es überhaupt noch einen Hollywoodstar, der nichts an sich hatte machen lassen? »Ich kann ja verstehen, dass du unter Druck stehst. Aber ich finde einfach nicht, dass du das nötig hast, Avy. Du bist toll, so wie du bist. Und abgesehen davon hast du etwas, was viel wichtiger ist als perfektes Aussehen. Du hast Talent.«
Er lachte bitter. »Ich hab Neuigkeiten für dich, Wondergirl. Hier in L.A. hat jeder Talent.«
JAMIE
März, 10. Klasse – 5. Tag in L.A.
Von:
[email protected]An:
[email protected]Re: :–( :–)
Hallo, Nasim,
immer noch keine Nachricht von dir. So langsam macht mich das wirklich fertig. Ich weiß ja, dass du deine Mails nicht so oft checkst wie andere Leute, aber du müsstest doch inzwischen zumindest mal deine Mailbox abgehört haben … komisch.
Wenigstens läuft es zwischen Willow und mir immer besser. Obwohl wir uns erst so kurz kennen, hat sie anscheinend echt Vertrauen zu mir. Das hört sich jetzt wahrscheinlich abgedroschen an, aber ich glaube, wir sind in den letzten Tagen wirklich so was wie Freundinnen geworden.
Als ich vorhin auf »meiner« Terrasse saß und den Partyvorbereitungen zugeschaut hab, kam Willow quer über den Rasen auf mich zu und setzte sich neben mich. »Du kannst dir wahrscheinlich schon denken, worum ich dich gern bitten würde, oder?«
Konnte ich.
»Es tut mir echt leid«, sagte sie.
»Muss es nicht.«
»Doch«, sagte sie. »Du bist extra meinetwegen aus New York hierhergekommen, um mich eine Woche lang zu begleiten und alles zu fotografieren, und jetzt lasse ich dich noch nicht mal deinen Job machen. Abe r …«, sie guckte zu Rex rüber, der mit ein paar seiner Kumpels auf den DJ einredete, »… aber du verstehst das doch, oder? Ich meine, nach allem, was passiert ist … darf wirklich keiner wissen, dass ich noch Kontakt zu ihm habe.«
»Wegen deinem Vertrag mit dem Studio?«
»Nein, da steht nur drin, dass ich clean bleiben muss, nicht, dass ich ihn nicht sehen darf. Aber bei meinen Fans würde das nicht gut ankommen. Ich warte lieber, bis der Film draußen ist, und gebe dann erst ein offizielles Statement ab, dass wir wieder zusammen sind.«
Ich habe ihr versprochen, dass ich keine Fotos machen werde, auf denen die beiden zusammen zu sehen sind, und auch mit niemandem darüber reden werde. Aber es sind ja schließlich auch noch andere Leute auf der Party. Woher will sie wissen, dass die es nicht irgendwo ausplaudern? Ich verstehe echt nicht, warum sie so ein Risiko eingeht. Wie kann man nur so in einen Typ verliebt sein, der einem die ganze Karriere ruinieren kann?
Ich muss Schluss