Familienbande
ein und versuchte Lilianas Gelächter auszublenden, die alles von oben beobachtete.
„So wird das nichts, Kleines“, hörte Laney Williams Stimme und beruhigte sich wieder ein wenig.
Sie spürte, wie seine Hände ihre beiden Oberarme umfassten, und sah dorthin, wo sie sein Gesicht vermutete. Seine Stimme war jetzt ganz nah.
„Du musst dich konzentrieren, Samantha“, sagte er und sie blinzelte ein paar Tränen weg. „Wir fangen noch mal von vorne an, okay? Und dieses Mal schließt du einfach die Augen. Du kannst mich sowieso nicht sehen und wenn du die Augen schließt, dann versuchst du es vielleicht gar nicht erst.“
Laney nickte tapfer, als er sie wieder losließ, und tat, was er ihr geraten hatte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf das kaum wahrnehmbare Geräusch von Williams Füßen auf den Schiffsplanken. Ihr war jetzt klar, dass er nicht vorsichtig mit ihr sein würde. Er hatte es ja am Anfang des Trainings klar gesagt: Er war jetzt ihr Lehrer und zwar nur ihr Lehrer, und als solcher hielt er es für notwendig, dass sie ernsthaft trainierten und das Ganze nicht wie ein Spiel angingen. Laney konnte ihn nicht sehen, also würde sie sich auf ihre anderen Sinne verlassen müssen.
Williams Schritte waren kaum hörbar, aber es gab noch eine weitere Art zu wissen, wo er sich befand. Sein Geruch. Laney hätte eigentlich auch eher darauf kommen können. Obwohl Laneys Geruchssinn nicht so stark ausgebildet war, wie der von William, so war der Geruch eines Kaltblüters für Laney unverkennbar. Laney konzentrierte sich vollkommen auf darauf und versuchte ihn zu lokalisieren. Als sie sicher war zu wissen, in welcher Richtung sich William befand, nahm sie ihr Gehör dazu und wartete darauf, dass sich irgendetwas veränderte. Ihr gesamter Körper war angespannt.
Ohne eine Vorwarnung kam ihr plötzlich der Vampirgeruch entgegen und sie sprang in die entgegengesetzte Richtung, um ihm auszuweichen. Sie hörte ein Aufticken auf dem Boden und spürte eine leichte Brise, die Williams Bewegung auslöste. Er kam wieder auf sie zu, aber dieses Mal war sie darauf gefasst. Sie sprang zur Seite und sofort wieder zurück, mit ausgestreckter Faust. Und zu ihrer eigenen Überraschung traf sie tatsächlich etwas. Der Geruch entfernte sich wieder und sie hörte William lachen. Verwundert öffnete sie die Augen und sah, dass er wieder sichtbar geworden war.
„Sehr gut, Sammy“, lachte er wieder und kam auf sie zu. Laney entspannte sich ein wenig, als sie sah, dass er die Arme freundlich ausbreitete. „Du scheinst das System zu begreifen. Und zwar schneller als ich erwartet hatte. Du hast mich tatsächlich getroffen. Ich bin stolz auf dich.“
Glücklich lächelte Laney ihn an. Sie hatte es tatsächlich geschafft. Sie war überaus zufrieden mit sich.
„Bist du bereit weiterzumachen?“, fragte William und sah sie skeptisch an. „Oder bist du schon erschöpft?“
„Natürlich nicht“, gab Laney zurück und reckte ihr Kinn vor. „Es kann weiter gehen.“
William lächelte und im nächsten Moment war er wieder verschwunden. Laney hätte sich nicht provozieren lassen sollen, schoss es ihr im nächsten Moment durch den Kopf. Denn schließlich war es immer gut, mit einem positiven Erlebnis aufzuhören. Aber William hatte gesagt, er würde sie solange an ihre Grenzen treiben, bis sie um Gnade winselte. Und das hatte sie bisher noch nicht getan. Allerdings wünschte sie, dass sie ihn um ein wenig mehr Vorsicht gebeten hätte, als sie der nächste unerwartete Schlag in den Magen traf. Williams Bewegungen vorauszuahnen, war leider doch nicht so einfach, wie sie gedacht hatte.
In den nächsten Stunden bekam Laney zu spüren, dass William es gewohnt war, ausgewachsene, starke Vampire zu trainieren. Er hatte jahrelang im Dienste der Ältesten die zukünftigen Mitglieder der Force trainiert und sich aufgrund seiner Gabe großen Respekt verschafft. Er war von den Forcemitgliedern nie als Diener angesehen worden, hatte aber trotzdem selten die Erlaubnis bekommen, sich an den Jagden nach den Wilden zu beteiligen. Des Weiteren hatte man von ihm absoluten Gehorsam gegenüber den Ältesten und deren Familie gefordert. Daher kam es auch, dass er Liliana als Enkelin von Marlene immer noch mit Lady ansprach, obwohl sie nun gemeinsam auf der Jagd waren.
Laney gegenüber verhielt er sich inzwischen jedoch wenig gentlemanlike. Wenn er zuschlug, schonte er sie nicht und wenn ihr die Tränen in die Augen stiegen, dann sagte er ihr,
Weitere Kostenlose Bücher