Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
drangsalieren und verdächtigen unnötig meine Mitarbeiter. Ich möchte mit dieser Behörde nichts zu tun haben.«
» Was glauben Sie denn, weshalb wir zu Ihnen kommen?«, mischte sich nun Ruus Kappler ein. » Sie haben bewiesen, dass Sie nicht nur ein geschickter Anwalt sind, sondern dass Sie auch Nachforschungen anstellen können. Sie scheinen über Verbindungen zu verfügen, die, wie soll ich es ausdrücken, auch recht ungewöhnlich sein können.«
Raffael verstand die Andeutung als Kompliment. Tatsächlich hatte er einige nützliche Kontakte nach Old Location, wo die meisten Schwarzen in ärmlichsten Verhältnissen lebten. Hin und wieder begab er sich dorthin und versuchte den Bewohnern bei juristischen Problemen zu helfen. So war es ihm mittlerweile gelungen, gegen den Willen des Stadtrates durchzusetzen, dass dort eine Krankenstation errichtet worden war. Und so manch einem hungernden Kleinkriminellen hatte er längere Gefängnisaufenthalte erspart, indem er ihn kostenlos verteidigt hatte. Diese Gefälligkeiten vergalten ihm die Menschen in Old Location durch wertvolle Informationen, an die er sonst nicht herangekommen wäre. Raffael hörte nun gespannt zu.
» Ihre Männer werden doch sicherlich jeden Abend untersucht?«, erkundigte er sich. Oppenheimer nickte zustimmend.
» Selbstverständlich. Wenn die Arbeiter am Wochenende das Sperrgebiet verlassen, werden sie einer gründlichen Leibesvisitation unterzogen. Sie können versichert sein, dass dabei in jeder Körperöffnung nachgesehen wird. Außerdem wären sie selbst dann nicht in der Lage, solche großen Mengen an Diamanten herauszuschmuggeln.«
» Der Meinung bin ich auch«, pflichtete Raffael ihm bei. » Also muss es entweder Wege geben, unbemerkt in das Sperrgebiet zu gelangen, oder einer Ihrer Mitarbeiter ist die undichte Stelle. Außerdem muss es Kontaktmänner von außen geben, die die Ware in Empfang nehmen. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre herauszufinden, wohin die Diamanten gebracht werden. Sie werden wohl kaum hier in Afrika verhökert, sondern mit Sicherheit in Richtung Europa abtransportiert werden.«
Oppenheimer nickte zufrieden. » Sie denken in viele Richtungen, das gefällt mir. Wenn Sie einverstanden sind, sind Sie engagiert.« Er erhob sich, um zu gehen. Dabei zog er einen Scheck aus der Innentasche seiner Anzugjacke. » Ich hoffe, das reicht als Anzahlung«, meinte er, indem er ihn überreichte. » Wenn Sie Erfolg haben, werde ich die Summe nochmals verdreifachen.«
Ruus Kappler klopfte ihm beim Verlassen des Zimmers aufmunternd auf die Schulter. » Ich setze auf Sie, mein Freund. Sie werden Herrn Oppenheimer sicherlich nicht enttäuschen.«
Raffael starrte ungläubig auf den Scheck. Achttausend englische Pfund waren darauf eingetragen. Ein kleines Vermögen! Damit konnte er sich sofort nach einem neuen Heim umsehen. Er würde Sonja heute Abend Pralinen mitbringen und Benjamin endlich den Baukasten schenken, den er sich schon so lange wünschte. Doch zuerst musste er in die Old Location, um dort Nils zu treffen.
*
Sonja war gerade dabei, Spinat für das Abendessen zu pflücken. Weil ihr Bauch so schwer war, musste sie auf allen vieren durch den kleinen Garten kriechen. Andernfalls drohte sie umzukippen. Seit einigen Tagen spürte sie immer wieder leichte Wehen, die allerdings rasch vergingen. Doktor Smith hatte sie beruhigt und gemeint, dass bis zur Geburt noch gut zwei Wochen ins Land gehen konnten. Das Baby in ihr bewegte sich manchmal mit solcher Wucht, dass ihr der Atem wegblieb. Auch jetzt trat es kräftig gegen ihren Unterleib.
» Aihh«, sie biss sich kurz auf die Unterlippe und richtete sich auf. » Was bist du nur für ein kräftiges Kind!« Der Schmerz verschwand so schnell, wie er gekommen war. Also machte sie sich weiter daran, die zarten, grünen Blätter zu zupfen. Sie hatte in den letzten Monaten viel Mühe darauf verwendet, dem kargen Boden wenigstens etwas Gemüse abzugewinnen. Ein erneutes Ziehen ließ sie innehalten. Sie setzte sich auf und versuchte mit gleichmäßigem Atmen dem Schmerz zu begegnen. Vielleicht sollte ich doch Maria bitten weiterzumachen, dachte sie. Nicht weit von ihr focht Benjamin mit seinem Holzsäbel, den er von seinem Großvater Johannes bekommen hatte. Sein Gegner war unsichtbar, doch er drosch unerbittlich auf ihn ein. Völlig in sein Spiel vertieft bemerkte er nicht die wohlwollenden Blicke seiner Mutter. Für seine fünf Jahre war der Junge recht groß und schon sehr verständig.
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