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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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meinem Rücken zerrissen sie sich aber die Mäuler über mich. Ich fühlte mich alleingelassen. Erst der Kontakt zu Schwester Hanna gab mir wieder Lebensmut.«
    Irene Winter nippte an ihrem Brandy. »Eines Tages eröffnete sie mir, sie hätte vielleicht eine Lösung für mein Problem. Allerdings handle es sich um eine heikle Angelegenheit. Wir müssten sehr diskret vorgehen. Als ich erfuhr, was sie vorhatte, war ich entsetzt und lehnte das unmoralische Angebot strikt ab. Doch die Situation zu Hause wurde in den folgenden Wochen immer unerträglicher, ich befürchtete, Hans-Rudolf könnte mich tatsächlich verlassen. Er hatte es im Streit mehrmals angedroht. In meiner Verzweiflung suchte ich Schwester Hanna auf und stimmte schließlich ihrem Vorschlag trotz aller Bedenken zu.«
    Irene Winter leerte das Glas und strich Noemi sanft durchs Haar. Das Mädchen hatte sich wie ein Embryo zusammengekrümmt und den Kopf auf die Knie ihrer Mutter gebettet, mit leerem Blick starrte es vor sich hin.
    »Ich erklärte meinem Mann also, dass ich nach Spanien reisen würde, um einige Monate in einem Kloster zu leben. Ich brauchte etwas Zeit für mich selbst, erklärte ich, und er gab sich verständnisvoll. Vielleicht war er auch nur froh, dass ich weg war. An jenem Abend verführte ich ihn, was ein kleines Kunststück war, denn er hatte mich schon länger nicht mehr angefasst. Als ekelte er sich von mir.
    Ein paar Wochen später flog ich nach Madrid. Einige Tage nach meiner Ankunft musste ich Hans-Rudolf auf Geheiß der Mutter Oberin, der ich von Schwester Hanna anvertraut worden war, anrufen. Ich sei schwanger, log ich ihn an. Er war außer sich vor Freude und wollte in die nächste Maschine steigen, nur mit Müh und Not konnte ich ihn davon abhalten. Die Ärzte hätten mir absolute Ruhe empfohlen, sonst würde ich das Kind verlieren. Ich schickte ihm die falschen Ultraschallfotos, die man mir besorgt hatte, und behauptete, dass ich unmöglich in die Schweiz fliegen könne, da sonst das Leben des Ungeborenen in Gefahr wäre. Ich bin heute noch erstaunt, dass er mir das alles abgenommen hat. Aber vielleicht wollte er es einfach glauben, Menschen sind manchmal so.«
    Sie machte eine kurze Pause und atmete tief durch, bevor sie fortfuhr: »Schwester Hanna hatte mich in einem Frauenorden an der Calle de la Bola untergebracht, wo ich die nächsten Monate ausharren sollte. Die Mutter Oberin würde sich um alles Notwendige kümmern, hieß es. Der Orden war eine kleine katholische Gemeinschaft hauptsächlich älterer Frauen, die unter dem vielsagenden Namen Ordo de Conceptione Immaculata Beatae Mariae Virginis in einer Art Wohngemeinschaft lebten …«
    »Der Orden von der unbefleckten Empfängnis der glücklichen Jungfrau Maria«, übersetzte Noemi stockend die lateinische Bezeichnung und erntete dafür ein anerkennendes Lächeln von Irene Winter.
    »Wir wohnten in einer dieser weitläufigen Wohnungen, wie sie für alte Stadthäuser in Madrid typisch sind, endlose Flure mit unzähligen, hohen Zimmern, die so dämmrig waren, dass die Lampen selbst tagsüber eingeschaltet blieben und dennoch kaum gegen die Düsternis ankamen.
    Ich wurde angehalten, den religiösen Riten beizuwohnen, ansonsten legte man mir nahe, das Haus nicht zu verlassen.
    Die Monate zogen sich endlos hin, doch nachdem ich fast ein halbes Jahr im Orden zugebracht hatte, wurde die Mutter Oberin mit einem Mal unruhig. Ich bemerkte es an ihrem Verhalten. Sie war eine strenge, verhärmte Frau mit einer hässlichen Warze über der Oberlippe. Die Schwestern fürchteten sich alle vor ihr, und obwohl sie sich mir gegenüber stets korrekt verhielt, war auch ich eingeschüchtert, wenn ich mit ihr zu tun hatte.
    Eines Nachts klingelte das Telefon und sofort brach helle Aufregung aus, die Schwestern wuselten geschäftig auf den Fluren herum. Ich lauschte an der Zimmertür, doch nach einer Weile rief erneut jemand an, worauf die Betriebsamkeit abflaute und eine bedrückte Stille eintrat.
    Zwei Tage später wies mich die Mutter Oberin an, mich bereitzuhalten. Ich hätte unglaubliches Glück gehabt, sie habe ein passendes Kind für mich gefunden, ein Mädchen, wie gewünscht. Ich fragte sie, woher es sei, und sie antwortete lapidar, die Mutter des Kindes sei unglücklicherweise bei der Geburt gestorben. Das Spital habe entschieden, das Kind zu seinem eigenen Wohl sofort zur Adoption freizugeben.
    Ich war außer mir vor Freude und dankte Gott für seine Hilfe. Als mir die Mutter Oberin

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