Familienkonferenz in der Praxis
Verhaltensweisen schon ziemlich festgelegt … Immer wenn ich zu ihnen sagte: ›So und so empfindest du‹, ärgerte sie das. Ich konnte sehen, wie eine kleine rote Flagge hochging. Dann kamen sie und sagten: ›Du weißt überhaupt nicht, wie uns zumute ist.‹«
»Ich stellte meine Fragen in einer bestimmten Weise, wissen Sie. Ich vermute, sie waren an meine Fragen gewöhnt. Deshalb fanden sie sie weniger bedrohlich als den Versuch, aktives Zuhören zu praktizieren.«
Ein Vater erklärte den Widerstand seiner Kinder:
»Sie merkten sofort, wenn wir neue Techniken ausprobierten – vor allem das aktive Zuhören. Wenn wir versuchten, ihnen rückzumelden, was sie empfanden, nahmen sie es übel. Ich glaube, dies lag vor allem daran, dass sie schon Halbwüchsige waren, als wir damit anfingen. Ich glaube, wenn wir damit begonnen hätten, als sie noch klein waren, vom Säuglingsalter an, hätte es die Schwierigkeiten nicht gegeben.«
Nach unserer Erfahrung gibt es ein effektives Verfahren, den Widerstand älterer Kinder gegen das aktive Zuhören zu vermeiden. Die Eltern sollten, bevor sie die Technik zu Hause anwenden, ihren Kindern genau erklären, was es damit auf sich hat. Einige Eltern haben uns berichtet, dass sie ihren Kindern die Kursunterlagen gezeigt hätten. Sie hätten auf die Liste der Kommunikationssperren hingewiesen und eingestanden, dass sie sie sehr oft in der Vergangenheit verwendet hätten. Darüber kommt es gewöhnlich zu sehr freundlichen Diskussionen und zu viel Heiterkeit auf Seiten der Kinder. Nachdem sie begriffen haben, worin die Kommunikationssperren bestehen, haben sie auch mehr Verständnis für das Verfahren des aktiven Zuhörens und seine Verwendungsweise.
Noch aus einem zweiten Grunde kann das aktive Zuhören sich für Kinder sehr merkwürdig anhören. Beim ersten Versuch verfallen manche Eltern unbewusst in die Gewohnheit, all ihre Antworten mit der gleichen Floskel einzuleiten, wie zum Beispiel:
»Das hört sich so an, als …«
»Du hast das Empfinden …«
»Du sagst, dass …«
»Es hat den Anschein, als …«
Das aktive Zuhören ist weit eher geeignet, Widerstand zu vermeiden, wenn die Antworten nur das wiedergeben, was das Kind empfindet. Zum Beispiel:
»Du hast Angst vor Donner.«
»Dein Knie tut dir wirklich weh.«
»Du bist böse auf deine Schwester.«
»Du wärst lieber draußen geblieben und hättest weitergespielt.«
Eine einfache Regel kann Eltern dabei helfen, die Antworten des aktiven Zuhörens präziser und direkter zu geben: Fangen Sie mit den Gefühlen des Kindes an.
Übertreibungen des aktiven Zuhörens
Einige Eltern stellen fest, dass sie zu häufig versuchen, aktiv zuzuhören. So ging es dieser Mutter von vier Kindern, die uns davon in ihrem farbenfrohen Büro berichtete, das vollgestopft war mit Papieren, Büchern und Postern:
»Ich wurde so eifrig, dass ich alles und jeden mit aktivem Zuhören bedachte. Ich weiß nicht, warum es sich alle schweigend gefallen ließen. Schließlich sagte meine Tochter zu mir: ›Weißt du, es macht keinen besonderen Spaß, mit dir zu sprechen, weil du niemandem sagst, was du fühlst, du hörst nur zu. Ständig bist du mit aktivem Zuhören beschäftigt! ‹ Sie mochte es nicht, sie fühlte sich dabei sehr unbehaglich. Sie hatte das Gefühl, sie würde einer Psychoanalyse unterzogen. Dabei wollte ich mit dem aktiven Zuhören helfen – ich wollte helfen, weil ich die ›große Mutter‹ war.«
Ein Vater gab zu, das aktive Zuhören übertrieben zu haben:
»Vom Verstand her war es sehr leicht für mich, mir das aktive Zuhören anzueignen – das ging prima. Aber … in meinem Übereifer wendete ich es auch manchmal an, wenn kein Grund dafür vorlag. So bin ich den Leuten sicherlich manchmal auf die Nerven gegangen. Man braucht nicht allem aktiv zuzuhören, wie ich es gern tat, nur um die neue Technik anzuwenden.«
Eine Mutter von vier Kindern berichtete Ähnliches:
M : Jeden Morgen begann ich damit, dass ich sagte: »Heute werde ich aktiv zuhören.« Um neun Uhr war ich vom aktiven Zuhören erschöpft.
L : Wirklich?
M : Ja, das war ich wirklich. Ich übertrieb es. Ich hörte aktiv zu, wenn überhaupt kein Grund vorlag. Ich empfand es als sehr ermüdend, weil
ich versuchte, den ganzen Tag daran zu denken … Ich tat nichts anderes mehr – gerade dass ich noch das Frühstücksgeschirr abwusch und Mittagessen machte.
Warum stürzen sich manche Eltern mit so viel Eifer auf die neue Technik, um sie dann zu
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