Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
Bitte überlassen Sie das Ermitteln den Experten. Ich halte Rolf ebenfalls für einen Menschen, den ich nicht zu mir nach Hause einladen würde. Aber ansonsten liegt absolut nichts gegen ihn vor. Außerdem …« Er kaute auf seiner Unterlippe, bevor er den Satz vollenden konnte. »Außerdem habe ich nicht mehr die Befugnis, Nachforschungen dieser Art anzustellen.«
Uwe nahm sich nun ebenfalls eine der Wasserflaschen. »Seit wann scherst du dich um Befugnisse?«
»Ich bin kein Schimanski«, stellte Konrad klar.
Uwe schien das für den Moment zu akzeptieren. Doch nach dem ersten Schluck Sprudelwasser hatte er bereits einen Alternativplan entwickelt. »Willst du deinen letzten – deinen allerletzten! – Fall lösen oder nicht?«
»Wenn du mich so fragst«, antwortete Konrad betreten, »lautet die Antwort: Ja!«
Uwe grinste. »Dann musst du wohl zu einem Trick greifen müssen.«
»Was meinst du damit? Ein Trick? Was für ein Trick?« Konrad reagierte alarmiert und misstrauisch.
»Nun ja, du wirst in der Szene kaum selbst auftreten können und dumme Fragen stellen. Das würde auffallen.«
»Wie soll es sonst funktionieren?«, fragte Konrad.
Uwe schien mit sich zu hadern, denn er zögerte, bevor er antwortete: »Du brauchst Personal, das du einsetzen kannst.«
»Das habe ich nicht«, stellte Konrad klar. Denn Jasmin Stahl würde er keinesfalls noch einmal in die Verlegenheit bringen, sich ihrem neuen Chef gegenüber illoyal zu verhalten.
»Ich weiß, ich weiß.« Uwe nickte. »Da dir deine Leute aus dem Kommissariat nicht mehr zur Verfügung stehen, musst du wohl oder übel auf die Familie zurückgreifen.«
»Auf die Familie?«, fragte Konrad entgeistert.
»Ja, auf deine Familienbande. Du hast deine Brut jahrzehntelang behütet und durchgefüttert. Jetzt ist es an der Zeit für eine Revanche. Setz sie ein und lass sie für dich ermitteln!« Seine Augen funkelten, als er vorschlug: »Um im Rotlicht Vertrauen zu gewinnen, musst du gewitzt und clever vorgehen. Du benötigst einen überzeugenden Akteur oder besser noch eine Akteurin.«
»Sophie?«, platzte es aus Konrad heraus. »Du sprichst von meiner Tochter?«
Uwe nickte langsam und bekräftigend. »Wozu hast du all die Jahre für ihren Schauspielunterricht gezahlt? Gib ihr endlich eine Chance zu zeigen, was sie gelernt hat! Du wirst sehen: Sie wird dir dankbar dafür sein!«
Konrad kannte seinen Freund lange und gut genug, um zu wissen, dass er seine Begründung nicht wirklich ernst meinte. Der Vorschlag selbst aber hatte unbestreitbar etwas für sich. Auch wenn Konrad dazu neigte, ihn sofort wieder zu verwerfen, konnte er nicht umhin, über diese Option zumindest nachzudenken.
22
Am Telefon gab sich Sophie ungewöhnlich wortkarg und äußerte sich nicht näher über das seltsame Ansinnen ihres Vaters. Sie hörte ihm zu, gab in unregelmäßigen Abständen ein »Mm« oder auch mal ein »Hm« von sich. Aber das konnte Konrad ebenso als Zustimmung wie als Ablehnung deuten.
»Was meinst du dazu?«, fragte er, als er mit seinen Ausführungen geendet hatte. Er sprach leise, damit Doris, die in der Küche beschäftigt war, nichts von dem Gespräch mitbekam.
»Was ich dazu sage?«, erklang Sophies helle Stimme. »Dass dies das ungewöhnlichste Rollenangebot ist, das ich je bekommen habe.«
»Und sonst?«, fragte Konrad, der wissen wollte, ob er mit seiner Tochter rechnen konnte oder nicht.
»Sonst sollten wir uns treffen. Am besten gleich. Ich bin eh gerade mit meiner Probe fertig und habe Zeit. Kennst du die Halle auf dem alten Gelände von Triumph Adler, in der wir ab und zu unsere Szenen einüben?«
»An der Fürther Straße?«
»Genau. Dort kommst du hin.«
»Warum treffen wir uns gerade dort?«
»Das wirst du sehen, wenn du da bist. Bis gleich, Paps!«
Konrad legte auf, strich minutenlang nachdenklich durch die Zimmer und suchte nach einem Vorwand, unter dem er sich schon wieder aus der Wohnung stehlen konnte. Doch Doris wollte gar keinen von ihm hören.
»Du bist ein freier Mann«, gab sie ihm zu verstehen, als er sich den Mantel nahm und flüchtig verabschiedete, ohne das geplante Treffen mit Sophie zu erwähnen. »Du kannst tun und lassen, was du willst. Nun ja, bis auf ein paar Ausnahmen.«
Konrad hoffte, dass er nicht drauf und dran war, eine dieser nicht genannten Ausnahmen zu machen.
Das frühere Fabrikgelände, auf dem heute Büros, ein großes Fitnessstudio und ein Elektronikfachhandel ansässig waren, erwies sich als weitläufiger,
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