Familienbande
versuchen musste, sich gegen William zu wehren. Liliana versucht nur dich durcheinander zu bringen. Verwende lieber deinen Schrei, um uns hier rauszuhelfen. Ich werde dich dieses Mal gewiss nicht daran hindern.
Das geht nicht auf Kommando , gab Laney zurück. Es funktioniert nur spontan. Ich kann es nicht steuern. Und wovon redet sie überhaupt?
Das ist doch jetzt unwichtig. Ich erkläre es dir meinetwegen später. Aber verwende endlich deine Gabe.
Laney zögerte. Natürlich wollte sie nicht zulassen, dass Liliana sie besiegte. Aber wollte sie Darrek wirklich helfen, am Leben zu bleiben? Er hatte ihr bisher kaum Anlass dazu gegeben ihn zu mögen. Wäre nicht alles für sie viel einfacher, wenn er starb? Anderseits hatte er ihr das Leben gerettet und das bedeutete, sie stand in seiner Schuld.
„Hallo“, rief Liliana. „Hier spielt die Musik. Wollen wir auch noch kämpfen oder hast du vor, den ganzen Tag Löcher in die Luft zu starren.“
Laney schüttelte den Kopf, um ihn wieder frei zu kriegen, und sah Liliana dann auffordernd an.
„Ich dachte, ich lasse dir den Vortritt“, sagte sie.
Liliana lächelte und schoss dann nach vorne. Laney sah sie kommen und wich aus. Doch Liliana hatte sie oft bei den Übungskämpfen mit William beobachtet und sprang ihr hinterher. Sie erwischte Laneys Fuß und brachte sie zum Stolpern. Laney ging zu Boden, drehte sich herum und trat Liliana genau in den Bauch.
„Miststück“, keuchte Liliana und krümmte sich zusammen.
Laney sprang auf und nahm wieder ihre Kampfhaltung ein.
Der Schrei, Laney , erinnerte Darrek sie.
Laney sah sich nach ihm um und erkannte, dass er sehr defensiv gegen den unsichtbaren William kämpfte. Er wollte seinen alten Freund nicht verletzen, sondern verwandte eine Hinhaltetechnik, um Zeit zu schinden. Annick und Alain standen noch immer abwartend an der Seite, als wären sie Auswechselspieler, die auf ihren Einsatz warteten.
Ich werde es versuchen , versprach Laney.
„Er redet mit dir, habe ich recht?“, fragte Liliana, als die Schmerzen wieder nachließen. „Das bedeutet, er hat definitiv zu wenig zu tun. Dem können wir natürlich beikommen.“
Liliana stieß einen hohen Pfiff aus und wie auf Kommando setzte Alain sich in Bewegung, um William in seinem Kampf gegen Darrek beizustehen.
„Scheiße“, stieß Darrek hervor und Liliana lachte, als er vor Schmerzen aufschrie.
„Was hat Darrek dir erzählt?“, fragte Liliana dann in Laneys Richtung.
Diese antwortete nicht. Die gesamte Situation kam ihr unwirklich vor. Die Reaktionen der Kaltblüter, Lilianas Hass gegen Darrek. Die Offenbarungen ihrer Motive. Laney wusste nicht, wie sie mit so vielen Informationen umgehen sollte.
„Hat er dir gesagt, dass er Kara von Marlene trennen wollte?“
Laneys Mund klappte vor Verwunderung auf. Bevor sie sich wieder sammeln konnte, lag sie bereits auf dem Boden. Liliana war vorgesprungen, hatte ihr einen Hieb versetzt und war genauso schnell wieder zurück geeilt. Wäre Laney konzentriert gewesen, dann hätte sie problemlos ausweichen können. So jedoch musste sie die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzuschreien. Liliana hatte zwar nicht ihre volle Kraft verwendet, aber es würde sicherlich reichen, um einen großen blauen Fleck zu hinterlassen.
„Deiner Reaktion nach nehme ich an, dass er dir das nicht erzählt hat“, bemerkte Liliana selbstzufrieden. „Er hat es nicht so mit der Ehrlichkeit.“
„Das habe ich schon gemerkt“, gab Laney zurück. „Warum erzählst du mir das alles überhaupt? Wie kommst du darauf, dass Darrek mich interessieren könnte? Wenn es nach mir ginge, könnte er genauso zur Hölle fahren wie du. Ihr seid doch beide gleich.“
„Oh nein. Er ist schlimmer. Ich mag Menschen und Kaltblüter töten, ohne dabei Skrupel zu haben. Aber bis heute habe ich noch nie einen Warmblüter getötet. Ich hoffe natürlich, das so schnell wie möglich ändern zu können. Darrek ist mir hingegen schon um einiges voraus.“
Laney stutzte. Ihr war klar, dass Liliana sie nur ablenken wollte, aber sie konnte sich einfach nicht von der Geschichte losreißen.
„Wie meinst du das?“, fragte sie.
Darrek spürte, wie eine unsichtbare Faust sich in seinen Magen bohrte und schnappte nach Luft.
„Will“, keuchte er. „Weißt du … Dass du deine Gabe anwendest, lasse ich dir ja gerade noch durchgehen. Aber zwei gegen einen ist wirklich unfair.“
Wie zu erwarten, reagierte William nicht. Sein Auftrag bestand darin, Darrek zu töten.
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