Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Augenbraue hoch. » Das waren mindestens zehn Männer. Du kannst ihnen unmöglich alleine gegenübertreten. Außerdem ist der Handel mit Trophäen keineswegs strafbar.«
Fritz raufte sich die Haare. Er war immer noch außer sich. Doch Jella hatte recht. Es war sinnlos, die Verfolgung allein aufzunehmen. Doch er musste seinem Entsetzen Luft verschaffen.
» Es ist so sinnlos«, rief er verzweifelt aus. » Sie haben einen Ort entweiht, der den Buschmännern seit Urzeiten heilig ist. Wenn diese Großwildjägerei nicht bald ein Ende findet, dann wird es in ein paar Jahren hier überhaupt keine Tiere mehr geben. Diese Menschen müssen bestraft werden! Ich werde jeden Zentimeter ihres Lagers absuchen. Vielleicht finden wir ja einen Hinweis. Ich muss einfach etwas tun.«
Jella verstand ihren Mann nur zu gut. Seine Leidenschaft waren die Tiere Afrikas. Im fernen Etoscha gab es bereits einen Naturschutzpark, und er hoffte und setzte sich dafür ein, dass es eines Tages viele solcher Rückzugsmöglichkeiten für die Wildtiere geben würde.
Sie suchten das ganze Lager nach Hinweisen ab. Doch die Wilderer hatten sorgfältig alles mitgenommen und ihre Spuren verwischt. Fritz holte aus dem Bakkie sein Notizbuch und zeichnete die Profile der Reifen und einige markante Stiefelabdrücke ab. Jella durchforschte unterdessen die weitere Umgebung des Lagers. Dann fiel ihr auf, dass es außer den Abdrücken von Schuhen eine Spur gab, die von bloßen Füßen herrührte. Die Fußabdrücke waren zierlicher als die der anderen Männer. » Also war es doch ein Buschmann, der es verraten hat«, murmelte Jella mit trauriger Gewissheit. Sie war gerade auf dem Weg zu Fritz, um ihm von ihrer Beobachtung zu erzählen, als ihr Blick an einem Gegenstand hängen blieb, der in einem der niederen Buschwerke hing. Jella zog ihn von dem Ast, um ihn näher zu betrachten. Es war eindeutig ein Amulett, und zwar ein kleiner Schildkrötenpanzer, der mit einem Stück Fell verschlossen war. Er hing an einer Sisalschnur, wie sie die Buschmänner herstellten. Irgendwie kam ihr das Amulett bekannt vor, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, weshalb. Vorsichtig entnahm sie das Fellstück und schüttete den Inhalt des Panzers auf ihre Hand. Darin lagen ein Milchzahn, ein paar Kräuter und ein Stück einer Gwi-Wurzel, mit deren Hilfe sich die Schamanen der Buschmänner in Trance versetzten. Jella betrachtete die Dinge nachdenklich. Kein Buschmann würde sich freiwillig von seinem Amulett trennen. Es verband ihn mit seinem Volk und seiner Familie und schützte ihn vor den bösen Llangwasi. Die Schnur war abgerissen. Vermutlich war sie dem Buschmann gewaltsam entrissen worden. Fritz’ Ruf riss sie aus ihren Gedanken. Sie stopfte den Inhalt rasch in den Panzer zurück und steckte das Amulett in ihre Jackentasche.
» Ich habe etwas Interessantes entdeckt«, meinte er und deutete auf die abgezeichneten Profile. » Sieh dir das mal an.« Dann blätterte er einige Seiten zurück. » Und jetzt das hier.« Jella verglich die beiden Profile. » Fällt dir etwas auf?« Er sah sie erwartungsvoll an. Jella zuckte mit den Schultern.
» Nun, es sind beides Mal dieselben Spuren. Was ist daran so besonders? Wahrscheinlich gibt es in ganz Südwestafrika Hunderte solcher Reifenabdrücke!«
Fritz gab ihr recht. » Natürlich gibt es viele Reifen mit diesem Profil, aber im Unterschied zu den anderen Profilen weisen diese beiden Reifen eine Besonderheit auf. Sieh mal!« Er kringelte mit seinem Stift eine ovale Fläche ein, die kein Profil aufwies. Dann blätterte er wieder zurück und kringelte auf dem zweiten Blatt ebenfalls die gleiche ovale Stelle ein. » Dieser Reifen hat einen Fehler oder ist einseitig abgefahren worden. Er dürfte einzigartig sein.«
» Und was sagt dir das?« Jella verstand immer noch nicht, worauf er hinauswollte. Fritz lächelte selbstsicher. » Das bedeutet, dass man davon ausgehen kann, dass es sich bei den Schurken, die im Etoscha wildern, und den Verbrechern hier um dieselben Personen handelt. Wir folgen jetzt ihren Spuren. Vielleicht haben wir ja Glück. Wenn wir den Wagen finden, haben wir auch die Wilderer.«
Unerwartetes
April 1925
Raffael legte den Füllfederhalter auf den schweren Eichentisch in seinem Kanzleizimmer und rieb das schmerzende Bein. Sobald das Wetter umschlug, pochte es im Oberschenkel, als sei eine Entzündung darin. Vor dem Fenster zog gerade ein Gewitter auf. Schwarzdunkle Wolken türmten sich am Himmel zu
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