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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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müssen. Aktives Zuhören ist ein Instrument, das einem hilft, mit dem Druck fertigzuwerden, den Kinder ausüben. Achten wir darauf, wie im folgenden Dialog die Mutter Alice gegenüber zu Anfang Kommunikationssperren benutzt, ohne damit Erfolg zu haben:

    A : Bekomme ich ein Geschenk, weil ich krank bin?
    M : Nein. Wir machen dir doch keine Geschenke, nur weil du dich nicht wohlfühlst.
    A : Janey hat aber ein Geschenk bekommen, als sie krank war.
    M : Janey war aber wirklich krank und lag im Krankenhaus. Du bist nicht krank.
    A : Das ist nicht gerecht, dass sie ein Geschenk bekommen hat und ich nicht!
    M : Alice, wir können dir nicht jedes Mal ein Geschenk machen, wenn du dich nicht wohlfühlst. Wir haben nicht das Geld, um dir irgendwelche Sachen zu kaufen, wenn so etwas vorkommt. Du hast genug Sachen zu Hause, mit denen du dich beschäftigen kannst.
    A : Ich möchte ein Geschenk. Das ist nicht gerecht!
    M : Du fühlst dich wirklich betrogen, wenn Janey ein Geschenk bekommt und du nicht, obwohl du krank bist.
    A : Ja. (Pause) Bekomme ich ein Geschenk?
    M : Nein.

    Die Mutter fügte hinzu: »Und damit war es vorbei! Der Streit war zu Ende, das Ganze brauchte nicht noch einmal von vorn durchgekaut zu werden. Ich brauchte nur einmal aktives Zuhören zu praktizieren, und schon akzeptierte sie die Antwort … Ich glaube nicht, dass sie das Gefühl hatte, verloren zu haben, obwohl sie nicht bekommen hatte, was sie wollte. Sie wollte nur, dass ich ihre Gefühle begriffen hatte.«

    Durch aktives Zuhören kann man Kindern helfen, Grenzen und Unbill des Lebens zu verstehen und zu akzeptieren. Dadurch bietet sich vielen Eltern unzweifelhaft eine Alternative zur Nachgiebigkeit, der Gewohnheit, den Forderungen und dem Druck von Kindern nachzugeben, ihnen ihren Willen zu lassen, was immer sie wünschen und wann immer sie etwas wünschen.
    Selbst Kleinkindern kann aktives Zuhören helfen, sich mit dem Unvermeidlichen
abzufinden. Betrachten wir das folgende Beispiel, das mich zugegebenerweise genauso überraschte wie die Mutter:

    »Sie war damals wohl etwa 14 Monate alt. Heute ist sie fünf Jahre alt. Kay schlief nachmittags. Natürlich trug sie Windeln. Manchmal hatte sie während des Mittagsschlafs Stuhlgang. Dann wachte sie auf, und ihre Haut war sehr wund. Beim Trockenlegen tat es ihr arg weh. Ich musste sie ja aber trockenlegen. Sie strampelte, wehrte sich und schrie, so laut sie konnte. Sie zappelte so, dass ich sie einfach nicht wickeln konnte. Sie sprach noch nicht, deshalb konnte ich nicht wirklich mit ihr reden oder ihr mit Argumenten beikommen. Einmal versuchte ich es jedoch, sie auf einer Gefühlsbasis anzusprechen (im Buch steht, dass Säuglinge sich auf dieser Ebene manchmal zugänglich zeigen). Ich wandte meine Aufmerksamkeit also ihrem Gesicht und nicht mehr der Windel zu. Dabei sagte ich:
    Ich weiß, dass es wehtut (ich sprach sehr ruhig, sehr tröstlich), das muss nun einmal sein. Wir müssen dich sauber machen.‹ … Daraufhin beruhigte sie sich. Sie weinte immer noch ein wenig, weil es wehtat, aber sie wehrte sich nicht mehr gegen mich und strampelte nicht mehr. Wissen Sie, sie versuchte nicht mehr, von mir fortzukommen … Ich war wirklich erstaunt.«

    Die Lehrerin einer vierten Klasse und Mutter eines dreijährigen Jungen berichtete, wie sie aktives Zuhören verwendete, als ihr Sohn ärgerlich wurde, weil er vor dem Abendessen keinen Kuchen essen durfte:

    »Er begann zu heulen und laut zu jammern …, sagte, ich sei böse, und seinen Bruder könne er auch nicht ausstehen … Dann meinte er: ›Ich mag die ganze Familie nicht.‹ Ich antwortete: ›Du fühlst dich jetzt in dieser Familie unglücklich, und du magst auch deinen Bruder nicht.‹ Daraufhin griff er sich seinen Snoopy und seinen Bären und sagte: ›Ich kann auch die nicht ausstehen, und ich mag nicht mit ihnen spielen.‹ Er war wirklich feindselig und ärgerlich … Ich meinte nur: ›Du bist im Moment
wirklich mit allem und jedem unzufrieden … Schließlich nahm er seine Tiere und warf sie auf den Boden. Ich meinte: ›Du hast das Gefühl, nichts könne dir im Moment Spaß machen.‹ Er fuhr damit fort, mir zu erklären, dass er die ganze Familie nicht möge, dass er dies und das nicht ausstehen könne. Ich sagte: ›Du bist unglücklich, nichts in dieser Familie kann dich glücklich machen.‹ Das ging einige Minuten so. Dann war es plötzlich vorüber, er lehnte sich an mein Bein und sagte: ›Ich esse meinen Kuchen nach Tisch, Mama.‹

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