Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
dass ihre Lüge eines Tages auffliegen konnte. Auf der anderen Seite hatten sie immer gehofft, diesen Makel durch eine Heirat im Ausland rechtzeitig beseitigen zu können. Das war nun fehlgeschlagen.
» Es stimmt, dass meine Frau und ich noch nicht verheiratet sind«, sagte Raffael mit belegter Stimme. » Aber da ich Farbiger bin, werden mir bei den Formalitäten andauernd Steine in den Weg gelegt. Wie Sie wissen, verbietet die südafrikanische Mandatsregierung Heiraten zwischen Farbigen und Weißen.«
» Ihr Sohn ist doch bereits über fünf Jahre alt. Damals waren solche Hochzeiten noch nicht verboten. Sie haben allen vorgegaukelt, dass Sie bereits vor seiner Geburt verheiratet waren. Das bezeugt auch diese Heiratsurkunde.« Schmiedel verzog missliebig den Mund und zeigte mit spitzem Finger auf die Kopie vor sich.
» Heiratsurkunde?«, fragte Raffael überrascht. » Es gibt keine Heiratsurkunde. Wie kommen Sie dazu?«
» Die haben Sie selbst beim Einwohnermeldeamt hinterlegt, wahrscheinlich, um an Ihr Haus zu kommen.«
» Aber das ist nicht wahr!« Raffael sprang entsetzt auf. » Der Besitzer des Hauses wollte nur den Nachweis einer regelmäßigen Beschäftigung sehen, aber niemals eine Heiratsurkunde. Das muss ein fürchterliches Missverständnis sein. Irgendjemand …«
» Das glaube ich nicht«, unterbrach ihn Schmiedel ungehalten. » Die Tatsachen sprechen eindeutig gegen Sie. Herr Baltkorn hat mich damit beauftragt, juristisch gegen Sie vorzugehen.«
» Aber das können Sie gar nicht. Ich bin immerhin Ihr Mitarbeiter.«
» Sie waren mein Mitarbeiter!«, sagte Dr. Schmiedel kalt. » Packen Sie Ihre Sachen, und verschwinden Sie. Wir sehen uns vor Gericht.«
Raffael verließ das Zimmer wie in Trance. Als Fräulein Julich ihn fragte, was er habe, winkte er nur ab und verschwand in seinem Arbeitszimmer. Apathisch sank er in den Ledersessel, den er von seinem ersten Gehalt gekauft hatte, und starrte zum Fenster hinaus. Ein wolkenloser Himmel strafte seine momentane Situation Lügen. Das Glücksgefühl, das er noch vor wenigen Augenblicken empfunden hatte, war wie weggeblasen. Stattdessen sickerte unaufhörlich die Erkenntnis in sein Bewusstsein, dass ihm soeben die Lebensgrundlage seiner Familie entzogen worden war. Keiner seiner Mandanten würde von nun an mit ihm zusammenarbeiten wollen. Natürlich konnte er auf eine Reihe von Erfolgen zurückblicken, doch selbst wenn er sich selbstständig machte – wer von den angesehenen und betuchten Bürgern Windhuks würde seine Hilfe in Anspruch nehmen wollen, wenn herauskam, dass er ihnen falsche Tatsachen vorgegaukelt hatte? Die Heiratsurkunde kam ihm in den Sinn. Er hatte nur einen kurzen Blick darauf werfen können, aber selbst er konnte erkennen, dass es nur eine schlechte Fälschung war. Es war offensichtlich, dass Baltkorn vorhatte, ihm einen Strick daraus zu drehen. Raffael krampfte vor Empörung die Hände zu Fäusten. Dieser verdammte Mistkerl. Er fühlte Zorn und Rachegefühle in sich aufsteigen, wie damals, als Baltkorn versucht hatte, ihn durch plumpe Intrigen von der Abschlussprüfung der Schule auszuschließen. Mit dem einzigen Unterschied, dass es Raffael damals gelungen war, unbeschadet aus der Situation herauszukommen. Dieses Mal schien Baltkorn die Oberhand zu haben.
Er erhob sich von seinem Sessel und begann seine Sachen zusammenzupacken. In Gedanken versunken, überhörte er das Klopfen an der Tür. Erst als Fräulein Julich vor ihm stand, bemerkte er sie. Sie wirkte völlig durcheinander und hatte ganz verheulte Augen.
» Es tut mir ja so leid«, schluchzte sie. Ihr hagerer Körper zitterte dabei. » Ich kann das einfach alles nicht verstehen. Sie sind so ein hervorragender Anwalt …« Sie machte eine kleine Pause und stieß mit dem Brustton der Überzeugung » … und Mensch!« hervor. Raffael fasste sie über den Schreibtisch am Arm.
» Ich werde Sie ja auch vermissen«, versuchte er zu lächeln. » Sie sind eine hervorragende Sekretärin, die beste, die ich mir vorstellen kann.«
Fräulein Julich nickte nur wenig getröstet. Sie schien noch etwas auf dem Herzen zu haben, wagte aber offensichtlich nicht, es zu sagen. Raffael bemerkte es.
» Nun sagen Sie schon, was gibt es noch?«
Die Sekretärin wagte nicht, ihn anzusehen.
» Herr Dr. Schmiedel sagt, dass Ihnen selbstverständlich alle Fälle entzogen sind.« Sie schluckte, bevor sie leise hinzufügte » … auch der Fall Oppenheimer. Das Geld, das Sie als Vorschuss erhalten haben,
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