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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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dass es keine Zeiten gab, in denen ich … also, am liebsten die Tür zum Arbeitszimmer eingetreten hätte. Aber dann hat man die Sache mit einem Lachen abgetan, natürlich läuft in einem Haushalt wie dem unseren nicht immer alles rund, es gibt zwangsläufig Momente, in denen einem alles über den Kopf wächst.
    Das mit dem Limoges-Geschirr war nur ein bedauerliches Missgeschick. Paulhat das nicht mit Absicht gemacht; er war an diesem Abend nicht ganz auf der Höhe.
    Charles hatte seine Arbeit, seine Bücher, und das hat jeder respektiert. Ich weiß, dass ich selbst nicht viel mit Büchern anfangen kann, aber Charles wusste ja, dass ich nicht viel lese – obwohl ich den Kindern immer Gutenachtgeschichten vorgelesen habe, jeden Abend –, und man heiratet jemanden schließlich nicht der Bücher wegen, die er gelesen hat, oder? So was machen höchstens Leute wie Corinna und Martin, nicht, dass sie tatsächlich verheiratet wären , sicher unterhalten sie sich beim Frühstück über Shakespeare; können sie gern, aber offen gesagt muss ich das nicht haben.
    Charles hätte über die Bücher gar nicht reden wollen . Über seine Bücher.
    In einer Familie wie der unseren haben ständig alle durcheinander geredet, die Kinder haben dauernd geplappert, und natürlich gibt es so viele praktische Dinge zu besprechen, jemand braucht dies oder jenes, später reden sie dann mehr wie Erwachsene, ein bisschen zu sehr, fand ich manchmal, Gina und ihre Ansichten, und Charles wollte dann auch seine Meinung dazu abgeben, und wie er das getan hat, kam nicht immer gut an – Dad ist wieder mal sarkastisch, haben sie gesagt.
    Das Gute an Allersmead war, dass man sich aus dem Weg gehen konnte, wenn man wollte. Charles hatte sein Arbeitszimmer und Ingrid ihr Zimmer ganz oben und feste Zeiten, wo man sie nicht stören durfte. Und die Kinder hatten den Garten, und manchmal sind sie alle in den Keller hinuntergestiegen, kaum zu fassen – anscheinend haben die Großen den Kleineren vorgelesen. Ist das nicht goldig?
    Die Häuser anderer Leute kamen mir so klein vor. Und andere Familien irgendwie – mickrig . Nur zwei Kinder, höchstens drei. Im Vergleich dazu fühlte ich mich immer vom Glück verwöhnt. Bemerkungen gab es schon – »deine entzückende viktorianische Familie, Alison«, und Corinna hat einmal zu Martin gesagt: »Meine Schwägerin bemüht sich heldenhaft, sich der sinkenden Geburtenrate entgegenzustemmen.« Das war, als sie ihn zum ersten Mal nach Allersmead mitbrachte; sie wusste nicht, dass ich das mitgekriegt hatte.
    Ich hatte nie Probleme, schwanger zu werden. Es ist einfach passiert. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass es vielleicht gar nicht nötig war, sich zu – lieben. Dass ich vielleicht sowieso schwanger geworden wäre. Heute nennt man das ja »Sex haben«, nicht wahr, und nicht mehr »sich lieben«. Das klingt so – primitiv. Beim ersten Mal war ich ein bisschen entsetzt, aber man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran, und irgendwann ist es nur noch Routine.
    *
    Würde man Alison hierzu näher auf den Zahn fühlen – was gottlob niemand getan hat –, so gäbe sie wahrscheinlich zu, dass sie Sex nie viel abgewinnen konnte. Aus Fortpflanzungsgründen zeigte sie sich nur zu bereitwillig; jungfräuliche Empfängnis ist zwar eine romantische Vorstellung, aber Alison wusste sehr wohl, dass den einzigen Beleg dafür die Bibel liefert. Das Himmelbett von Allersmead erlebte daher in den Anfangsjahren die übliche Menge ehelichen Sex; das Bett selbst, ein untypisch prachtvolles Stück, hatte Alisons Tante gehört, die es zu einer Auktion geben wollte; da schlug Alison zu und rettete es für sich. Paul, Gina und Sandra kamen darin zur Welt. Katie und Roger mussten mit dem nächsten Krankenhaus vorliebnehmen, denn inzwischen waren die Ärzte von Hausgeburten nicht mehr so begeistert, und Charles hatte zu verstehen gegeben, dass er ihre Vorbehalte teilte, wenn wohl auch nicht aus denselben Gründen.
    Alison machte es Freude, Kinder zu gebären. Sie konnte nicht begreifen, warum die Leute so einen Wirbel darum machten. Gut, es tat ein bisschen weh, aber so schlimm war es auch wieder nicht, keine ihrer Geburten hatte lang gedauert, und nur in der letzten Stunde wurde der Seegang heftig und schmerzhaft, aber dann hielt man das allerliebste kleine Bündel im Arm. Sie hatte es ungemein genossen, im Himmelbett zu thronen und dieses Bündel seinen Geschwistern und Charles zu präsentieren. Dabei hatte sie das großartige

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