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Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)

Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Familienpakt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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dran, diesen Mann auch für den zweiten Todesfall in die Verantwortung zu nehmen.«
    »Ja«, räumte Keller unumwunden ein, »wir können das derzeit nicht beweisen, müssen diese Möglichkeit aber in Betracht ziehen.«
    Bartels schmunzelte trotz der Ernsthaftigkeit und der Dramatik ihres Gesprächsstoffs, doch er wirkte dabei nicht überheblich. »Wissen Sie, ich kann diesen Mann – Wollschläger heißt er, ja? – verstehen. Er hat Schlimmes durchgemacht und brauchte ein Ventil, durch das er die aufgestauten Gefühle ablassen konnte. Verstehen Sie mich nicht falsch: Mir liegt es fern, seine Tat oder Taten zu rechtfertigen. Mord ist Mord. Aber seine Motivation kann ich nachempfinden.«
    Keller wechselte mit Jasmin Stahl einen kurzen Blick, bevor er feststellte: »Ihnen ist klar, dass es Sie genauso hätte treffen können?«
    »Immerhin haben Sie die Operation an der kleinen Isabelle geleitet«, fügte die Kommissarin hinzu.
    Bartels schürzte die Lippen, doch von Nervosität oder innerer Anspannung noch immer keine Spur: »Ja, dieser Gedanke ist mir in der Tat auch schon gekommen. Aber sehen Sie, wenn ich derartige Gefühle oder Ängste ernsthaft an mich heranlassen würde, müsste ich meinen Job an den Nagel hängen.« Er legte eine bedeutungsschwere Pause ein, bevor er hinzufügte: »Oder glauben Sie, dass eine Operation immer zu einem glücklichen Ausgang führt? Leider nein. Bei all der modernen Medizintechnik und unserem heutigen Know-how bleiben Verluste wie der von Isabelle nicht aus. Die Trauer, Verzweiflung und eben manchmal auch Wut der Hinterbliebenen trifft uns Ärzte oft genug. Es gehört – so bitter das klingt – zu unserem Berufsalltag, damit fertig zu werden. Wir sind darauf geschult worden, und meistens gelingt es uns, die Gefühle dieser Menschen zu kanalisieren. Ich sage meistens, nicht immer.«
    »Sie behaupten also, dass Wollschlägers Reaktion nur eine Steigerung normalen Verhaltensmusters ist?«, hakte Keller nach.
    Bartels wiegte den Kopf. »Das ist etwas vereinfacht ausgedrückt, trifft aber den Kern der Sache.« Er legte beide Hände in den Nacken und spreizte seine Arme ab, während er erklärte: »Isabelle ist an inneren Blutungen gestorben. Die OP an sich lief völlig normal ab, es handelte sich ja um einen oft praktizierten Routineeingriff. Unerwartet kam es dann aber noch im Aufwachraum zu starken Nachblutungen, die erst auffielen, als es bereits zu spät war. Ursache war eine im Vorfeld nicht zu erkennende Gewebeschwäche. Ein sehr tragischer Vorfall, zumal er einem Kind das Leben gekostet hat – aber eine Schuld dafür trägt niemand.«
    »Wollschläger sieht das anders«, hielt Jasmin Stahl dem entgegen. »Er hat sogar einen Prozess angestrengt wegen Ärztepfusch.«
    Wieder umspielte ein Schmunzeln die Mundwinkel des Arztes. »Er ist damit gescheitert, wie Sie wissen. Es gibt viele Versuche in dieser Richtung, aber kaum einer kommt durch.«
    »Weil es tatsächlich keinen Ärztepfusch gibt oder weil die Damen und Herren in Weiß zusammenhalten und sich nicht gegenseitig verpfeifen?«, fragte Jasmin Stahl und merkte im selben Augenblick, dass sie damit übers Ziel hinausgeschossen war.
    »Was meine Kollegin andeuten will«, mischte sich Keller eilig ein, »ist die Tatsache, dass wir in jede Richtung ermitteln müssen. Schließlich steht Isabelles Tod ja am Anfang dieser tödlichen Kaskade. Wenn bei der Operation damals etwas nicht korrekt gelaufen ist, müssen wir das wissen.«
    Statt mit weiteren Erklärungen darauf einzugehen, änderte Bartels seine Haltung, stellte beide Beine fest auf den Boden und streckte seine Arme aus. Die Hände und jeden einzelnen Finger hielt er dabei ganz gerade.
    »Fällt Ihnen etwas auf?«, fragte er.
    Keller und Jasmin Stahl sahen erst ihn und dann sich fragend an.
    »Achten Sie auf meine Fingerspitzen«, forderte Bartels sie auf.
    Jasmin Stahl sah sehr genau hin, bemerkte, wie gepflegt seine Hände, Finger und Nägel waren – und wie ruhig sie an Ort und Stelle verharrten.
    »Die ruhigen Hände eines Chirurgen«, bestätigte Bartels ihre Beobachtung. »Ich erfülle meine Aufgabe mit Präzision und Besonnenheit. Mein Selbstanspruch lautet, dass meine Patienten bei mir in guten Händen sein sollen.« Seine Stimme klang hart, als er hinzufügte: »Pfusch ist etwas, das ich zutiefst verabscheue.«

13

    Langsam, doch zielstrebig ließ Jochen seine Hand unter ihr zartrosa Seidenoberteil gleiten und neckte seine neue Eroberung mit der Bemerkung, wie

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