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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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schließlich haben wir Flawses ungeahnte Talente.«
»Wie ich bereits herausfand«, sagte Mrs. Flawse einigermaßen verbittert.
Der alte Mann neigte den Kopf. Auch er hatte eine schlaflose Nacht verbracht, mit seinem Gewissen gerungen und klar verloren.
»Ich bin gekommen, um dich um Vergebung zu bitten«, sagte er schließlich. »Mein Verhalten als Ehemann war unverzeihlich. Ich hoffe, daß du meine ergebensten Entschuldigungen annimmst.«
Mrs. Sandicott zögerte. Ihre erste Ehe hatte sie nicht gelehrt, ihr Recht auf Groll zu schnell aufzugeben. Daraus ließen sich Vorteile ableiten, Macht beispielsweise. »Du hast mich ein blödes junges Ding genannt«, gab sie zu bedenken.
»Ein blutjunges Ding, Ma‘am, blutjunges«, sagte Mr. Flawse. »Das heißt ein sehr junges Mädchen.« »Wo ich herkomme, verstehen wir darunter etwas ganz anderes«, sagte Mrs. Flawse. »Ich versichere dir, daß ich jung gemeint habe und keineswegs beabsichtigte, deine Intelligenz in Frage zu stellen.«
Das bezweifelte Mrs. Flawse eher. Sein Verhalten in der Hochzeitsnacht hatte sie Vorsicht gelehrt, was seine Absichten betraf. »Egal, was du beabsichtigt hast, auf jeden Fall hast du mich beschuldigt, ich hätte dich wegen deines Geldes geheiratet. Das lasse ich mir von keinem vorwerfen.«
»Ganz recht, Ma‘am. Der Satz fiel in der Hitze des Gefechts und im bescheidenen Bewußtsein, daß es einen einleuchtenderen Grund als meine armselige Person geben müsse. Ich ziehe die Bemerkung zurück.«
»Das freut mich. Ich habe dich geheiratet, weil du alt und einsam warst und jemanden brauchtest, der sich um dich kümmerte. An Geld zu denken, wäre mir nicht im Traum eingefallen.«
»Ganz recht«, sagte Mr. Flawse, der diese beleidigenden persönlichen Attribute mit einigen Schwierigkeiten schluckte, »wie du sagst, bin ich alt und einsam und brauche jemanden, der sich um mich kümmert.«
»Und man kann von mir nicht erwarten, daß ich mich bei dem gegenwärtigen Mangel an Komfort um jemanden kümmere. Wenn ich hier bleiben soll, will ich Strom, heiße Bäder, Fernsehen und Zentralheizung.«
Mr. Flawse nickte traurig. Daß es soweit kommen mußte! »Das sollt Ihr haben, Ma‘am«, sagte er, »das sollt Ihr haben.«
»Ich bin nicht hier, um an einer Lungenentzündung zu sterben. Ich will, daß all das umgehend installiert wird.«
»Ich werde die Angelegenheit sofort in Angriff nehmen«, sagte Mr. Flawse, »und nun sollten wir uns zum warmen Kamin in meinem Arbeitszimmer begeben und die Frage meines Testaments erörtern.«
»Dein Testament?« wiederholte Mrs. Flawse. »Sagtest du ‹mein Testament?«
»Allerdings, Ma‘am«, bestätigte der Alte und geleitete sie die Stufen des Gartenhäuschens hinunter und durch den mit verkrüppelten Bäumen bestandenen Garten ins Haus. Dort saßen sie sich in den großen Ledersesseln gegenüber, während sich vor dem Kohlenfeuer eine räudige Katze räkelte, und setzten ihr Gespräch fort.
»Ich werde offen mit dir reden«, behauptete Mr. Flawse. »Lockhart, mein Enkel, dein Schwiegersohn, ist ein Bastard.«
»Wirklich?« sagte Mrs. Flawse, unsicher, ob sie das Wort in seiner wörtlichen Bedeutung nehmen sollte. Der Alte beantwortete die Frage.
»Das Ergebnis einer unerlaubten Vereinigung meiner verstorbenen Tochter mit einer unbekannten Person oder unbekannten Personen, und ich habe mir das Lebensziel gesetzt, erstens seine väterliche Herkunft festzustellen und zweitens jene Neigungen auszumerzen, auf die ich, aufgrund der Tatsache, daß er teilweise ein Flawse ist, einwirken kann. Hoffentlich kannst du meinen Darlegungen folgen.«
Mrs. Flawse konnte zwar nicht, nickte aber folgsam.
»Ich bin, wie du nach einer Durchsicht meiner Bibliothek wohl schon vermutet hast, ein eiserner Anhänger der Theorie, daß sowohl physische wie psychische Eigenschaften von den Vorfahren vererbt werden. Um den großen William zu variieren: Daß die Vorväter unsre Zwecke formen, wie wir sie auch entwerfen. Vorväter, Ma‘am, nicht Vormütter. Die Begattung von Hunden, bei der ich beträchtliche Erfahrung sammeln konnte, deutet darauf hin.«
Mrs. Flawse schüttelte sich und starrte ihn wild an. Wenn ihre Ohren sie nicht trogen, hatte sie einen Mann geheiratet, der unglaublichen Perversionen frönte.
Mr. Flawse beachtete ihre Verblüffung nicht und fuhr fort: »Die läufige Hündin«, ergänzte: »Hoffentlich erregt dieses etwas heikle Thema bei dir keinen Anstoß?« und wiederholte, da er ihren zitternden Kopf als Bestätigung

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