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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Land-Rover unter Materialermüdung, und zur Feier des Ereignisses tauschte Lockhart die Überreste des Wagens gegen einen Range Rover, der auf offener Straße hundertsechzig und im Gelände hundert Stundenkilometer schaffte. Letzteres bewies Lockhart zu seiner Zufriedenheit und zur völligen Verstörung des Klubsekretärs, indem er das Ding mit hoher Geschwindigkeit über alle achtzehn Bahnen des Golfplatzes von Pursley fuhr, ehe er am Rand von Sandicott Crescent die Hecke durchbrach und in die Garage brauste.
»Er hat Vierradantrieb«, berichtete er Jessica, »bewältigt Sandhindernisse wie nichts und fährt prima auf Gras. Wenn wir in Northumberland sind, können wir einfach über das Hochland fahren.«
Er fuhr zum Autosalon, um den Range Rover zu bezahlen, so daß es Jessica überlassen blieb, einem partiell unzurechnungsfähigen Klubsekretär gegenüberzutreten, der wissen wollte, was zum Teufel ihr Mann sich eigentlich dabei gedacht habe, einen verflucht großen Lkw über alle achtzehn Grüns zu fahren und deren makellose und minutiös gepflegten Oberflächen zu zerstören.
Jessica leugnete, daß ihr Mann irgend etwas Derartiges getan habe. »Er hält große Stücke auf Gartenbau«, informierte sie den Mann, »und er würde nicht im Traum daran denken, Ihr Grünzeug zu zerstören. Ich wußte übrigens gar nicht, daß Sie auf dem Golfplatz Gemüse anbauen. Gesehen habe ich jedenfalls noch keins.«
Angesichts solch strahlender und entwaffnender Naivität hatte sich der Sekretär mit den gemurmelten Worten zurückgezogen, irgendein Irrer habe jedenfalls die Ausrichtung der Offenen Damenmeisterschaften unmöglich gemacht, von dem Turnier für gemischte Doppel ganz zu schweigen.
Daher kam Mr. Flawses Brief gerade recht, in dem er das Paar nach Flawse Hall zur Verlesung des Testaments bestellte.
»O Liebling«, sagte Jessica, »ich konnte es kaum erwarten, dein Zuhause zu sehen. Wie herrlich.«
»Klingt ganz so, als würde Großvater sowieso nicht mehr lange leben«, sagte Lockhart nach Lektüre des Briefs. »Warum will er jetzt sein Testament verlesen?«
»Wahrscheinlich sollst du nur erfahren, wie großzügig er sein wird«, sagte Jessica, die auch den niederträchtigsten Taten noch eine nette Interpretation abgewann.
Ganz anders Lockhart. »Du kennst Opa nicht«, sagte er.
Doch am nächsten Morgen brachen sie mit dem Range Rover sehr früh auf und schafften es, den morgendlichen Berufsverkehr nach London zu vermeiden. Weniger Glück hatten sie an der Ampel zur Autobahnauffahrt, die zufällig gerade auf Rot stand. Bei dieser Gelegenheit fuhr Lockhart einem Mini hintendrauf, ehe er den Rückwärtsgang einlegte und sich aus dem Staub machte.
»Solltest du nicht besser zurückfahren und dich entschuldigen?« fragte Jessica.
Doch davon wollte Lockhart nichts wissen. »Er hätte nicht so abrupt anhalten dürfen«, sagte er.
»Aber die Ampel zeigte Rot, Liebling. Sie sprang gerade um, als wir hinter ihm waren.«
»Jedenfalls steckt in diesem System keine erkennbare Logik«, erklärte Lockhart. »Auf der anderen Straße kam überhaupt nichts. Ich hab‘ nachgesehen.«
»Aber jetzt kommt was«, sagte Jessica und warf einen Blick aus dem Heckfenster, »und es hat ein blaues Blinklicht auf dem Dach. Ich glaube, das ist die Polizei.«
Lockhart drückte das Gaspedal durch, und in Null Komma nichts fuhren sie hundertsechzig. Im Polizeiauto hinter ihnen wurde die Sirene eingeschaltet und auf hundertachtzig beschleunigt.
»Sie kommen immer näher, Liebling«, sagte Jessica, »wir können ihnen unmöglich entkommen.«
»O doch, das können wir«, sagte Lockhart und warf einen Blick in den Rückspiegel. Der Polizeiwagen war vierhundert Meter hinter ihnen und kam rasch näher. Lockhart nahm eine Überführung zu einer Nebenstraße, bog mit quietschenden Reifen in eine Landstraße ein, attackierte mit Unterstützung seines Jagdinstinkts ein aus fünf Latten bestehendes Tor und holperte über ein gepflügtes Feld. Hinter ihnen hielt der Polizeiwagen am Tor an, und Männer stiegen aus. Doch mittlerweile hatte Lockhart schon die nächste Hecke überwunden und war über alle Berge. Dreißig Kilometer und vierzig Hecken später überquerte er die Autobahn und fuhr auf östlicher gelegenen Landstraßen weiter.
»O Lockhart, du bist so männlich«, sagte Jessica, »du denkst aber auch an alles. Wirklich. Aber glaubst du nicht, daß sie dein Kennzeichen aufgeschrieben haben?«
»Wenn ja, wird‘s ihnen auch nicht viel nützen«, sagte

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