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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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Hütte vorbei zu einem kleinen Vorsprung führte, wo unter einer majestätischen Rottanne eine Holzbank stand. Unschlüssig trottete ich ihr hinterher.
    »Noemi schickt mich«, sagte ich zu Ruth Berger, nachdem sie sich umständlich niedergelassen hatte.
    Als wäre etwas in ihr jäh zum Stillstand gekommen, verharrte sie in ihrer Position. Erst nach einer Weile entspannte sie sich kaum merklich und ließ sich gegen die Rücklehne der Bank sinken. »Wenigstens den Namen haben sie ihr gelassen.«
    »Sie lebt!«
    »Natürlich«, flüsterte sie. »Das war nie die Frage.«
    »Sie möchte Sie treffen.«
    »Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Was verloren ist, bleibt für immer verloren.«
    »Sie freuen sich gar nicht über die Nachricht? Dass Ihre Tochter nach Ihnen sucht?«
    »Hören Sie mir denn gar nicht zu, junger Mann? Wir können die Zeit nicht zurückdrehen.«
    »Aber Sie könnten sich doch treffen und schauen, wo das hinführt?« Ich konnte nicht fassen, wie gleichgültig diese Frau auf die Botschaft reagierte, dass ihre Tochter noch am Leben war.
    »Das könnten wir, durchaus. Aber wenn es nirgendwo hinführt, was dann? Was wird mit dem Schmerz und dem Leid? Die offenen Wunden heilen nicht einfach so bei einem Kaffee an einem windigen Herbsttag. Und wenn man sie mutwillig aufreißt, bluten sie noch mehr.«
    »Sie haben Angst.«
    »Würde es Ihnen nicht genauso gehen?«
    Insgeheim musste ich ihr recht geben. »Aber was soll ich Noemi nun sagen?«
    Anstelle einer Antwort blickte sie nur mit wässrigen Augen zum Chalet hinunter.
    Die Frau sah verwirrt aus, doch ich hatte nicht das Gefühl, dass sie es war. Sie machte mir eher den Eindruck eines Menschen, der mit allem abgeschlossen hatte. Ihre Kleidung war zerschlissen, die nackten Füße steckten in verfilzten Pantoffeln.
    »Wie lange wissen Sie schon, dass Noemi noch lebt?«
    Ruth Berger hob den Kopf, um mich eingehend zu mustern. »Von dem Moment an, als sie zur Welt kam. Nur dieser Arzt, dieser Grüninger, hat mir eingeredet, sie sei gestorben. Sie sei zu früh geboren, hat er gesagt, doch in der ersten Nacht habe ich sie durch die geschlossene Tür schreien hören. Ich bin aufgestanden und habe sie gesucht, und als ich sie gefunden hatte, habe ich sie aus dem Bettchen genommen und wollte mit ihr fliehen. Doch diese Nonnen haben mich aufgehalten!« Sie spuckte die Worte regelrecht aus. »Ich entkam ihnen, rannte die Treppe hinunter, doch unten wartete schon Grüninger auf mich, in der Hand hielt er eine Spritze. Ich versuchte, ihm auszuweichen, doch er bekam meinen Arm zu fassen und danach wurde alles um mich herum schwarz. Als ich aufwachte, hatten sie Noemi angeblich schon begraben. Sie behaupteten, ich hätte mich geirrt und ein falsches Mädchen erwischt. Aber unter ihrem Kreuz werden Sie ein leeres Grab finden und wahrscheinlich nicht nur dort!«
    Frau Berger wischte sich etwas Speichel vom Kinn und guckte in die Ferne, ihre Brust hob und senkte sich heftig, wie nach einer großen Anstrengung.
    »Sie haben gesagt, ich hätte es mit den Nerven, könne die Totgeburt nicht verkraften. Ich müsse lernen loszulassen und mein Leben weiterzuleben. Aber ich habe sie in meinen Armen gehalten, verstehen Sie? Dieser kleine, warme Körper … sie hat gelebt! Ich konnte ihren Herzschlag spüren, ihre Atemzüge. Mit dem Kind war alles in Ordnung.«
    »Und Ihr Mann? Hat er Ihnen geglaubt?«
    »Christoph war immer auf meiner Seite. Aber die jahrelange Suche, die immer wieder aufkeimende Hoffnung, die dann doch jedes Mal zerstört wurde, hat uns alle Kraft gekostet. Ich erkrankte an schweren Depressionen. Er hat sich um das Organisatorische gekümmert, ist immer wieder nach Spanien gereist und hat all die Ämter und Anlaufstellen besucht, ohne Erfolg natürlich.«
    Deshalb hatte Christoph Berger vermutlich nur von sich geredet, als er mir gestern von der verzweifelten Suche nach seinem Kind erzählt hatte. Der Gedanke, dass die beiden Ärzte Irene Winter angelogen hatten und Ruth Berger bei der Geburt gar nicht gestorben war, war mir gar nicht gekommen. Deswegen hatte ich Christoph Berger nicht nach seiner Frau gefragt. Wahrscheinlich war es in der Klinik gang und gäbe gewesen, die leiblichen Mütter den Adoptiveltern gegenüber als tot zu erklären, so hatte man eine prima Erklärung, weshalb ein Neugeborenes zur Adoption freigegeben wurde, gleichzeitig unterband man allfällige Nachforschungen zur Herkunft des Kindes.
    »Wir haben viel zu spät bemerkt, dass uns nichts

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